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Staus an der Grenze: Wer hat die Kontrolle?

Staus an der Grenze: Wer hat die Kontrolle?

Staus an der Grenze: Wer hat die Kontrolle?

Apenrade/Kopenhagen
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Durch die Grenzkontrollen kam es diesen Sommer häufig zu Staus. Foto: Claus Fisker/ Ritzau Scanpix

Im Sommer hat es wieder zahlreiche Staus vor den Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze gegeben. Der Frust sei nachvollziehbar, sagt die Flensburger Polizei. Bei der Frage, ob die Grenzkontrollen überhaupt Sinn machen, gehen die Meinungen in der dänischen Politik auseinander.

Das deutsch-dänische Grenzland hat einen Rekordsommer hinter sich. Und auch das Touristikgewerbe blickt schon jetzt begeistert auf den Sommer zurück. Einen Schatten warfen jedoch die Grenzkontrollen auf die gänzlich ungetrübte Sommerfreude – und das ganz ungeachtet der politischen Debatte darüber, ob sie nun sinnvoll sind oder nicht: Kilometerlange Staus in der sengenden Hitze haben die Nerven von Urlaubern, Urlaubsrückkehrern und Pendlern auf der A7 ebenso strapaziert wie die von Fernfahrern. 

„Der Frust ist nachvollziehbar“, schreibt Christian Kartheus, Pressesprecher der Polizeidirektion Flensburg, auf Anfrage des Nordschleswigers. Im Berufsverkehr gebe es an der Grenze zwar nur sehr wenige Staus, doch an „Wochenenden herrscht aufgrund des Ferienreiseverkehrs ein sehr hohes Verkehrsaufkommen. Durch die Grenzkontrollen kommt es daher zu erheblichen Rückstaus, die in Abhängigkeit zur Stärke des Kontrollpersonals und der geöffneten Fahrspuren stehen“, so Kartheus.

Mängel bei der Organisation?

Wird das Kontrollpersonal also nicht optimal eingesetzt? Werden die Fahrspuren nicht zu den rechten Zeitpunkten geöffnet? „Wenn sich Schlangen bilden und die nicht mehr rollen, dann ergreifen wir die Initiative, die zweite Spur zu öffnen“, schreibt Helle Lundberg, Sprecherin der Polizei von Südjütland und Nordschleswig, dem Nordschleswiger. „Das geschieht dadurch, dass wir die deutsche Polizei darum bitten, die Beschilderung einzuschalten, die anzeigt, dass beide Spuren offen sind“, erklärt sie.
„Doch wir erleben es regelmäßig, dass  es schwierig sein kann, die Verkehrsteilnehmer auf die richtige Spur zu bringen. Und das, obwohl wir ausschildern und über Twitter kommunizieren“, so Lundberg weiter.  

Auch Kartheus beklagt das Verhalten vieler Autofahrer: „Wird eine zweite Fahrspur geöffnet, wird dies durch Verkehrszeichen im Vorfeld mehrfach angezeigt. Einige Verkehrsteilnehmer nehmen diese Verkehrslenkung aber leider nicht wahr.  Es kommt dann regelmäßig zu Verkehrslenkungsmaßnahmen durch Mitarbeiter/innen des PABR Nord –FD BAB (Autobahnpolizei)“, schreibt er.

Polizei: Die Kommunikation stimmt

An der Kommunikation zwischen dänischen und deutschen Beamten liege es nicht, sagen beide Polizeisprecher übereinstimmend. „Die Koordination ist gut. Wird die zweite Fahrspur geöffnet, erhält die Autobahnpolizei direkt Kenntnis von den Kontrolleuren an der Grenze. Wir schalten eine weitere Vorwegweisung als LED Anzeige hinzu“, so Kartheus.

Dennoch kommt es immer wieder, zumal an Sonnabenden, wo im Touristikgewerbe Bettenwechsel ist, zu Staus. Und das bedeutet mehr Arbeit für die deutschen Beamten. Denn auch wenn es Dänemark ist, das sich für die seit Januar 2016 „vorübergehenden“ und „stichprobenartigen“ Grenzkontrollen entschieden hat – so ist auch die deutsche Polizei, zumal in Ferienzeiten, stark mit eingebunden. Schließlich entsteht der Rückstau vor der Grenze auf deutscher Seite, um den sich dann Zusatzstreifen der Autobahnpolizei kümmern. Weder der dänischen noch der deutschen Polizei sind derweil Statistiken oder Untersuchungen über das Verkehrsaufkommen und den Verkehrsfluss an der Grenze bekannt.

Unbefriedigende Verkehrslenkung

Während einige Leser, mit denen wir gesprochen haben, kein Problem mit den Wartezeiten an der Grenze haben (Tenor: „Wir fahren einfach nicht über die Autobahn“), klagen andere über unbefriedigende Verkehrslenkung. Obwohl die zweite Spur geöffnet sei, sei der zweite Schlagbaum mehrfach trotzdem unten gewesen – oder die zweite Spur sei nicht angezeigt, aber der zweite Schlagbaum am Ende dann doch oben gewesen.

Zudem gibt es Berichte von Fernfahrern, die ihre Lkw auf die  zweite Spur stellen, um andere Verkehrsteilnehmer am Überholen zu hindern.

DF: Kontrollen sollen effektiver werden

Peter Kofod Poulsen, rechtspolitischer Sprecher der Dänischen Volkspartei (DF) im Folketing, meint auf Nachfrage des Nordschleswigers, dass „permanente Anlagen und die Nutzung neuer Technologie die Kontrollen effektiver und schneller“ machen würden. Für problematisch hält er die Verkehrslage an der Grenze aber derzeit, von „sporadischen Belastungsperioden abgesehen“, nicht.

Radikale Venstre: Verschwendung von Zeit und Ressourcen

Anders sieht das die rechtspolitische Sprecherin der Radikalen Venstre, Zenia Stampe. „Das ist Verschwendung von Zeit und Ressourcen der Pendler. Und es ist schon fast ein Hohn, dass das Ganze nur ein Spiel für die Galerie ist“, schreibt sie dem Nordschleswiger. „Es wundert mich, dass die dänische Polizei nicht größere Verantwortung dafür übernimmt, die Grenzkontrollen auf effektive Weise abzuwickeln, um die Pendler und die deutschen Behörden so wenig wie möglich zu belasten“, so Stampe weiter – und fügt hinzu: „Aber wir wissen ja, dass auch sie es für Zeitverschwendung halten, vielleicht denken sie also einfach, dass sie ihre Aufgabe lösen und dann müssen die Politiker sich für die negativen Nebeneffekte verantworten.“

Anders als ihr Kollege Peter Kofod Poulsen, der meint, dass Staus, die  „sehr begrenzt“ gewesen seien,  „kein Problem für den Tourismus usw. ausmachen“, glaubt Stampe, dass „die Unterstützung für die Grenzkontrollen ganz sicher negativ beeinflusst wird, wenn genügend Dänen im Stau stehen, um danach festzustellen, dass es gar keine richtige Kontrolle gibt und dass Flüchtlinge auch nicht gerade ins Land strömen. Einige Touristen werden sich vielleicht auch gegen Dänemark  als Urlaubsziel entscheiden, wenn sie wissen, dass das lange Wartezeit bedeutet“.

LA: Müssen EU-Außengrenzen unter Kontrolle bekommen

Henrik Dahl, rechtspolitischer Sprecher der Regierungspartei Liberale Allianz, zeigt Verständnis für verärgerte Autofahrer, die Kontrollen seien derzeit aber „leider notwendig, aber sie soll selbstverständlich so wenig eingreifend wie möglich ablaufen“ – andernfalls könne die Akzeptanz leiden. „Ideal wäre es, keine Grenzkontrollen zu haben, und dahin müssen wir zurückkommen, aber das setzt voraus, dass die Außengrenzen der EU unter Kontrolle kommen“, so Dahl.

BDN: Zielgerichtete Hinterlandskontrollen ergeben mehr Sinn

Hinrich Jürgensen, Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN) denkt derweil an die Ressourcen der Polizei: „Die 570 Vollzeitstellen und 250 Heimwehr-Stellen, was wir da alles an Kriminalitätsbekämpfung bekommen könnten“, sagt er. Er bedauere, dass es wieder zu den Staus gekommen sei, denn darin liege ja auch eine Gefahr für die Verkehrsteilnehmer: „Gott sei Dank hat es dieses Jahr nicht wie früher Unfälle gegeben.“

Angesichts der Touristenmassen, die dieses Jahr nach Dänemark kamen, sieht er keinen Imageverlust, aber „ich werde oft auf die Kontrollen angesprochen und darauf, dass es doch Quatsch ist, dass es 15 Übergänge und nur drei Kontrollen gibt. Intelligente Grenzkontrollen sind völlig in Ordnung, aber man sollte wirklich die kontrollieren, die gefährlich sind, nicht die halbe Bevölkerung abwinken. Das hier ist für mich einfach nicht intelligent“, sagt er. So sieht es auch Stampe: „Ich finde, man sollte zu zielgerichteten Hinterlandskontrollen zurück. Das war deutlich effektiver und hat nicht so viel verschwendete Zeit für Polizei, Pendler und Touristen bedeutet.“ 

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