Leitartikel

„Vertrauen besser als Image“

Vertrauen besser als Image

Vertrauen besser als Image

Nordschleswig/Kopenhagen
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Ein großer Teil der dänischen Bevölkerung traut grundsätzlich den eigenen Medien, glaubt aber auch, dass einige mit gezinkten Karten spielen. Das ist eine Herausforderung für die Medienbranche, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Journalisten sind es gewohnt, dass sie sich bei Image-Studien und wenn es um die Glaubwürdigkeit verschiedener Berufsgruppen geht, am Tabellenende nur knapp vor Gebrauchtwagenhändlern und Politikern wiederfinden.

Daher stellen die Ergebnisse der neuesten Studie des dänischen Kulturministeriums (Medietillid, fake news og fakta-tjek / Medienvertrauen, Fake News und Fakten) für einige eine Überraschung dar, nämlich die Angabe, dass 66 Prozent der dänischen Bevölkerung ihren Nachrichtenquellen vertrauen, und dass falsche Nachrichten Fehlern geschuldet sind – und nicht böser Absicht.

Das deckt sich auch mit unseren Erfahrungen beim „Nordschleswiger“: Wir haben grundlegend das Vertrauen unserer Leserinnen und Leser, aber sie sind durchaus auch kritisch und kommentieren unsere Berichterstattung – übrigens noch intensiver als früher.

Das Vertrauen scheint also besser als das Image der Branche zu sein. Das ist die positive Nachricht der Studie, bei der über 2.000 Personen befragt worden sind.

Gleichzeitig gibt es in der Bevölkerung allerdings auch eine große Gruppe, die der Meinung ist, dass es Medien gibt, die absichtlich falsche Nachrichten bringen. So glauben 60 Prozent der Befragten, es gebe Fake News, die von Medien bewusst platziert werden.

Dazu sagt Professor David Budtz Pedersen vom Institut für Psychologie und Kommunikation an der Universität Aalborg, dass es wichtig sei, dass man zwischen Fehlern und bewusst platzierten Lügen unterscheiden müsse.

Gegenüber der Zeitung „Jyllands-Posten“ sagt er außerdem, dass es eine Gruppe von Mediennutzern gibt, die Nachrichten als Fake News deklarieren, wenn sie mit den Schlussfolgerungen oder Grundlagen eines Artikels nicht übereinstimmen.

Man merkt es jeden Tag in den sozialen Medien: Die Nuancen sind in vielen Diskussionen verschwunden. Es gibt entweder ein Schwarz oder ein Weiß, aber keine Wahrheit dazwischen. Genau in diesem Spannungsfeld spielen die Medien eine wichtige Rolle, und natürlich müssen auch wir uns selbstkritisch die Frage stellen, ob wir manchmal zu einseitig berichten, und auch beide Seiten haben zu Worte kommen lassen.

Das klappt in der Medienlandschaft nicht überall und nicht immer optimal. In solchen Fällen gibt es berechtigte Kritik, aber von Fake News – bewusster, lügnerischer Täuschung – kann nicht die Rede sein.

Der Vorwurf der falschen Nachrichten kommt immer öfter aus den Randgruppen, die sich selber genau dieser Instrumente bedienen, um mit erfundenen Geschichten, Gerüchten und zweifelhaften Quellen ihre Wirklichkeit zu gestalten. Oder einfach, indem sie die traditionellen Medien infrage stellen.

Interessant ist dabei, dass die Daten für diese Studie 2019 eingesammelt worden sind – also vor der Corona-Pandemie. Es ist zu befürchten, dass die Gräben zwischen der einen und der anderen Seite während der Pandemie noch größer geworden sind.

Das bedeutet, dass wir Medien in unserer Recherche noch gründlicher arbeiten, dass wir unsere Geschichten deklarieren und auch transparent vorweisen müssen, wie wir unsere Arbeit gemacht haben.

Ob das allerdings als Überzeugungsmaßnahme reicht, oder wir wieder nur unseren Anhängern zuspielen, bleibt offen. Es kommt darauf an, ob man daran interessiert ist, einen Blick aus dem eigenen Graben zu wagen.

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