Leitartikel

„Überfälliger Beschluss, aber zu spät und unvollständig “

Überfälliger Beschluss, aber zu spät und unvollständig

Überfälliger Beschluss, aber zu spät und unvollständig

Apenrade/Aabenraa
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Eine Mehrheit im dänischen Folketing hat beschlossen, den Einsatz von schwer abbaubaren Herbiziden wie Glyphosat auf befestigten Wegen, Bürgersteigen und Auffahrten zu verbieten. „Nordschleswiger“-Redakteur Volker Heesch begrüßt den Beschluss zum Schutz des Grundwassers, doch ein Inkrafttreten erst ab 2024 ist nicht in Ordnung.

Seit Jahren wird in Dänemark wie in vielen anderen Ländern über ein mögliches Verbot des Einsatzes von Spritzmitteln wie dem Totalherbizid Glyphosat debattiert. Eine Mehrheit im dänischen Folketing hat jetzt beschlossen, den Einsatz schwer abbaubarer Spritzmittel, unter anderem Glyphosat, das mengenmäßig auch in Dänemark besonders umfangreich ausgebracht wird, teilweise zu verbieten, um das Grundwasser im Land zu schützen.

Was sinnvoll erscheint, da weiterhin Trinkwasserbrunnen geschlossen werden müssen, da sie aus gesundheitlichem Blickwinkel zu starke Konzentrationen von Agrarchemikalien und Unkrautvertilgungsmitteln enthalten. Das Verbot umfasst nur den Einsatz auf privaten und öffentlichen Flächen, die – wie Gehwege, Terrassen, Auffahrten und Parkplätze – allein schon deswegen nicht für den Spritzmitteleinsatz geeignet sind, da dort die Gefahr besteht, dass die Mittel bei Regen rasch abgeschwemmt werden – und bei der verbreiteten Ausstattung befestigter Flächen mit Kiesunterlagen anstelle humusreicher Muttererde direkt Richtung Grundwasser davonfließen.

In Deutschland ist schon lange der unsinnige Einsatz von Herbiziden auf solchen Flächen untersagt, der meist nicht einmal hilft, hartnäckiges Unkraut zwischen Platten und Steinen zu beseitigen. Das Verbot ist also auch hierzulande überfällig.

Es gibt auch in Dänemark Ausnahmen, weiter leicht abbaubare Herbizide wie Pelargon- oder Essigsäure einzusetzen, die von einigen Kommunen bereits seit Jahren mithilfe von Technik genau dosiert auf Bürgersteigen versprüht werden, um Pflanzen abzutöten. Der Naturschutzverband „Danmarks Naturfredningsforening“ begrüßt das Teilverbot, spricht aber zu Recht nur von einem ersten kleinen Schritt, das Grundwasser langfristig zu schützen.

Die Präsidentin des Verbandes, Maria Reumert Gjerding, fordert dazu auf, jetzt ganz schnell im Umkreis von Trinkwasserbrunnen den Pestizideinsatz zu untersagen, denn das jetzt beschlossene Verbot bremse nur den Einsatz eines kleineren Teils der heute ausgesprühten Pestizidmenge in Dänemark. Das Verbot für die genannten befestigten Flächen tritt zwar schon am 1. Juni 2022 in Kraft, doch die Mittel dürfen noch bis 2023 in den Handel kommen. Der Einsatz ist erst ab Jahresbeginn verboten.

Angesichts der Gefährdungslage im Bereich befestigter Flächen ist das viel zu spät. Ein Tempolimit auf gefährlichen Straßen tritt auch rasch nach Ortung der Gefahrenquelle in Kraft. Angesichts der andauernd großen Probleme mit immer neuen Pestizidnachweisen im Trinkwasser muss auch im Bereich der Landwirtschaft reagiert werden. Dabei geht es nicht nur um Grundwassergefahren oder weiterhin nicht ausgeräumte Sorgen, dass Glyphosat schwere Krankheiten auslösen kann.

Ein weiterer Aspekt ist die Gefährdung der Tier- und Pflanzenwelt durch Folgeschäden der Unkrautbekämpfung: Auf großen Flächen verschwindet die Pflanzenvielfalt, an spezielle Arten gebundenen Insekten wird die Lebensgrundlage entzogen, und schließlich verschwinden immer mehr Vogelarten, die auf bestimmte „Unkrautsamen“ auch im Winter oder ein spezielles Sortiment von Fliegen, Käfern oder auch deren Larven als Nahrung angewiesen sind.   

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