Familie

Schnelle Hilfe ohne Wenn und Aber

Schnelle Hilfe ohne Wenn und Aber

Schnelle Hilfe ohne Wenn und Aber

Woyens/Vojens
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Leif Storgaard Pedersen (v.l.), Folketingspolitikerin Karina Lorentzen Dehnhardt und Kommunalpolitikerin Hanne Pedersen (beide SF) Foto: Ute Levisen

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Im April öffnete „Forældrehuset“ zum ersten Mal seine Tür. Dahinter verbirgt sich ein Pilotprojekt, aus der Taufe gehoben in Zusammenarbeit mit „Kirkens Korshær“, der Kommune Hadersleben und Vereinen. Dort finden Eltern Hilfe, die Kinder mit besonderen Bedürfnissen haben. Es ist oftmals ihre einzige Anlaufstelle, wenn es „brenzlig“ wird.

Seit April ist „Forældrehuset“ in Woyens die Anlaufstelle für Eltern und Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Der Leiter des Hauses, Leif Storgaard Pedersen, kann über Langeweile nicht klagen: Seit der Eröffnung Anfang April haben etwa 70 Elternpaare dort Hilfe gesucht. Der Bedarf, stellt der Familientherapeut fest, sei enorm.

Der Leiter des „Elternhauses“ hat an diesem Montag Besuch von zwei Politikerinnen: Karina Lorentzen Dehnhardt, die Gruppenvorsitzende der Volkssozialisten (SF) im dänischen Parlament, und ihre Parteikollegin, die Kommunalpolitikerin Hanne Pedersen. Die Haderslebenerin ist unter anderem Mitglied im kommunalen Ausschuss für Kinder und Familien – und weiß daher aus ihrem politischen Alltag, aber auch aus eigenem Erleben, wo der Schuh drückt.

Der „Hausherr" erläutert den beiden Politikerinnen die Arbeit der Einrichtung unter dem Dach des Gesundheitscenters in Woyens. Foto: Ute Levisen

Viele Probleme – kaum Hilfsangebote

Und der Schuh drückt gewaltig. Die Problemstellungen der Hilfesuchenden sind mannigfaltig und komplex. Autismus und Aufmerksamkeitsdefizite bei Kindern und Jugendlichen zählen dazu. Der Umfang an Lösungsangeboten in Regie von Kommune und Region aber ist bescheiden.

Nach neun Monaten mit „Forældrehuset“ und zahlreichen Gesprächen mit Betroffenen zieht dessen Leiter eine ernüchternde Bilanz: Es mangelt an individuell angepassten Angeboten für einzelne Familien, es fehlt an fachlich ausgebildeten Menschen als Ansprechpartner, während die Eltern mit der Situation in den eigenen vier Wänden häufig hoffnungslos überfordert sind.

Über den Tellerrand schauen

Storgaard schlägt vor, über den Tellerrand zu schauen: „Wir müssten wesentlich früher reagieren – dann, wenn sich erste Probleme andeuten, anstatt zu warten, bis sich die Herausforderungen auftürmen. Vor allem aber müssen wir den betroffenen Eltern zuhören! Es kann sein, dass sie mit ihrer Elternrolle zu kämpfen haben, aber letztendlich kennen sie ihre Kinder am besten.“

 

Der Familientherapeut Leif Storgaard Pedersen leitet das Elternhaus seit Anfang April 2022. Foto: Ute Levisen

Die Folketingspolitikerin Karina Lorentzen Dehnhardt weiß, wovon Storgaard spricht: „Zu vielen Kindern geht es gar nicht gut. Zwar hat SF bei den Verhandlungen über den Zehnjahresplan für die Psychiatrie finanzielle Mittel für die Frühintervention durchgesetzt, doch Familien haben häufig keine Ahnung, was zu tun ist, wenn es dem Kind nicht gut geht, es besondere Bedürfnisse hat oder andere Probleme auftreten. Es ist frustrierend zu sehen, wie viel Geld wir in diesen Bereich investieren – und was wir dafür bekommen.“

Brückenbauer

Leif Storgaard und sein Team von Ehrenamtlichen verstehen sich als ein Bindeglied, als Brückenbauer ohne Voreingenommenheit, zwischen der kommunalen Verwaltung und Hilfe suchenden Eltern: „Sie kommen vor allem zu uns, wenn sie Unterstützung brauchen, weil ein Termin in der Kommune kurz bevorsteht – also immer dann, wenn es brenzlig wird. Einige fühlen eine gewisse Ohnmacht, wenn sie Behördenvertretern gegenübersitzen.“

Es braucht die Hilfe der Landespolitik, soll sich mit Blick auf den Sozialbereich etwas ändern. Foto: Ute Levisen

Arbeit an Beisitzer-Team

Es sind Situationen wie diese, in denen „Forældrehuset“ ins Spiel kommt. Es agiert als Vermittler zwischen beiden Seiten, unparteiisch und beratend: Das ist sein Anliegen. Gegenwärtig arbeitet das „Elternhaus“ daran, ein Team von Beisitzern ins Leben zu rufen, das Menschen bei Gesprächen mit der Kommune zur Seite steht. Auch dies soll in ehrenamtlicher Regie geschehen.

Schwindende Lebenslust

Schwindende Lebensfreude bei Kindern und Jugendlichen und deren Folgen sind ein zunehmendes Problem: „Und es löst sich nicht von selbst“, betont Hanne Pedersen, „sondern erfordert politisches Handeln. Ich hoffe, dass unsere lokale Volksvertreterin auf Christiansborg von dem Besuch hier etwas mitnimmt, was dazu beitragen kann.“

Selbst gestrickt von Ehrenamtlern: Der Bedarf an Weihnachtshilfe ist besonders groß in diesem Jahr. Foto: Ute Levisen

Erfolgserlebnisse

Es gibt Erfolgserlebnisse in der kurzen Geschichte des landesweit – noch – einmaligen „Forældrehuset“: Die Zusammenarbeit mit der kommunalen Gesundheitspflege etwa sei eng und gut, berichtet Storgaard: „Wir haben mit ihrer Hilfe eine Gruppe für junge Mütter aufgebaut. Nicht alle sind imstande, andere zu sich einzuladen. Stattdessen kommen die jungen Frauen und ihre Kinder eben zu uns.“

„Forældrehuset“ wird auf der Sitzung des Familienausschusses im Februar eine Bilanz nach fast einem Jahr mit dem landesweit einmaligen Pilotprojekt vorlegen. Dessen Finanzen sind für das kommende Jahr in trockenen Tüchern. Was danach kommt, ist ungewiss.

Die Familienhilfe von „Kirkens Korshær“

Kirkens Korshær hilft in 13 Städten in ganz Dänemark Familien bei der Bewältigung von Alltagsproblemen. Es ist ein Angebot für Familien, die mit finanziellen Problemen, begrenzten Netzwerken, psychischen und physischen Gesundheitsproblemen und Benachteiligungen zu kämpfen haben. Jedes Angebot ist so konzipiert, dass es den lokalen Bedürfnissen angepasst ist. Die Hilfe umfasst unterstützende Gemeinschaften, Beratung, gemeinsame Mahlzeiten und andere soziale Aktivitäten.

Das Elternhaus ist ein landesweites Pilotprojekt, das Ende 2023 ausläuft.


 

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