Leitartikel

„Geplanter Kaufrausch“

Geplanter Kaufrausch

Geplanter Kaufrausch

Nordschleswig/Sønderjylland
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Das freigeschaltete Urlaubsgeld haben bereits 1,8 Millionen Empfänger abgerufen. Dadurch soll die Wirtschaft in Dänemark wieder angekurbelt werden – es scheint zu funktionieren, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.

Um die Wirtschaft in diesen Corona-Zeiten anzukurbeln, hat die Politik das Urlaubsgeld in Dänemark freigeschaltet. Milliarden, die eigentlich erst bei der Pensionierung ausgezahlt werden sollten, stehen jetzt bereits für die Bürger und Bürgerinnen Dänemarks zur Verfügung. Und es funktioniert.

1,8 Millionen Urlaubsgeldberechtigte haben bereits ihr Geld frühzeitig abgehoben, und weitere werden es noch vor dem 1. Dezember tun. Insgesamt 40 Milliarden Kronen stehen jetzt auf den Konten der fast zwei Millionen Urlaubsgeldempfänger. Das, obwohl das Urlaubsgeld auch versteuert werden muss, und die meisten dadurch wieder 50 Prozent an den Staat abgeben mussten.

Viele haben, so wie es sich die Politiker und Ökonomen vorgestellt hatten, bereits das Geld – die ersten Milliarden wurden am Wochenende ausgezahlt – ausgegeben. Das zeigen frische Zahlen von Danke Bank: In Dänemark wurde im  Vergleich zur gleichen Woche 2019 bereits 10 Prozent mehr Geld ausgegeben. Diese Woche werden noch höhere Zahlen erwartet, weil die Verbraucher dann nämlich Zeit gehabt haben, sich zu entscheiden, was sie kaufen wollen.

Das meiste Geld bleibt – dank Corona-Maßnahmen und Reisewarnungen – in Dänemark. Elektronik, Haushaltsgeräte und Mobiltelefone stehen an erster Stelle. Doch auch die Küchengeschäfte jubeln: „Wir haben während der gesamten Corona-Krise gut zu tun gehabt, weil die Dänen zu Hause Pläne geschmiedet haben. Aber so etwas wie am Sonnabend haben wir hier noch nie erlebt. Das war ein regelrechter Ansturm. Die Leute haben Mobiliar für das Badezimmer und die Waschküche gekauft“, sagte eine (müde) Verkäuferin eines Apenrader Küchengeschäfts.

Ob es aber, wie geplant, der ganz große Ankurbel-Erfolg wird, so wie es sich die Politik erhofft, bleibt noch abzuwarten. Viele Urlaubsgeldberechtigte lassen ihr Erspartes bis zur Pensionierung unberührt und beteiligen sich somit nicht am Kaufrausch. Andere wiederum haben das abgehobene Urlaubsgeld erst einmal aufs Sparkonto eingezahlt.

Allen Anzeichen nach hat die Freigabe des Urlaubsgeldes allerdings den gewünschten Effekt und kann die eine oder andere Branche über die nächsten Krisen-Monate retten. Danach hat die Politik auch noch die Möglichkeit, das restliche Urlaubsgeld auszuzahlen, denn bisher wurden erst drei Ferienwochen berücksichtigt. 

Aber was passiert dann, wenn das Geld ausgegeben ist und das Coronavirus unserer Gesellschaft immer noch ein Bein stellt? Das sehen wir dann, scheint die Devise zu sein. Hoffen wir nur, dass es nach dem Rausch keinen Kater gibt. 

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