100 Jahre Grenzziehung

Jubiläumsjahr 2020: Grenzschließung soll thematisiert werden

Jubiläumsjahr 2020: Grenzschließung soll thematisiert werden

Jubiläumsjahr 2020: Grenzschließung soll thematisiert werden

Apenrade/Aabenraa
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8. Januar 2020: Simon Faber stellt das 2020-Programm im Kopenhagener Konzerthaus vor. Foto: Ida Guldbæk Arentsen/Ritzau Scanpix

Das Coronavirus hat den Feierlichkeiten zu 100 Jahren Grenzziehung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Diese „unerwartete Erfahrung“ soll im Rahmen des Programms aufgearbeitet werden, sagt Projektleiter Simon Faber.

Mit hunderten von Veranstaltungen in ganz Dänemark, im Grenzland und auf deutscher Seite sollte das Jubiläumsjahr 2020 gefeiert werden. Nach nur wenigen Wochen von 100 Jahren „Wiedervereinigung“ (genforeningen), standen und stehen viele der Projekte wegen der Corona-Pandemie auf der Kippe, wurden und werden verschoben oder ganz abgesagt.

Und mitten in den Feierlichkeiten wurde Mitte März die Grenze zwischen Nord- und Südschleswig in beide Richtungen geschlossen.

Corona-Krise: Unterschiede sollen einfließen

Für Projektleiter Simon Faber hat das nicht nur Auswirkungen auf den Terminkalender. In kommenden und nachzuholenden Projekten werde auch die Grenzschließung selbst zum Thema werden, schreibt er in einer Stellungnahme an den „Nordschleswiger“.

„Es ist bemerkenswert, dass exakt 100 Jahre nach den Abstimmungen in Flensburg und der übrigen 2. Zone am 14. März eine Corona-bedingte Grenzschließung eingeführt wurde“, so Faber.

„Derzeit ist offen, wie lange und in welcher Form die Einschränkungen im Grenzverkehr bestehen werden, die auch viele der geplanten Veranstaltungen konkret betreffen. Diese unerwartete Erfahrung im Frühjahr 2020 sowie auch die in der Krise deutlich gewordenen unterschiedlichen strukturellen und kulturellen Merkmale beider Staaten (Föderalismus vs. Einheitlichkeit, Stellenwert des Singens und der Monarchie in DK, Einschnitt in die Globalisierung, innereuropäische Spannungen) werden zweifelsohne in die Reflexionen, Vorträge, Reden und Wahrnehmung der nachzuholenden Veranstaltungen einfließen“, schreibt der in Flensburg gebürtige Apenrader.

„Die Koordinierung mit der bundesdeutschen und schleswig-holsteinischen Seite zu den zentralen Festen sowie die Einbindung beider Minderheiten bleibt natürlich bestehen“, versichert er indes.

Faber bleibt bis Juni 2021

Und auch Fabers Position als Projektleiter bleibt länger bestehen als zunächst geplant. Er und eine Sekretariatsmitarbeiterin werden bis Juni 2021 weiterbeschäftigt, das hat das Präsidium von „Genforeningen 2020“ jüngst beschlossen.

„Das Präsidium hat in Abstimmung mit dem Kulturministerium entschieden, den offiziellen Rahmen für die Feierlichkeiten zu erweitern, um angesichts der Corona-Krise möglichst vielen Veranstaltern die Möglichkeit zu geben, abgesagte Veranstaltungen nachzuholen“, so Faber.  

„Neben einer Saisonverlängerung bis einschließlich November 2020 wird ein zusätzliches Programmfenster vom 1. Mai bis Mitte Juni 2021 eingerichtet, das mit dem verschobenen Besuch der Königin seinen Abschluss und Höhepunkt findet. Zur Umsetzung dieser Neuplanung wurde auch die Arbeitsphase des Sekretariats bis zum Sommer 2021 verlängert. Ziel ist es, wie im ursprünglichen Programm, auch in dem erweiterten Rahmen eine Bündelung, Koordinierung und Profilierung der Feierlichkeiten in Form eines landesweiten Gesamtprogramms anzustreben.“

Absagen
„Aflyst“ und „Ændret“ – abgesagt und verschoben: Das 2020-Programm ist durch die Corona-Krise schwer durcheinander geraten. (Bildschirmfoto) Foto: genforeningen2020.dk

Sekretariat muss vieles neu planen

Ursprünglich war die Programmplanung Ende 2019 abgeschlossen, mit mehr als 1.000 Veranstaltungen in Dänemark. 300 Veranstaltungen seien bis Mitte März „mit hohem Publikumsinteresse abgewickelt“ worden, so Faber.

Seine Arbeit und die des Sekretariates geht „jetzt quasi also einen Arbeitsschritt zurück“, wenn nicht laufend begleitet, profiliert und koordiniert, sondern wieder neu geplant werden muss.

Die neuen Perioden bis November 2020 und im Frühsommer 2021 sind bereits im online ausschließlich auf Dänisch vorliegenden Veranstaltungskalender unter genforeningen2020.dk eingerichtet, es werde laufend aktualisiert.

Das Beste aus der Situation machen

Doch nicht alle Veranstaltungen können  verschoben werden, vielfach brechen einkalkulierte Einnahmen weg, wird ehrenamtlicher Einsatz nicht durch ein Erfolgserlebnis belohnt.

„In der Tat haben die notwendig gewordenen Absagen für viele Veranstalter negative finanzielle Auswirkungen, und nachvollziehbare Frustration darüber, dass mehrjährige intensive Vorbereitungen nicht eingelöst werden können. Leider müssen einige besondere Veranstaltungen als unwiederbringlich verloren eingestuft werden. Doch nach meinem Eindruck geht ein großer Teil der ehrenamtlichen und institutionellen Veranstalter damit gefasst und konstruktiv um“, so Faber.

„Viele versuchen, durch Verschiebung und Änderung das Beste aus den weit fortgeschrittenen Veranstaltungskonzepten zu machen. Positive Signale gibt es erfreulicherweise von den kommunalen, regionalen und nationalen Fördermittelgebern sowie von den beteiligten Stiftungen, die Fördermittel trotz der Änderungen beizubehalten. Ich bin daher zuversichtlich, dass viele Konzerte, Freiluftveranstaltungen und Ausstellungen sich neu aufstellen können und das Jubiläum wieder Fahrt aufnehmen kann“, schließt er.

  

 

Jubiläumsjahr 2020

Im Jahr 2020 jährt sich der Anschluss Nordschleswigs an Dänemark zum 100. Mal. In Dänemark wird dies als „Wiedervereinigung“ (genforening) gefeiert, während die schleswig-holsteinische Seite zumeist von „100 Jahren Grenzziehung“ spricht.

Mit Festlegung der bis heute gültigen Grenze im Jahr 1920 jährt sich auch das Bestehen der deutschen Minderheit in Dänemark und der dänischen Minderheit in Deutschland zum 100. Mal.

Organisiert werden die Feierlichkeiten an zwei zentralen Stellen.

Unter dem Titel „Genforeningen 2020“ laufen die Fäden für die überwiegend regionalen und dänischen Aktionen im eigens dazu eingerichteten Sekretariat in Apenrade/Aabenraa bei Projektleiter Simon Faber zusammen.

Zudem organisieren die dänische Schloss- und Kulturbehörde, die dänische Botschaft in Deutschland und die Deutsche Botschaft in Dänemark sowie das Goethe-Institut grenzüberschreitend das „Deutsch-Dänische Kulturelle Freundschaftsjahr“ mit ebenfalls zahlreichen Veranstaltungen.

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