Leitartikel

„Parteien-Quartett: Zwei feiern – zwei leiden“

Parteien-Quartett: Zwei feiern – zwei leiden

Parteien-Quartett: Zwei feiern – zwei leiden

Kopenhagen
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Vier Parteien haben am Wochenende ihre Partei-Kongresse gehalten. Der Unterschied zwischen Siegern und Verlieren könnte nicht größer sein, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen in seinem Leitartikel.

Ein dänischer Brexit, ein konservativer Regierungschef, die Abschaffung von Witzen unter der Gürtellinie und ein Haushaltsstopp für Landwirte. Das waren die Überschriften, nicht von einem, sondern von ganzen vier Parteikongressen, die am Wochenende in Dänemark stattfanden. Dabei lieferten die Parteien zwei Monate vor der Kommunal- und Regionsratswahl weder Neues noch Überraschendes.

Bei den Sozialdemokraten ließ sich Regierungschefin Mette Frederiksen von den eigenen Parteimitgliedern feiern. Nach dem erfolgreichen Wahlsieg im Sommer 2019 hat sie die härteste Bewährungsprobe wohl überstanden: Sie hat Dänemark durch die Corona-Krise gelenkt – eigenmächtig und mit einigen Schönheitsfehlern –, doch aus den Meinungsumfragen gehen die Sozialdemokraten mit Abstand als die größte Partei des Landes hervor und stehen noch besser als bei der Wahl da.

Nach der Corona-Pandemie kommt allerdings die Politik, und hier warten im Herbst schwierige Verhandlungen auf die Regierungschefin und ihr Team. Dabei machen es sich die Sozialdemokraten selber nicht leicht, denn gleich beim Parteikongress gab es eine Absage an die Landwirtschaft und an das bürgerliche Lager: In den Landwirtschaftsverhandlungen wird nicht mehr Geld auf den Tisch kommen – und auf Klima- und Umweltauflagen können sich die Landwirte ebenfalls gefasst machen. Nach Verhandlung sieht das nicht aus, eher wie ein Ultimatum – und eine Hiobsbotschaft an die Landwirtschaft.

Auch der konservative Parteichef Søren Pape Poulsen ließ sich feiern. Die Konservativen sind in den Meinungsumfragen derzeit die größte Partei im bürgerlichen Lager, und Pape Poulsen legte noch einen obendrauf: Es werde wieder einen konservativen Staatsminister geben, sagte er mit Anspielung an die Ära Poul Schlüter.

Ob er selbst das Land leiten wird und wann, ließ der Chef der Konservativen offen, aber die Chancen stehen besser denn je. Søren Pape Poulsen hat seine Partei im Griff und kann sich voll auf die Politik konzentrieren.

Das ist weder bei der Radikalen Venstre noch bei der Dänischen Volkspartei (DF) der Fall. Radikalen-Chefin Sofie Carsten Nielsen bezeichnet das vergangene Jahr als „Scheiß-Jahr“, in dem Me-Too-Fälle für interne Querelen und Austritte aus der Folketingsfraktion gesorgt haben. Auch die Wählerinnen und Wähler haben reagiert. In den Meinungsumfragen gehen die Radikalen um ein Drittel zurück. Bei den Radikalen heißt es erst einmal: Keine Witze unter der Gürtellinie. Ergibt Sinn – gewinnt aber keine Wahlen.

Noch schlimmer sieht es bei der Dänischen Volkspartei aus. Hier gibt es regelrechte Reibereien um die Politik der Partei. Flügelkämpfe sind ausgebrochen, es werden Drohungen ausgesprochen und der Wähler-Rückgang ist lebensbedrohlich für die Partei. Der Parteivorsitzende Kristian Thulesen Dahl sitzt nicht mehr fest im Sattel und seine 75-jährige Vorgängerin Pia Kjærsgaard wurde sogar als mögliche neue Vorsitzende vorgeschlagen. Dabei hat der Parteikongress dem Ärger kein Ende gemacht. Es bleibt chaotisch bei den Rechtspopulisten.

Auf der Suche nach neuen Wählern zog Europaparlamentsmitglied Peter Kofod aus Hadersleben die rote Karte gegen die EU: Großbritannien habe mit dem Brexit die richtige Entscheidung getroffen – nun sei Dänemark an der Reihe. Neu ist die DF-Skepsis zur EU nicht – sie zeigt aber, wie die Dänische Volkspartei mit allen Mitteln versucht, einen Weg zurück zu den Wählern zu finden.

Zwei Parteien feiern, zwei leiden – doch weder am Kräfteverhältnis noch an der politischen Situation in Dänemark wird sich nach dem Wochenende der Parteikongresse etwas ändern. Zwei Jahre nach der letzten und zwei Jahre vor der nächsten Wahl bleibt alles beim alten.

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