Gerichtsprozess

„Wachhund“ Rerup: Verein übernimmt Verfahrenskosten

„Wachhund“ Rerup: Verein übernimmt Verfahrenskosten

„Wachhund“ Rerup: Verein übernimmt Verfahrenskosten

Hadersleben/Haderslev
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Mogens Rerup
Benny Bonde (Neue Bürgerliche) und Mogens Rerup (rechts). Bonde war seinerzeit einer der Abgeordneten, die im Kommunalparlament dagegen votierten, die Anzeige gegen Rerup aufrechtzuerhalten. Foto: Ute Levisen

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Die Zeit des Bibberns ist vorbei für Mogens Rerup: Der Haderslebener hilft als Bürgervertreter in Bedrängnis geratenen Menschen zu ihrem Recht – und macht sich damit nicht nur Freunde. Die Kommune brachte Rerup wegen ehrenrührigen Verhaltens vor Gericht und gewann. Der Pensionär stand vor einem Schuldenberg. Hilfe bekommt er von jenen, denen er half – und vom Verein für Rechtssicherheit.

Mogens Rerup ist die Erleichterung anzumerken: „Der Verein für Rechtssicherheit hat gerade mitgeteilt, dass er die Gerichtskosten in Höhe von 62.500 Kronen übernimmt. Ich bin dem Verein unendlich dankbar. Jetzt kann ich den Prozess hinter mir lassen!“

 

Zweifache Niederlage für Bürgervertreter

In besagtem Gerichtsprozess, den die Kommune Hadersleben vor etwa vier Jahren mit einer Anzeige gegen den Bürgervertreter ins Rollen brachte, war Rerup unterlegen – und dies gleich zweimal: Das Landgericht bestätigte das Urteil.

Der studierte Sozialberater Rerup war damals einer der Ersten, die nach dem verschärften Paragrafen 119a des dänischen Strafgesetzes verurteilt worden sind.

Verein: Einschränkung der Meinungsfreiheit

Eine Verschärfung, die nach Auffassung des Vereins für Rechtssicherheit systematisch dazu genutzt werde, das Recht auf freie Meinungsäußerung einzuschränken und diejenigen zu bestrafen, die öffentlich darauf aufmerksam machten, wenn öffentlich Angestellte systematisch gegen das Gesetz verstoßen würden.

 

Rerup legt den Finger in die Wunde

Seit über zehn Jahren setzt sich der heute 73-Jährige aus Hadersleben als Bürgerrepräsentant für die Interessen von Bürgerinnen und Bürgern gegenüber der Kommune Hadersleben ein. Wiederholt hatte er dabei auf gesetzwidrige Verfahren aufmerksam gemacht.

Zahllose Eingaben gegen die kommunale Praxis im Beschäftigungsbereich an die Klagebehörde „Ankestyrelsen“ stammen aus seiner Feder.

Rerup, der seinerzeit Chef des Arbeitsmarktbereiches der ehemaligen Kommune Woyens (Vojens) gewesen war, weiß genau, wo – angesichts kommunaler Sparzwänge – der Schuh drückt. Oft hatte er den Finger in die Wunde gelegt.

„Groteske Praxis“

Der frühere Kommunalratsabgeordnete der Einheitsliste, später von der Partei Die Alternative, war 2019 auch der Erste, der auf die gesetzwidrigen Einsparungen im kommunalen Einsatzplan aufmerksam gemacht hatte – zunächst ergebnisoffen. Der Kommune hatte dies seinerzeit einen Rüffel vom Beschäftigungsminister eingebracht. Kurz darauf war der umstrittene Sozialsparplan vom Tisch.

Gut für Rerup und seine Klientel. Heute sagt er: „Alle Anträge auf Frührente, die ich 2019 bis Anfang 2022 gestellt hatte, sind abschlägig beschieden worden. Dieselben Anträge sind ab Mitte des Vorjahres bewilligt worden. Es ist grotesk!“

Rerup: Ein Terrier als Wachhund

Seine jahrelange, ehrenamtliche Tätigkeit als Bürgerrepräsentant hatte Rerup den Ruf des „Wachhundes der Schwachen“ eingebracht – andere bezeichneten ihn wegen seines umstrittenen Auftretens als „Terrier“.

Die Kommune Hadersleben hat es sich einiges kosten lassen, Rerup vor Gericht zu bringen: Allein ihre Anwaltskosten belaufen sich auf gut 400.000 Kronen. Eine Mehrheit im Finanzausschuss hatte vor etwa vier Jahren Anzeige gegen ihren Ratskollegen wegen ehrenrühriger Äußerungen gegenüber Kommunalangestellten erstattet.
 

Rerup (stehend) wollte seine damaligen Politikerkollegen davon überzeugen, die Anzeige gegen ihn zurückzuziehen. Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei (links) gehörte zu einer Minderheit, die dem missliebigen Politiker damals den Rücken stärkte. Foto: Ute Levisen

Causa Rerup ein Fall für den Kommunalrat

Anfang 2021 war die „Causa Rerup“ wegen einer Mitgliedsinitiative von Rerup selbst, die Anzeige gegen ihn zurückzuziehen, Thema im geschlossenen Teil der Ratssitzung. Eine Mehrheit sprach sich erneut dafür aus, die Polizeianzeige aufrechtzuerhalten.

Dagegen stimmten Holger Mikkelsen, Signe Knappe, Lene Bitsch Bierbaum (alle Venstre), Carsten Leth Schmidt (Schleswigsche Partei), Benny Bonde (damals Liberale Allianz), sowie Bent Iversen (Volkssozialisten) und Svend Brandt (Einheitsliste).
 

Verurteilt wegen beleidigender Äußerungen

Sowohl das Stadt- als auch das Landgericht sahen es jedoch als erwiesen an, dass Rerup kommunale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vornehmlich in den sozialen Medien bei Nennung ihrer Namen beleidigt und mit „undokumentierten Behauptungen“ schikaniert hat. Rerup musste die Prozesskosten tragen: 135.000 Kronen.

Eine Gruppe von Menschen, die unter anderem Bürgerinnen und Bürger umfasst, denen Rerup geholfen hatte, rief daraufhin eine Sammelaktion in den sozialen Medien ins Leben, womit gut die Hälfte der Verfahrenskosten beglichen werden konnte.

Rerup: „Arbeitsamt ist jetzt ein besserer Ort“

Unterdessen setzt Rerup sein Engagement als Bürgervertreter fort: „Ich habe noch acht Fälle auf dem Tisch. Ich wage zu behaupten, dass ich in den vergangenen zehn Jahren dazu beigetragen habe, das Jobcenter zu einem besseren Ort zu machen.“

Verschärfung des Paragrafen 119

Mogens Rerup war seinerzeit einer der Ersten, gegen die nach dem neuen Paragrafen 119a des dänischen Strafgesetzes, einer Verschärfung des Paragrafen 119, Anklage erhoben worden ist. Die Verschärfung war im Februar 2019 in Kraft getreten und soll vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst vor Beleidigung und Schikane schützen.
 

„Forretssikkerhed“

Der Verein „Forretssikkerhed“ ist eine landesweit agierende Organisation, die kranke Menschen und Menschen mit körperlichen und psychischen Einschränkungen im Hinblick auf Transferleistungen, wie Sozialhilfe und Krankengeld, berät und unterstützt. „Forretssikkerhed“ hilft ihnen dabei, Entschädigungen im Hinblick auf rechtswidrige, langwierige Verfahren zu beantragen. Die Organisation ist gemeinnützig und finanziert sich unter anderem aus den Beiträgen ihrer Mitglieder.

 

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Gastbeitrag

Willi Schidlowski
„Klöster, Bier und Printen: Mit dem Sozialdienst in der Nordeifel“