Diese Woche in Kopenhagen

„Ist der Farbfilm gerissen?“

Ist der Farbfilm gerissen?

Ist der Farbfilm gerissen?

Kopenhagen
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Warum hat Mette Frederiksen eine Pressekonferenz abgehalten? Fährt Angela Merkel nach Hiddensee in den Urlaub? Und wieso heißen gewisse Wohnviertel nun „Parallelgesellschaften“? All diese Fragen beantwortet Walter Turnowsky nicht in seiner Kolumne.

Manchmal darf man auch eine Pressekonferenz auslassen; zum Beispiel die von Mette Frederiksen (Soz.) am Mittwoch dieser Woche.

Es war nicht zu erwarten, dass viel Neues kommen würde – und die Riege der Vertreterinnen und Vertreter der Behörden und Regierung hat die Erwartungen sogar noch übertroffen. Das einzig wirklich Neue war, dass bereits ungefähr ein Drittel der Zehn- und Elfjährigen (oder besser gesagt, ihre Eltern) bereits in den ersten vier Tagen das Angebot einer Impfung angenommen haben.

Diesmal keine erhobenen Zeigefinger Foto: Philip Davali/Ritzau Scanpix

Das ist ausgesprochen erfreulich, bedeutete jedoch für die Regie der Pressekonferenz, dass Mette diesmal sogar ihren erhobenen Zeigefinger stecken lassen musste. Denn bei den Impfungen der zunächst eingeladenen Altersgruppen haben wir die 90 Prozent erreicht. Das Interesse für die Booster-Impfungen ist so hoch, dass die Impfzentren kaum nachkommen.

Immerhin gab es dann das Versprechen der Staatsministerin, dass alle innerhalb einer Woche einen Termin buchen können sollen. Aber das versprach Gesundheitsminister Magnus Heunicke (Soz.) auch bereits in der Woche zuvor.

Kanonen und Experten 

In der Situation ist es auch kein Wunder, dass die Parteien quer durch die Bank, die in der EU diskutierte Impfpflicht, ablehnen. Es wäre auch der hinterletzte Schwachsinn, in einem Land, in dem die Impfbereitschaft der Bevölkerung so hoch ist. Das wäre nun wirklich mit Kanonen auf Spinner schießen.

Was man in Österreich und Deutschland – sollte die Impfpflicht auch dort kommen – damit in Bezug auf die Impfquoten erreichen wird, muss sich zeigen. Doch eines traue ich mich jetzt schon vorherzusagen: Die Anzahl der Menschen, die wissen, dass nur sie recht haben, und alle anderen mal wieder alles falsch verstanden haben, wird weiter rapide zunehmen – und hier meine ich nicht ausschließlich die Impfgegnerinnen und -gegner.

Endlich Urlaub für die Mutti

Aber zum Glück kann ich das ja mit Abstand betrachten.

Mit Abstand betrachtet habe ich auch den Großen Zapfenstreich und damit das Ende der Ära Merkel. Ob die bald Altkanzlerin danach erst einmal auf Hiddensee Urlaub machen wird, wissen wir nicht. Sollte sie es tun, kann sie es ja eventuell mit dem Handy dokumentieren, das bekanntlich immer in Farbe aufnehmen kann.

Großer Zapfenstreich für Angela Merkel Foto: Odd Andersen/AFP/Ritzau Scanpix

Die parallelen Ghettos

In heimischen Gefilden sind einige der Wohngebiete, die auch so etwas wie einen schwarz-weißen DDR-Charme versprühen, nun von „Ghettos“ in „Parallelgesellschaften“ umbenannt worden.  Wie Kollege Volker Heesch anmerkte, wäre ersterer Begriff in einem deutschen Zusammenhang undenkbar. Und auch in Dänemark zeugt er von einem gewissen historischen Analphabetismus.

Ob das die Ursache für die Umbenennung war, ist fraglich. Vielleicht ging es eher darum, dass die „Ghettoliste“ von einer bürgerlichen Regierung eingeführt wurde, und jetzt musste ein sozialdemokratischerer Begriff her.

Vor Ort wird die Bezeichnung kaum einen Unterschied machen. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass ein sozial schwaches Wohngebiet mit 1.000 Einwohnern eine Parallelgesellschaft ausmacht; zieht einer oder eine aus, dann nicht mehr.

Und die parallele Burg

Solche Namen und Klassifizierungen sind eben in einer mir vom Berufsalltag gut bekannten anderen Parallelgesellschaft erfunden worden: der Schlossinsel im Zentrum von Kopenhagen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass auf Christiansborg alles jenseits des Machtzentrums als Parallelgesellschaft gesehen wird.

Da kann schon einmal der Gedanke entstehen, ein neuer Name löse soziale Probleme, oder es sei wichtig, eine Pressekonferenz einzuberufen, obwohl man nichts zu erzählen hat.

Zum Glück kehrt Mette Frederiksen nach vollbrachter Konferenz wieder in die wirkliche Welt zurück und kocht sich eine Reisgrütze, wie sie auf Facebook dokumentiert – natürlich in Farbe.

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