Leitartikel

„Skål auf DF-Klassik“

Skål auf DF-Klassik

Skål auf DF-Klassik

Nordschleswig/Kopenhagen
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Die Dänische Volkspartei geht mit billigem Bier und günstiger Schokolade auf Stimmenfang. Für die Steuererleichterungen müssen Ausländer und Flüchtlinge herhalten. Da erkennen wir die rechtspopulistische Partei wieder, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Was macht eine Partei, die immer weiter in die Krise stürzt? Senkt die Preise für Schokolade und Bier und spart stattdessen an den Kosten für Flüchtlinge und Ausländer.

So sieht in verkürzter Form die neueste Initiative der Dänischen Volkspartei (DF) aus. Ein klassischer DF-Vorschlag, bei dem sich die Partei herablassend über die – so die Partei – „verrückten“ dänischen Abgaben und Bewohner aus Drittländern äußert.

Was Dänemark an Sonderabgaben und Steuern hat, ist wahrlich wie aus einem Fantasy-Roman genommen. Außerdem fehlt in vielen Fällen die Logik, wenn gefrorenes Eis teurer versteuert wird als aufgetautes Eis zum Selbsteinfrieren, wenn verschiedene Nusssorten unterschiedlich versteuert werden oder wenn die Luft im Soft-Ice und im Sekt auch noch versteuert wird.

Darüber macht sich die Dänische Volkspartei in dem Vorschlag „Verrückte Abgaben“ („Gakkede afgifter“) lustig und will Abgaben in Höhe von 3 Milliarden Kronen streichen, damit der Einkauf für Dänen billiger wird. Dazu gehören auch billige Schokolade, günstiges Bier und Zigaretten. Für DF ein Plus: Wenn Alkohol und Süßigkeiten in Dänemark günstiger werden, wird dem Grenzhandel der Zahn gezogen.

Wetten, dass Fleggaard und Co. es dennoch schaffen, die Kunden über die Grenze zu locken, und der DF-Plan damit nicht aufgeht? Die Grenzhandelsketten werden schon wissen, wie sie ihre Geschäfte beschützen.

Aber die rechtspopulistische Partei, die in den vergangenen Monaten erleben musste, dass viele Wähler eine andere rechtspopulistische Bewegung, nämlich die Neuen Bürgerlichen, bevorzugen, hat noch einen Trumpf im Ärmel: Um die Steuererleichterungen zu finanzieren, soll bei Ausländern und Flüchtlingen Geld gespart werden.

Keine UN-Quotenflüchtlinge, kein Beschäftigungseinsatz, um Ausländer aus Drittländern auf den Arbeitsmarkt zu integrieren, weniger Kindergeld für Alleinerziehende aus Drittländern und Osteuropa, und nur wer sich innerhalb der vergangenen zwölf Jahre sieben Jahre in Dänemark befunden hat, kann Arbeitslosengeld beziehen. Schließlich müssen Ausländer wieder ihre eigenen Dänisch-Kurse bezahlen, und der LGBT-Bewegung soll der Zuschuss gekürzt werden.

Mehr DF-Classic geht schon gar nicht mehr - und auch nicht menschenverachtender als auf diesen zwölf Seiten, wo den armen Dänen billiges Bier und günstige Schokolade hingeworfen wird, während den ausländischen Schmarotzern der Geldhahn zugedreht wird. 

Das dänische Abgaben- und Steuersystem müsste wahrlich auf Herz und Nieren geprüft werden, doch die Verknüpfung von Steuer- und Grenzhandelspolitik mit der Ausländer- und Flüchtlingspolitik ist selbst für DF-Standard geschmacklos: Lasst euch die Schokolade und das Bier gut schmecken – dafür müssen leider 500 Flüchtlinge zu Hause bleiben – wo sie kein Dach über dem Kopf und kaum etwas zu essen haben. Dann mal „skål“ auf DF. 

 

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