Deutsche Minderheit

Forscherin: Minderheit hat Recht auf Mitsprache in der Region

Forscherin: Minderheit hat Recht auf Mitsprache in der Region

Forscherin: Minderheit hat Recht auf Mitsprache in Region

Cornelius von Tiedemann und Kerrin Jens
Odense/Flensburg/Apenrade
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Der Wahlkampf-Käfer der Schleswigschen Partei wird 2021 nur kommunal im Einsatz sein. (Archivfoto) Foto: Karin Riggelsen

Die Schleswigsche Partei verzichtet auf eine Kandidatur für das süddänische Parlament. Für die Minderheit sei die fehlende Aufmerksamkeit in der Region „ärgerlich“, meint eine Minderheiten-Expertin, denn die stehe ihr zu – und ein Wahlforscher unterstreicht, dass Sichtbarkeit gerade für kleine Parteien wichtig ist.

Die Minderheit wird auch in Zukunft bei der Region Süddänemark, wenn überhaupt, nur eine Statistenrolle spielen. Das steht fest, nachdem die Gremien der Schleswigschen Partei (SP) kürzlich keine ausreichende Mehrheit für den Vorschlag bildeten, ein weiteres Mal bei der Wahl für den Rat der Region Süddänemark anzutreten.

Doch die Minderheit sollte sich um mehr regionalen Einfluss bemühen, denn dieser steht ihr zu, meint Tove Malloy, Professorin für Europäische Studien an der Europa-Universität Flensburg und Expertin für Minderheitenrecht: „Es ist grundsätzlich immer ärgerlich, wenn eine Minderheit nicht mit am Tisch sitzen kann, wenn Entscheidungen in einer Region getroffen werden sollen, in der die Minderheit zu Hause ist.“

Derzeit kaum Vertretung in der Region für die Minderheit

In der Region Süddänemark ist die Minderheit nur am Rande vertreten. Es gibt in Preben Jensen (Venstre) einen „Besonderen Beauftragten für die dänisch-deutsche Zusammenarbeit“, der sich auch für die deutsche Minderheit zuständig fühlt. Und es gibt den Ausschuss für regionale Entwicklung, der sich aus Regionsratsmitgliedern speist und der für die „dänisch-deutsche Zusammenarbeit“ zuständig ist.

Einen Repräsentanten der Minderheit aber gibt es in den zentralen Gremien der Region direkt nicht, auch keinen dezidierten Ausschuss, wie etwa den Kontaktausschuss im Folketing. Es gibt lediglich unterhalb des Ausschusses für regionale Entwicklung einen Interreg-Ausschus, in dem mit Carsten Leth-Schmidt und Hinrich Jürgensen (als Stellvertreter) ein Minderheiten-Offizieller sitzt.

Minderheit hat das Recht auf Mitarbeit in der Region

Malloy ist jedoch der Auffassung, dass es der deutschen Minderheit zusteht, auch auf Regionsebene aktiv an politischen Entscheidungsprozessen teilnehmen zu können.

„Es ist internationales Recht, dass es einen Anspruch für Minderheiten gibt, gerne effektiv an Entscheidungsprozessen auf nationaler und lokaler Ebene teilzunehmen, inklusive dezentralisierten Entscheidungsprozessen“, sagt Malloy. Dies sei auch im Gleichstellungsprinzip des Europarates so festgehalten.

Besonders bei Entscheidungen, die die Minderheit direkt betreffen können, müsse die Minderheit an der Vorbereitung, Umsetzung und Bewertung nationaler und regionaler Entwicklungspläne- und Programme teilnehmen können. „Meiner Meinung nach besteht kein Zweifel daran, dass die Beschlussprozesse der Region Süddänemark die deutsche Minderheit betreffen“, so Malloy zum „Nordschleswiger“.

Wahlforscher: Sichtbarkeit wäre wichtig gewesen

Der Politologe David Nicolas Hopmann, der an der Süddänischen Universität unter anderem zum Thema Wahlkampf forscht, sieht die Entscheidung gegen eine Teilnahme an der Regionsratswahl wie der Spitzenkandidat von 2017, Gösta Toft, als „vertane Chance“. „Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Mal mehr drin gewesen wäre, weil es auch für die Wähler ein Lernprozess ist“, sagt Hopmann.

Seine Hypothese: „Sichtbarkeit hilft. Und eine Kandidatur bei einer Regionalratswahl kann mehr Sichtbarkeit schaffen – auch für die Kommunalwahl.“

Sonderstellung auch als Regionalpartei

Auch er sieht die Ressourcenfrage, die für viele Gegner der Wahlteilnahme ein wichtiges Argument war. „Da geht es nicht nur um Geld“, sagt Hopmann, sondern vor allem gehe es ums Personal. Eine starke Spitzenkandidatin für die Regionswahl würde möglicherweise in einer Kommune dann als Zugpferd fehlen, oder umgekehrt.

Der Wissenschaftler bezeichnet die SP als eine in Dänemark einzigartige Partei, weil es keine andere wirkliche Regionalpartei im Lande gebe. Eine Partei also, die in mehreren Kommunen eines Landesteils antritt, nicht aber landesweit. Die Wahlergebnisse zeigten, dass die Partei in ganz Nordschleswig gut abschneidet, nicht nur an einzelnen Flecken. „Man ist in großen Teilen Nordschleswigs gut verankert, und da müssen viele dabei sein, die nichts oder nur wenig mit der Minderheit zu tun haben“, sagt er – weshalb er die Partei durchaus ermutigen würde, es in fünf Jahren erneut zu versuchen – und mehr auf das regionale Profil als auf das Minderheitenprofil zu setzen.

Malloy: Ausschuss für die Minderheit als Grundlage

Auch Tove Malloy könnte sich eine spätere Kandidatur vorstellen. Dieser sollte dann aber eine institutionalisierte Teilnahme der deutschen Minderheit an den Entscheidungsprozessen der Region vorausgehen. Die Minderheit sollte zu Beschlussvorlagen gehört werden, bevor diese zur Abstimmung kommen – und sie sollte selbst auch Vorschläge zur Debatte oder zur Abstimmung im Regionsrat vorlegen können, sagt sie. Auch ein eigener Ausschuss ohne Stimmrecht sei möglich. Und es sei dann durchaus denkbar, dass „ein Ausschuss mit dem Mandat, im Regionsrat Erklärungen abzugeben (…) zu mehr Sichtbarkeit und vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Sitz im Regionsrat führen könnte.“

Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde am Montag um 10:03 Uhr um die Information ergänzt, dass Carsten Leth-Schmidt für die Minderheit einen ständigen Sitz im Interreg-Ausschuss der Region hat. In einer früheren Version war lediglich von Hinrich Jürgensen als Stellvertreter die Rede. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen!

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