Gesellschaft

Lebenstrend: Zurück zu den Wurzeln

Lebenstrend: Zurück zu den Wurzeln

Lebenstrend: Zurück zu den Wurzeln

Nordschleswig
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Die Lebenswege der Dänen führen in den 30ern oft zurück in ländliche Gegenden. Foto: Morten Dueholm / Ritzau Scanpix

Eine neue Studie zeigt: Über 50 Prozent der Dänen leben nahe dran am Zuhause der eigenen Kindheit. Warum das so ist? Ein Gespräch mit Soziologin Eva Mærsk.

Über die Hälfte der Dänen lebt weniger als 50 Kilometer vom Ort der eigenen Kindheit entfernt. Das zeigt eine neue Epinion-Umfrage für die Immobilienkette Nybolig.

Demnach wohnen 56 Prozent der dänischen Bürger nicht weit weg von jenem Ort, an dem sie selbst aufgewachsen sind. 28 Prozent der Erwachsenen leben über 100 Kilometer entfernt vom Ort der Kindheit.

„Der Nordschleswiger“ hat die Soziologin Eva Mærsk von der Süddänischen Universität gefragt, warum sich so viele Menschen als Erwachsene für ein Leben in der alten Heimat entscheiden. Mærsk ist Doktorandin am Institut für Soziologie, Umwelt und Wirtschaft und am Center für Landdistriksforschung tätig.

Eine Frage der Lebensphase

„Es ist definitiv eine Frage der Lebensphase. Während junge Leute nach ihrem Schulabschluss erstmal so weit weg wie möglich wollen, um das Stadtleben auszukosten – und weil viele Ausbildungsinstitutionen in den größeren Städten platziert sind – ändern sich die Prioritäten, sobald Kinder ins Spiel kommen und die Jugend vorbei ist. Dann wünschen sich viele die Ruhe zurück. Und Eltern wollen Großeltern in der Nähe haben."

Nicht wenige wünschten sich für ihre Kinder „die gleiche sichere und schöne Kindheit, die man selbst einmal hatte, oft ist das auf dem Land“, sagt die Doktorandin.

Mit dem Fahrrad zur Schule und danach draußen spielen – viele Eltern wünschen ihren Kindern ein unbeschwertes Aufwachsen auf dem Land. Foto: Sisse Dupont / Ritzau Scanpix

Tatsächlich zeigten neue Studien, dass Erwachsene Anfang 30 vermehrt zurück aufs Land ziehen; in jene Kommune, in der man aufgewachsen ist, berichtet Mærsk. „Man beobachtet im Allgemeinen eine Tendenz, wieder zurückzuziehen – oder gleich in der Region zu bleiben.“

Es sei spannend zu beobachten, wie sich das Wohnverhalten der Dänen wandele. „Es gab ja lange Zeit die berechtigte Sorge der ländlichen Kommunen, dass gerade die Studenten wegziehen – und dass die gut Ausgebildeten wegbleiben. Das ändert sich aber wieder. Wir wissen noch nicht genau, warum. Aber wir beobachten, dass viele aus den Generationen, die für das Wegziehen aus den Dörfern bekannt waren, wieder zurückziehen.“

Lokale Verankerung und günstigere Immobilien

Mögliche Gründe, so die Forscherin, seien die lokale Verankerung, günstige Immobilienpreise – „auf dem Land sind Kinderzimmer und Garten bezahlbar“ – und familiäre Beziehungen. Ein weiterer Grund: kein Großstadtverkehr.

„Auch wenn einige ländliche Bereiche darunter leiden, dass Einrichtungen verschwinden, gibt es dennoch eine Tendenz, dass Familien dort wohnhaft werden. Da Wege leichter zurückzulegen sind, man beispielsweise mit dem Rad zum Handball kommt.“

Oftmals zögen die Familien an Orte, die gut mit dem Schulbus erreichbar sind oder wo die Kinder zur Schule radeln können. „Eine der Familien, die wir nach den Gründen gefragt haben, warum sie zurück aufs Land gezogen sind, hat geantwortet, dass sie auf diese Weise pro Tag drei Stunden weniger im Auto sitzen und diese Zeit stattdessen für sich haben.“

Eine individuelle Frage

Ob das Landleben in altbekanntem Rahmen glücklicher macht? Das sei schwer zu sagen. „Aber den Befragten zufolge ist auf jeden Fall die Lebensqualität höher. Gerade auch, weil die soziale Unterstützung auf dem Land oft stärker ist. Aber es ist immer eine individuelle Frage der Priorisierung“, so Mærsk, die derzeit in der Gegend Esbjerg und Groningen die Beweggründe von jungen Menschen erforscht, sich im Laufe ihres Lebens in einer Stadt oder auf dem Land niederzulassen.

Nybolig-Direktor Peter J. Mattsen sagt zu der von ihm in Auftrag gegebenen Umfrage: „Diese Analyse bestätigt wieder einmal, dass wir eine Nation von ,Schollenklebern’ sind, von denen es dem größten Teil offenbar nahe dran am Ort der Kindheit am Besten geht.“

 

 

Das Kopenhagener Umland – ein grüner Blick auf die Hauptstadt. Foto: Lars Laursen / Ritzau Scanpix
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