Staatsbesuch

„Ein starkes Band“ – „Enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit“

„Ein starkes Band“ – „Enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit“

„Ein starkes Band“ – „Enge und vertrauensvolle Zusammenarbei

DN
Berlin
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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seiner Rede während des Staatsbanketts im Schloss Bellevue aus Anlass des Staatsbesuches von Königin Margrethe und Kronprinz Frederik in Berlin am 10. November 2021. Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

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Königin Margrethe war am ersten Abend ihres Staatsbesuches in Deutschland von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu einem Staatsbankett in seinem Amtssitz Schloss Bellevue eingeladen. „Der Nordschleswiger“ bringt die Reden der beiden Staatsoberhäupter im Wortlaut.

Die Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Velkommen til Berlin! Det er en stor ære for min kone og mig at byde Hendes Majestæt og Hans Kongelige Højhed velkommen til Bellevue Slot i dag.

Vor knapp fünf Monaten haben wir uns zuletzt gesehen, bei unserem gemeinsamen Besuch in Nordschleswig. Meine Frau und ich erinnern uns gut und gern an die herzliche Gastfreundschaft, die Ihre Majestät, der Kronprinz, die Ministerpräsidentin sowie die Bürgerinnen und Bürger von Sønderjylland uns damals erwiesen haben.

Wir waren dort, um gemeinsam an die friedliche Grenzziehung zwischen unseren beiden Ländern im Jahr 1920 zu erinnern. Die Menschen im lange umstrittenen Grenzgebiet hatten vor mehr als einem Jahrhundert, kurz nach den Schrecken des Ersten Weltkrieges, in demokratischen Abstimmungen darüber entschieden, zu welchem der beiden Länder sie gehören wollen.

Bis heute, in einer Zeit, in der sogar auf dem europäischen Kontinent Konflikte über Grenzen und Territorien wieder aufflammen, steht diese friedliche Grenzziehung als leuchtendes Beispiel für einen Weg heraus aus Zwistigkeiten und Zerwürfnissen, als Beispiel für die Befriedung eines Konflikts, der viele Generationen gespalten hatte.

Strahlend hell schien die Sonne an diesem 13. Juni 2021, und ich werde den Tag nicht vergessen, so eindrucksvoll und bewegend war er: der Festgottesdienst im wunderbaren Dom von Hadersleben; die Zeremonie auf den Düppeler Schanzen, mit Ihrer Majestät im weißen Kleid, das an den Einzug des Königspaares, ihrer Großeltern, im Jahr 1920 erinnerte; der Festakt im modernen Kulturzentrum von Sønderborg; und schließlich die große Ehre, mit Ihrer Majestät auf der stolzen Jacht Dannebrog am Kai vor dem Schloss zu Abend zu essen.

Es war ein Festtag der dänisch-deutschen Freundschaft und der guten Nachbarschaft unserer beiden Länder. Ich danke Ihrer Majestät für dieses Zeichen.

An diesem 13. Juni 2021 konnten wir auch sehen, wie wichtig in einer Demokratie der Umgang mit der Minderheit ist, wenn die Mehrheit eine Entscheidung fällt. In Dänemark geht das so weit, hab‘ ich gelernt, dass fast die gesamte dänische Faustball-Nationalmannschaft aus Angehörigen der Deutschen Minderheit besteht.

Und auch für Deutschland war und ist es wichtig, die Interessen der dänischen Minderheit mitzubedenken und ihr besondere Rechte bei der demokratischen Mitgestaltung einzuräumen. Zum ersten Mal seit 1953 hat vor wenigen Wochen wieder ein Abgeordneter des Südschleswigschen Wählerverbands seinen Platz als Mitglied des Deutschen Bundestages eingenommen.

Das Wunder, das vor allem nach 1945 auf beiden Seiten dieser Grenze gelang, ist bis heute das Unterpfand unserer Freundschaft. Aus der trennenden Linie wurde über die Jahre und Jahrzehnte ein starkes Band. Die Grenze zwischen Dänemark und Deutschland steht auch für das große Glück der Deutschen, unsere Nachbarn heute Freunde nennen zu dürfen.

Unser gemeinsames Glück hat heute einen Namen: Europa. Ein freies und friedliches Europa ohne Schlagbäume und Grenzmauern, ein demokratisches und liberales Europa, das die Rechtsstaatlichkeit und die Rechte von Minderheiten wahrt.

Es stimmt: Oft ringen wir Europäer um den richtigen Weg, sei es im Umgang mit Flucht und Migration – Ihre Majestät und ich werden morgen im Rückblick auf die gemeinsame Geschichte viel darüber erfahren –, im Umgang mit der Corona-Pandemie oder in anderen großen und kleinen Sachfragen der Politik.

Aber im Kern ruht unser Europa auf der Überzeugung, die auch an der Grenze zwischen Dänemark und Deutschland zu Frieden und Freundschaft geführt hat: demokratische Mehrheitsentscheidungen und starke Rechte für Minderheiten, Gleichheit vor dem Gesetz und eine unabhängige Justiz, Freiheit für jeden Einzelnen und Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Diese Werte, Majestät, sollten wir uns für die Zukunft bewahren – und ich kann Ihnen versichern: Wie die bisherigen wird sich auch eine neue deutsche Bundesregierung dafür einsetzen, diese Werte in Europa zu erhalten.

Wie kaum ein anderes Staatsoberhaupt in Europa hat Ihre Majestät die Höhen und Tiefen des europäischen Projekts miterlebt. Im kommenden Jahr feiert Dänemark das 50. Jubiläum Ihrer Regentschaft. Und fast ebenso lang – seit Ihrem ersten Staatsbesuch im Jahre 1974 – beehrt Ihre Majestät unser Land durch regelmäßige Besuche. Dass sich die Beziehungen zwischen Deutschland und Dänemark in den Jahrzehnten Ihrer Regentschaft zu einer engen und vertrauensvollen Freundschaft entwickelt haben, daran haben Sie, verehrte Königin Margrethe, großen Anteil.

Für diesen unschätzbaren persönlichen Beitrag Ihrer Majestät zu den deutsch-dänischen Beziehungen bin ich sehr dankbar. Und auch ich möchte meinen Teil leisten, diese Partnerschaft zu pflegen und zu stärken. Ganz in diesem, gemeinsamen Sinne bitte ich Sie nun, Ihr Glas mit mir zu erheben: Auf Europa, auf Demokratie und Freiheit, auf das Wohl Ihrer Majestät und des dänischen Volkes – und auf gute Nachbarschaft, auf die Freundschaft zwischen unseren beiden Ländern. Skål!

 

Die Rede von Königin Margrethe

Sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrte Frau Elke Büdenbender,

Es ist mir eine Freude, wieder zum Staatsbesuch in der Bundesrepublik Deutschland zu sein und diesmal in Berlin. Dieser Besuch war schon seit Längerem geplant, musste aber wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. Umso erfreulicher ist es, dass er nun stattfinden kann.

Ich habe auch die Freude, dass Kronprinz Frederik an diesem Besuch teilnimmt. Wir beide sind schon länger voller Vorfreude auf das umfassende und vielfältige Programm, das für unsere Tage in der Bundesrepublik zusammengestellt worden ist.

Herr Bundespräsident, Deutschland hat seit vielen hundert Jahren eine ganz zentrale Rolle für Dänemark, für die Geschichte Dänemarks und für seine Entwicklung gespielt. Nicht alles war immer so harmonisch, wie es heute ist. Ich selbst gehöre zu einer der Generationen, die aufgewachsen sind, als die Beziehung zwischen Dänemark und Deutschland sehr schwierig und mit einer gewissen Skepsis behaftet war. Das ist heute zum Glück ganz anders.

Vor wenigen Monaten waren Sie, Herr Bundespräsident, selbst vor Ort in Nordschleswig, um an die Grenzziehung im Jahr 1920 zu erinnern. Dieser Besuch unterstrich erneut die guten Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern und die engen Bande, die die Bevölkerungen in der Grenzregion verknüpfen. Heute können wir mit Freude feststellen, dass die Grenze keine Begrenzung mehr ist, sondern eine lebendige Brücke.

Diese Entwicklung nahm ihren Anfang mit den Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955; ein Meilenstein in der Entwicklung der engen Beziehungen zwischen Dänemark und Deutschland. Unsere beiden Länder sind heute tief in der europäischen Wertegemeinschaft verankert. Die gemeinsamen Werte – ein tief verwurzeltes Demokratieverständnis – bilden heute die Grundpfeiler der dänisch-deutschen Beziehungen und werden auch in der Zukunft das Fundament für unsere enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit bilden.

Im Jahr 2020 konnten wir das Deutsch-Dänische Kulturelle Freundschaftsjahr mit einer langen Reihe von Veranstaltungen feiern, die trotz der Corona-Pandemie die breiten und tiefen kulturellen Verbindungen zwischen unseren Ländern zeigten. Nicht zuletzt Berlin ist zu einem Magneten geworden, der viele Dänen in die deutsche Hauptstadt lockt, um hier Kunst und Kultur oder vielfältige Ausbildungsmöglichkeiten zu genießen.

Seit vielen Generationen überqueren Fähren die Ostsee. Und ebenso lange haben sie Tausende von Dänen und Deutschen zur anderen Seite befördert, wenn sie dort zu tun hatten. Jetzt stehen wir vor einer entscheidenden Erneuerung, nämlich der festen Verbindung über den Fehmarnbelt. Das ist ein beeindruckendes Projekt, das nicht nur für unsere beiden Länder, sondern für das gesamte europäische Verkehrsnetz von entscheidender Bedeutung sein wird.

Dies steht in wunderbarer Weise im Einklang mit der Freundschaftserklärung, die die Außenminister Dänemarks und Deutschlands Anfang des Jahres unterzeichnet haben.

Insgesamt ist Deutschland einer der wichtigsten Märkte für viele dänische Unternehmen. Die geografischen Entfernungen sind gering, und die Wünsche der Verbraucher in beiden Ländern sind ähnlich, so dass das Potenzial für eine verstärkte Zusammenarbeit weiterhin groß ist. So ist es nur natürlich, dass der Besuch hier in Deutschland auch den Rahmen bildet für Diskussionen und Erfahrungsaustausch auf hohem Niveau, zum Beispiel in den Bereichen Gesundheit, Energie und Lebensmittel - Bereiche, die Dänemark sehr interessieren und in denen wir glauben, dass wir etwas zu bieten haben. Dass diese Ansicht von der dänischen Wirtschaft geteilt wird, zeigt die große Zahl von Vertretern dänischer Unternehmen, die an der Delegation teilnehmen, die in diesen Tagen Deutschland besucht.

Die kulturelle Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern und der deutsch-dänische Kulturaustausch haben tiefe Wurzeln in der Geschichte. Dänische Musiker, Schriftsteller und Künstler sind seit dem 19. Jahrhundert nach Deutschland aufgebrochen, um sich dort inspirieren zu lassen und ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Das geschieht auch heute noch, und ich freue mich darauf, in den kommenden Tagen einen kleinen Einblick in das lebendige Kulturleben zu bekommen, das für viele Dänen immer noch so anziehend und bereichernd ist. Ich freue mich darauf, dies sowohl hier in Berlin als auch später bei meinem Besuch in München in Bayern zu erleben.

Mit einem herzlichen Dank für den warmen Empfang, der dem Kronprinzen und mir heute zuteilgeworden ist, und für das reichhaltige Programm, das für diese Tage zusammengestellt wurde, möchte ich von Herzen wünschen, dass die guten und vertrauensvollen Beziehungen zwischen unseren beiden Völkern und Nationen bestehen bleiben und sich weiter entwickeln mögen.

Mit diesem Wunsch erhebe ich mein Glas auf den deutschen Bundespräsidenten und Frau Elke Büdenbender.

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