Leitartikel

„Gute und schlechte Nachrichten zur dänischen Energieversorgung“

Gute und schlechte Nachrichten zur dänischen Energieversorgung

Gute und schlechte Nachrichten zur dänischen Energieversorgu

Apenrade/Aabenraa
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„Nordschleswiger“-Redakteur Volker Heesch setzt sich mit Meldungen der Energiebehörde „Energistyrelsen“ über die Verminderung des dänischen Gasverbrauchs um 30 Prozent in der ersten Jahreshälfte 2022 und der Aussicht auf eine verzögerte Wiederaufnahme der dänischen Erdgasproduktion im dominierenden Fördergebiet Tyra vor Jütland auseinander.

Seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine vor einem halben Jahr steht neben dem menschlichen Leid, das die verantwortlichen Machthaben in Russland damit ausgelöst haben, in vielen europäischen Staaten außer der Solidarität mit den unter dem Krieg leidenden Menschen die Sorge um die eigene Energieversorgung auf der Tagesordnung.

In Dänemark ist an viele Haushalte mit Erdgasheizung ein Ausgleichsbetrag aus der Staatskasse ausgezahlt worden. Doch zusätzlich zu den unter der sprunghafter Verteuerung des Gases leidenden Bürgerinnen und Bürgern werden auch die mit „billiger“ Fernwärme und Wärmepumpen mit angenehmen Temperaturen in den Stuben und warmen Duschen versorgten Menschen die durch Verknappung von Energieträgern ausgelösten Preissprünge im Portemonnaie zu spüren bekommen.

Dass viele Menschen den Ernst der Lage, nicht nur wegen ihres eigenen Geldbeutels, erkannt haben, belegt die Information der Energiebehörde, dass sich der Verbrauch des Erdgases in Dänemark in der ersten Jahreshälfte um 30 Prozent vermindert hat.

Dahinter stecken sicher auch Sparmaßnahmen in den Privathaushalten mit Gasanschluss und die von der Politik forcierte Umrüstung der Wärmeversorgung auf Fernwärme und energieeffiziente Wärmepumpen. Diese Umrüstung ist bereits seit Jahren auf der Tagesordnung, vor allem aus Gründen des Klimaschutzes.

Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass die dazu erforderliche Energiewende gerade auch in Dänemark mit einer verstärkten Nutzung elektrischer Energie verbunden ist. Wer einen Blick auf die Internetseite des staatlichen Energienetzbetreibers Energinet wirft, konnte vor einigen Tagen feststellen, dass bei dem schönen Sommerwetter zeitweise Flaute herrschte und die Windenergieanlagen in Dänemark bei Weitem nicht den Bedarf von 4.400 Megawatt Strom so um die Mittagszeit decken konnten.

Am Dienstag lieferten die Windräder, die bei stärkerem Wind mehr als den Inlandsbedarf decken, wieder fast 1.800 Megawatt. Die Solarzellen kamen zusätzlich auf fast 1.400 Megawatt. Es mussten „nur“ 670 Megawatt, vor allem aus Norwegen und Schweden importiert werden, es wurden sogar 620 Megawatt nach Deutschland weitergeleitet, weil die Nachbarn offenbar noch mehr „Saft“ übrig hatten.

Angesichts des steigenden Strombedarfs sind auch in Nordschleswig die Kommunen aufgefordert, den Ausbau von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer elektrischer Energie voranzutreiben. Auch Biogas kommt weiter eine wichtige Position im Energiemix zu, denn dieser Energieträger hat inzwischen einen Anteil von mehr als 25 Prozent im dänischen Gasnetz, das momentan überwiegend mit Gas aus Deutschland gefüllt wird, bis es wieder Erdgas aus dem dänischen Teil der Nordsee gibt. Die Wiederinbetriebnahme der dänischen Fördertechnik im Gebiet Tyra, die seit Jahren renoviert wird, verzögert sich bis Ende 2023. Geplant war ein Termin im Herbst 2022. 

Wer die Nachrichten verfolgt, weiß, dass es sich bei dem Gas für Dänemark aus Deutschland zu einem großen Teil um Kontingente handelt, die nur deshalb zur Verfügung stehen, weil Deutschland weiter Gas aus dem Reich Putins bezieht. Dabei spielt es aktuell keine Rolle, wer schon immer Bescheid wusste, dass man sich nicht in Abhängigkeit von Diktatoren mit großem Bosheitspotenzial begeben sollte.

Es ist ganz klar, dass bei der Erdgasversorgung ebenso wie bei der Sicherstellung der Stromversorgung in Europa nur grenzüberschreitende Zusammenarbeit vor wirtschaftlich und sozial verheerenden Engpässen und Kostenfallen schützen kann.

So wie die Staatskasse momentan vielen Haushalten bei der Gasrechnung unter die Arme greift, sind Fördermittel nötig, um den Bürgerinnen und Bürgern bei der Umstellung auf nachhaltige und bezahlbare Heizenergie zu helfen. Die Kommunen sind momentan damit beauftragt, für ihre Städte und Dörfer Konzepte dafür zu erarbeiten, denn es sollte vermieden werden, dass beispielsweise Fernwärmepotenzial durch Einzelentscheidungen für Wärmepumpen blockiert wird.

Während im Verkehrswesen der ländliche Raum in Dänemark schon lange das Nachsehen hat, darf es nicht auch noch bei der Energieplanung zulasten des ländlichen Raums gehen, der in Nordschleswig einen sehr hohen Anteil hat.

Dünn besiedelten Gebieten wird zuweilen vor dem Hintergrund zu teurer Infrastruktur die Existenzberechtigung abgesprochen. Aber wer würde auf die Idee kommen, dass die „Rechnung“ für Klimakiller wie den Flugverkehr allein den Metropolen oder den Flughafenorten aufgebrummt wird.

Gerade die aktuelle Energiekrise zeigt, wie wichtig es ist, die erneuerbare Energie voranzutreiben, auch im Verkehrswesen. Gerade die europaweite Dürre und Hitze unterstreicht, dass Atomkraftwerke, deren Brennstoffe auch vielfach aus Schurkenstaaten importiert wurden oder werden, ebenso wenig wie Flüssiggas per Schiff oder Kohlekraftwerke eine Zukunftssicherung bringen.

Wichtig ist aber bei allen Grundsatzentscheidungen, dass auch kleine Sparmaßnahmen im Privathaushalt ebenso wie Verzicht auf Energieverschwendung im größeren Stil auf der Tagesordnung stehen, um die Welt kurzfristig vor Engpässen in der Energieversorgung zu schützen.      

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