Leitartikel

„Es darf gefeiert werden“

Es darf gefeiert werden

Es darf gefeiert werden

Kopenhagen
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Die diesjährigen Abiturientinnen und Abiturienten waren während ihrer Gymnasialzeit von Restriktionen besonders hart betroffen. Jetzt können sie endlich sorglos und ausgelassen feiern. Foto: Karsten Schnack/Biofoto/Ritzau Scanpix

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Wir werden lernen müssen, mit dem Coronavirus zu leben, meint Walter Turnowsky. Die Frage ist, wie gut wir damit leben wollen. Eine Teilantwort darauf kam möglicherweise am Mittwoch.

Es darf gefeiert werden. Das war die klare Aussage von Mette Frederiksen und ihrem Gesundheitsminister Magnus Heunicke bei einer Pressekonferenz am Mittwochvormittag. Eine „kleine Sommerwelle“ ausgelöst durch BA.5: Kein Problem.

Also Abi-Feten, Roskilde und Tønder Festival oder Tour de France, immer rein ins Getümmel. Umarmungen und Küsse (selbstverständlich nur bei Einverständnis), nur her damit.

Heunicke und Frederiksen haben es uns beim Volkstreffen (Folkemøde) auf Bornholm vorgemacht. Der Gesundheitsminister hat Musik aufgelegt und seine Chefin hat dabei ordentlich Gas gegeben. Von irgendwelcher Corona-Vorsicht war da nichts zu spüren.  Der Kontrast zu Deutschland ist schwer zu übersehen: Olaf Scholz und Karl Lauterbach, die Fußballsongs in die Menge brüllen? Das ist nicht vorstellbar. Auch wenn in Deutschland die Restriktionen zurückgefahren worden sind, vollkommen aufgehoben sind sie nicht.

Und damit wären wir bei einem weiteren Grund, warum wir in Dänemark feiern dürfen. Feiern, dass wir, nachdem die Restriktionen bereits im Februar aufgehoben wurden, uns immer weniger Gedanken um das Virus gemacht haben (andere Sorgen gab es nach Putins Angriff genug). Feiern, dass wir nach Aussage von Frederiksen den Sommer ohne Sorgen genießen können, ja, sollen. Das BA.5 handhaben die Behörden mit einer Impfkampagne in den Pflegeheimen, denn selbstverständlich müssen wir weiterhin auf Risikogruppen besonders aufpassen.

Vor allem dürfen wir aber feiern, dass wir nach Einschätzung der Behörden ohne Restriktionen über den Herbst und Winter kommen können. Mit den Empfehlungen zu etwas mehr Vorsicht, regelmäßiger Handhygiene und Tests vor Besuchen bei älteren Angehörigen werden wir schon zurechtkommen.

Die Voraussetzung: Wer über 50 Jahre alt ist, soll sich wieder impfen lassen. Nicht um eine Ansteckung zu vermeiden – das klappt offensichtlich nicht – sondern um die Ansteckung möglichst gut wegzustecken.

Und damit wären wir auch beim Kern der Sache angekommen: Die große Zustimmung zu den Impfungen haben die Öffnung im Februar möglich gemacht. Sie ermöglicht uns den sorglosen Sommer.

Hinzu kommt die schnelle Reaktion auf neue Entwicklungen, denn das Virus hat uns immer wieder böse Überraschungen beschert.

Eine Voraussetzung war und ist, dass alle an einem Strang gezogen haben: Behörden, Regierung, Opposition, Medien und – am wichtigsten – die Bevölkerung. Gewiss, es gab unterwegs (auch berechtigte) Kritik an einzelnen Schritten und Maßnahmen. Das ist auch wichtig und richtig, denn gerade in Krisenzeiten gilt es, besonders wachsam zu sein – nicht zuletzt, um das gegenseitige Vertrauen zu bewahren.

Sicher: Es gibt Fehler; die Grenzschließungen und zum Teil auch die langwierigen Schließungen der Schulen und Hochschulen können hinterfragt werden. Die vielen Todesfälle in den Pflegeheimen im Winter 2020/2021 sind ein wenig schönes Kapitel beim Umgang mit der Pandemie.

Doch im Großen und Ganzen (abgesehen von der Mink-Affäre) ist es geglückt, das Gleichgewicht zwischen frühzeitigem und resolutem Eingreifen und nicht überzogenen Maßnahmen zu wahren.

Das Virus werden wir ganz offensichtlich nicht loswerden. Wir müssen lernen, mit ihm zu leben. Die Frage ist, wie gut wir damit leben wollen. Dänemark scheint sich einer Antwort auf diese Frage zu nähern.

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