Befreiung von Putins Gas

Experte: LNG ist nicht die Lösung

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Kopenhagen
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Ein Schiff löscht Flüssiggas im Hafen von Rotterdam. Foto: Sem Van Der Wal/Ritzau Scanpix

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Deutschland will, um von Putins Gas loszukommen, in Terminals für Flüssiggas (LNG) investieren. Doch damit würde man Geld an der falschen Stelle ausgeben, meint der Direktor des Rates für Grüne Umstellung in Dänemark. Energieeinsparungen würden mehr bringen.

Flüssiggas (LNG) sei der falsche Weg, um von Putins Gas loszukommen. So lautet die Analyse in einem „Grünbuch“ für ein nachhaltiges Energiesystem, das die Denkfabrik „Mandagmorgen“ herausgegen hat. Man würde sein Energiesystem dadurch auf Jahre hinaus an eine überkommene Technologie binden.

„Mit LNG investieren wir in die Vergangenheit. Ich halte das aus Klima-Gründen für ausgesprochen gefährlich und sehe es als ein großes Problem“, sagt der Hauptautor des „Grünbuches“, Bjarke Møller, der Direktor des Rates für Grüne Umstellung (Rådet for grøn Omstilling) ist.

Bundesregierung beschließt weitere Standorte

Die deutsche Bundesregierung hat am Mittwoch über zwei weitere Standorte für schwimmende LNG-Terminals entschieden: Stade und Lubmin. Damit stehen nach Wilhelmshaven und Brunsbüttel jetzt vier Standorte fest.

„Wir müssen innerhalb kürzester Zeit eine neue Infrastruktur aufbauen, um russisches Gas so schnell es geht ersetzen zu können“, sagte der deutsche Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck (Grüne) laut „dpa“.

Experte befürchtet fossile Zwickmühle

Laut „Grünbuch“ würde man jedoch auf diese Weise das Geld an der falschen Stelle ausgeben.

„Es dauert zwei bis drei Jahre, neue Terminals zu bauen, die sehr teuer sind. Danach dauert es 20 bis 30 Jahre, bis sich die Investition amortisiert hat“, heißt es in der Studie.

Der EU drohe daher ein „fossiler Lock-in“, also dass man sich auf Jahre hinaus aufgrund der teuren Investitionen an fossile Energieinfrastrukturen binden würde.

„Eine Reihe von Ländern reagiert jetzt in Panik mit Notlösungen. Ich habe Verständnis dafür, dass man zwischenzeitlich Kohlekraftwerke wieder hochfahren möchte. Doch wir warnen ausdrücklich vor Investitionen in LNG“, so Møller gegenüber dem „Nordschleswiger“.

Beschleunigtes Verfahren

Die Bundesregierung setzt auf schwimmende Terminals, also auf Schiffe. Die ersten beiden Schiffe sollen laut „dpa“ in Brunsbüttel und Wilhelmshaven zum Jahreswechsel eingesetzt werden. Das in Stade spätestens Ende kommenden Jahres, in Lubmin frühestens Ende kommenden Jahres.

Die Koalition hat ein Gesetz beschlossen, das ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren für LNG-Terminals ermöglicht. Das müsse jetzt vor Ort umgesetzt werden, so Habeck.

„Es ist deutlich, dass sich alle dahinterklemmen, damit es so schnell wie möglich vorangeht. Dass es nicht einfach ist, ist klar. Es sind viele Dinge gleichzeitig zu bewerkstelligen und Hürden zu nehmen. Letztlich müssen wir ein Tempo vorlegen, das es so in Deutschland noch nicht gab“, sagt der Grüne Minister.

„Energieeffizienz rechnet sich“

Møller dagegen meint, das Geld könne sinnvoller für Energieeinsparungen eingesetzt werden.

„Der Ausbau der LNG-Infrastruktur in der EU dauert zu lange. Bei Investitionen in bessere Energieeffizienz bekommen wir mehr für unser Geld“, lautet die Einschätzung des Experten für grüne Umstellung.

Das Problem Fracking

Der Einsatz gegen den Klimawandel könne nämlich nicht auf ein Ende des Krieges in der Ukraine warten. Dabei weist Møller auf ein weiteres Problem bei der Nutzung von LNG hin. Ein Teil des Flüssiggases wird in den USA durch Fracking gewonnen. Dadurch werden 40 bis 60 Prozent mehr Methan freigesetzt als bei der herkömmlichen Gewinnung von Erdgas. Methan ist ein noch deutlich potenteres Klimagas als CO₂.

„Wir würden uns auf diese Art selbst in den Fuß schießen. Investitionen in Energieeffizienz, Sonne und Wind sind deutlich schlauere Investitionen.“

Das deutsche Fraunhofer-Institut hat errechnet, dass Einsparungen von 20 bis 21 Prozent innerhalb der EU gewinnbringend wären. Das würde fast das gesamte russische Gas ersetzen.

Die Energie-Denkfabrik Ember hat errechnet, dass sich sämtliche EU-Länder von russischem Gas unabhängig machen können, indem sie massiv in Energieeinsparungen und regenerative Energie investieren – ohne LNG.

 

 

 

 

 

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