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Nordschleswig: Jugend will Euro nicht und bezahlt digital

Nordschleswig: Jugend will Euro nicht und bezahlt digital

Nordschleswig: Jugend will Euro nicht und bezahlt digital

Apenrade/Sonderburg
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Jugendliche
Die Jugendlichen in Nordschleswig verhalten sich beim Bezahlen ganz anders als die Jugendlichen in Südschleswig – und sie denken anders über die Währung, mit der sie bezahlen. (Symbolfoto) Foto: Papaioannou Kostas/Unsplash

Bargeld ist in Dänemark fast so selten wie Briefkästen – die Jugend südlich der Grenze zahlt derweil auch heute noch mit Münzen und Scheinen. Auch in der Euro-Frage sind die Unterschiede überraschend groß, sagt der Verfasser einer wissenschaftlichen Arbeit zum Thema.

Beim Thema Geld gibt es eine spürbare Grenze zwischen Jugendlichen in Nord- und Südschleswig: Die 16- bis 21-Jährigen auf der dänischen Seite der Grenze zahlen in überwältigender Mehrheit digital, die Jugend in Deutschland zahlt noch vorwiegend bar. Und während die Südschleswiger den Euro schätzen, wollen die Nordschleswiger an der Krone festhalten.

Zu diesem Schluss kommt Bjarne Astor in seiner nun vorgelegten Bachelorarbeit im Fach Europastudien an der Süddänischen Universität, für die er 473 Oberstufenschüler in der Grenzregion befragt hat.

Bargeld in Dänemark nur an dritter Stelle

„Überrascht hat mich die Deutlichkeit der Bedeutungslosigkeit des Bargelds“, sagt er im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ über die Jugend auf der dänischen Seite der Grenze. Zwar lebt der Eckernförder Astor bereits seit vier Jahren in Dänemark, und just die Beobachtung, dass hierzulande anders bezahlt wird, habe ihn unter anderem zum Thema seiner Arbeit inspiriert. Doch das Ausmaß des Unterschiedes sei doch erstaunlich.

Seiner für die befragte Gruppe repräsentativen Umfrage zufolge bevorzugen 88 Prozent der Gymnasiasten in Sonderburg, Apenrade und Hadersleben die Kartenzahlung, gefolgt vom Bezahlen mit dem Smartphone. Das Bargeld folgt erst an dritter Stelle.

Auf deutscher Seite, an Gymnasien in Flensburg, Schleswig und Eckernförde, nutzen 81 Prozent der im Schnitt 18-Jährigen noch Bargeld als bevorzugtes Zahlungsmittel.

In Nordschleswig nutzen die jungen Menschen „die Karte oder das Mobiltelefon als Backup. Sie haben gar kein Portemonnaie mehr, sondern nur die Kreditkarte in der Handyhülle“, so der 22-jährige Astor.

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Bezahlen mit dem Smartphone: Unter Nordschleswigs Jugendlichten beliebter als Bargeld. Foto: Frank May/Picture Alliance/Ritzau Scanpix

 

Der Euro interessiert die Jugendlichen in Nordschleswig nicht

Ein weiteres Ergebnis seiner Untersuchung fiel für ihn überraschend deutlich aus. Die Jugendlichen auf der dänischen Seite sind kaum an einem Beitritt Dänemarks zur Eurozone interessiert.

„Man hätte in der Grenzregion größere Sympathien für den Euro erwarten können, so ist es aber nicht. Das muss aber nicht unbedingt eine Ablehnung des Euro sein – es ist eher eine Befürwortung der eigenen Währung“, sagt Astor. Als Assoziationen zur Währung seien von dänischen Jugendlichen häufig „nationale Souveränität“ und „Kultur des Landes“ genannt worden.

Derweil betonen die in Deutschland lebenden Gymnasiasten just die Internationalität des Euros in der Befragung als einen wichtigen Vorzug.

„Beide Währungen sind Symbole, stehen aber für etwas Unterschiedliches“ sagt Astor.

Historiker: Kein dänischer Drang hin zum Euro

Der Historiker Steen Bo Frandsen, Leiter des Centers für Grenzregionsforschung, hat die Bachelorarbeit Astors betreut und sieht just in der Symbolik einen entscheidenden Punkt. „Die Dänen haben gerne Symbole. Das sieht man ja auch bei den Grenzkontrollen oder bei der Wiedervereinigung“, sagt er.

Dass sich die Jugend so wenig für den Euro begeistern kann, sieht er im größeren Zusammenhang des „Problems, dass Dänemark mit Europa hat.“ Und auch fehlender Druck spiele eine Rolle. „Es gibt keinen besonderen Drang in Dänemark hin zum Euro, weil die Krone an den Euro gebunden ist“, sagt der Professor. Durch den festen Wechselkurs und „weil die Dänen sowieso mit der Karte bezahlen“, gebe es für sie keinen Anreiz, zum Euro zu wechseln.

Für Astor wäre es nun „sehr interessant in einigen Jahren eine Vergleichsstudie zu machen“. Auch in Bezug darauf, ob pro- oder antieuropäische Strömungen einen Einfluss auf das Verhältnis der Jugendlichen zur Währung haben.

 

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