Natur und Umwelt

Filmvortrag – Fisch um jeden Preis?

Fisch um jeden Preis?

Fisch um jeden Preis?

Sebastian Möbius
Apenrade/Aabenraa
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Der Bestand an Lachsen in freier Wildbahn ist extrem gefährdet. Foto: Unsplash/Drew Farwell

Lachs wird nicht nur in Dänemark sehr gerne gegessen. Doch meistens kommt dieser aus riesigen Fischzuchtanlagen, und diese bedrohen den Wildlachsbestand enorm. Warum das so ist und was die Folgen sind, hat der Film "Artifishal" bei seiner Vorführung in der Deutschen Zentralbücherei Apenrade aufgezeigt.

Gesche Stabenow Nordmann ist Künstlerin und setzt sich seit 39 Jahren aktiv für den Umweltschutz ein, wie sie selbst sagt. Das ist auch der Grund, warum sie Mittwochabend zu einer Filmvorführung im Haus Nordschleswig einlud. Gezeigt wurde der Film „Artifishal“. Der Film zeigt, wie gefährlich Fischzuchtanlagen für Wildfische und auch für den Menschen sind.

Stabenow Nordmann hat am Film selbst zwar nicht mitgewirkt, dennoch hat sie eine gewisse Verbindung zu dem, was im Film gezeigt wird. Die Wahlnordschleswigerin reist gerne, und so kam es, dass sie vor ein paar Jahren ihre jüngste Tochter Indiana aus der Schule genommen hat, und mit ihr nach Kanada gereist ist. Dort lebten sie größtenteils in ihrem Auto und zelteten oft.

Gesche Stabenow Nordmann mit ihrer jüngsten Tochter Indiana. Foto: Sebastian Möbius

 

Kanada als Augenöffner

Eines Tages trafen sie auf einige Fischer und Angler. Bei einem Gespräch machten die Fischer Stabenow Nordmann klar, wie bedroht die Natur in Kanada sei.

Durch Freunde in Kanada erfuhr sie dann, wie krass die Fischzüchtung in Kanada eigentlich ist. „Dieses Erlebnis war für mich der Punkt, an dem ich meinen Freunden in Kanada versprochen habe, für mehr Umweltschutz zu kämpfen." Umso mehr freut es sie, dass sie die Gelegenheit bekommen hat, den Dokumentarfilm vorzuführen.

Der Fokus des Films liegt hauptsächlich auf Lachszuchtstationen in Kanada und den USA. Zum einen wird aufgezeigt, warum die Fischzucht den Wildbestand der Lachse enorm gefährdet. Wenn Fische aufgrund der schlechten Konstruktion von Netzgehegen in die freie Wildbahn entkommen, hat dies verheerende Folgen für den Wildlachs.

Zum einen verbreiten Zuchtfische Krankheiten, verschmutzen den Lebensraum und nehmen den Wildlachsen die Brutplätze weg. Zum anderen sind Zuchtlachse physisch nicht so stark wie Wildlachse, und so kommt es, dass bei einer Paarung von Zucht- und Wildlachsen die nächste Generation schwächere Gene aufweist.

Existenzbedrohung Fischzuchtanlage

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Films ist, dass durch die Fischzucht ganze Existenzen bedroht sind. Der Stamm der Yurok-Indianer aus Kalifornien lebt von der Wildfischerei. In den vergangenen Jahren hat die örtliche Fischzuchtanlage aber dazu geführt, dass der Wildbestand nahezu ausgerottet wurde. Da die meisten Yuroks Fischer waren und somit keine Existenzgrundlage mehr hatten, führte dies zu Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie auch in vielen Fällen zum Selbstmord.

Die Fischzucht an sich verkauft sich selbst wie ein Produkt. Es werden Touren durch die Anlagen angeboten, und ein Moderator erzählt per Headsetmikrofon, wie wichtig die Fischzucht sei und lacht dabei. Alles gleicht einer Unterhaltungsshow.

Während er fröhlich erzählt, werden im Hintergrund die Fische mit Stöcken betäubt, ehe man sie nach der Milch- und Eierentnahme köpft. Ein absolut schockierendes Bild, auch für Stabenow Nordmann. „Ich habe den Film schon zweimal gesehen. Er ist heute, beim dritten Mal, genauso schockierend“, sagt die Mutter von sechs Kindern.

Ebenso schockierend zeigt der Film auf, wie mit einer Notfallsituation umgegangen wird. Fischzuchtanlagen mit Netzgehege weisen generell einen sehr schlechten Sicherheitszustand auf, wie im Film gezeigt wird.

Bei einem größeren Unglück sind vor ein paar Jahren Hunderttausende Fische entkommen. Einzige Maßnahme war, dass dazu aufgerufen wurde, mehr angeln und fischen zu gehen. Im Film wurde das Beispiel angeführt, dass es genauso schlau wäre, bei einer Ölkatastrophe die Leute aufzufordern, das ausgetretene Öl abzuschöpfen, da es kostenlos zu haben sei.

Jedoch wurde mittlerweile ein kleiner Schritt gemacht. Mittlerweile sind im Bundesstaat Washington Netzgehege in Fischzuchtanlagen verboten.

Fischzuchtanlagen als politische Schachfigur

Doch Fischzuchtanlagen sind auch politisch von hohem Wert, wie der Film eindeutig aufzeigt. Behörden, die solche Anlagen unterstützen, und Bundesstaaten, die diese genehmigen, symbolisieren Macht und Erfolg, wie der Film vermittelt. Wenn ein Bundesstaat Fischzuchtanlagen besitzt, ist dies auch gut für den Tourismus.

Jährlich werden Zuchtfische mehrere Hundert Male mit Flugzeugen in Gebiete geflogen und abgeworfen, in denen es schon verboten ist, eine Blume zu pflücken oder Fahrrad zu fahren, nur damit Touristen etwas zu fischen haben. Dass dadurch in naher Zukunft der komplette Bestand an Wildlachsen ausgerottet sein wird, scheint weder die offizielle Seite noch die Touristen zu interessieren.

Einzig und allein die hauptberuflichen, privaten Fischer und die indigenen Volksstämme bekommen diese Entwicklung mit voller Härte zu spüren. „90 Prozent aller Fischarten stehen kurz davor, auf die Liste der gefährdeten Arten zu kommen“, so Stabenow Nordmann. Sie selbst reist nächstes Jahr wieder nach Kanada, um zu sehen, wie sich die Lage vor Ort entwickelt hat.

Einer der Produzenten des Films und Gründer von Patagonia (Bergsteigerausrüstung) Yvon Chouinard beschreibt im Film genau diese Dokumentation mit einem Zitat ganz gut: „Der Mensch fühlt sich der Natur überlegen.“

Fischzuchtanlagen in Dänemark

  • In Dänemark gibt es 19 aktive Fischzuchtanlagen, die in der Regel Regenbogenforellen züchten

  • Die Anlagen stoßen jährlich 320 Tonnen Stickstoff und 35 Tonnen Phosphor aus (Angaben für die Jahre 2010 bis 2014)

  • In den Anlagen werden jährlich zusammen über 11.000 Tonnen Fisch produziert. (2014 Zahlen von der dänischen EPA)

  • In Zukunft soll es laut Umweltministerin Lea Wermelin aber keine neuen Anlagen geben, und bestehende sollen nicht weiter ausgebaut werden.

  • Jede Anlage benötigt eine Standort- und Umweltgenehmigung

  • Salzwasserfischzüchtungen sind aus biologischer und sicherheitstechnischer Sicht besser geeignet als Züchtungen mit Netzgehegen
www.dn.dk
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