Haberslund wählt

Hygge pur beim Wahlakt

Hygge pur beim Wahlakt

Hygge pur beim Wahlakt

Haberslund/Hovslund
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Einem Wähler wird der Stimmzettel überreicht.
Im Haberslunder Wahllokal läuft alles familiär und gemütlich, aber dennoch ordnungsgemäß und vorschriftsmäßig ab. Foto: Karin Riggelsen

Ob rot und blau – in Haberslund zieht man alle durch den Kakao: In Apenrades kleinster Wahlstelle ist bei aller Ernsthaftigkeit auch ganz viel Platz für gegenseitige Frotzeleien. Eine Wette unter den Wahlverantwortlichen gibt dem Zehn-Stunden-Tag zusätzliche Würze.

Seine Feuertaufe als Wahlstellenleiter hatte Jonas Haase kürzlich bei den Europaparlamentswahlen. Der Apenrader Stadtratsabgeordnete ist mit seinen 19 Jahren womöglich auch Dänemarks jüngster Wahlstellenleiter. Zumindest ist er  der jüngste in der Kommune Apenrade. Bei den Folketingswahlen am Mittwoch ist die Turnhalle von Hovslund Børneunivers in Haberslund – eine Kombination aus Kindertagesstätte und Grundschule – zum zweiten Mal sein „Hoheitsgebiet“.

 

Ein Mann in einem gestreiften T-Shirt geht die Stufen zum Wahllokal in Haberslund hinauf.
Die Turnhalle der Einrichtung „Hovslund Børneunivers" wird regelmäßig als Wahllokal zweckentfremdet. Foto: Karin Riggelsen

„Er hat seine Sache bei den Europaparlamentswahlen sehr gut gemacht“, bestätigen ihm seine „Untergebenen“, Robert Meinertz Andersen und Martin Ugilt Thomsen. Sie haben deshalb vollstes Vertrauen, dass der junge Mann auch diesmal die Sache im Griff haben wird.

Drei Menschen sind auf dem Foto zu sehen: der junge Wahlstellenleiter Jonas Haase, die ebenfalls junge Wahlsekretärin Stine Leiberg und der erfahrene Wahlhelfer Robert Meinertz Andersen.
Jonas Haase (l.) ist mit seinen 19 Jahren der jüngste Wahlstellenleiter in der Kommune Apenrade. Er gab sein Debüt vor zehn Tagen bei der Europaparlamentswahl. Auch für die kommunale Verwaltungsangestellte Stine Leiberg sind die Folketingswahlen erst ihr zweiter Einsatz als Wahlsekretärin. Ganz viel Erfahrung in Sachen Wahlhelfer hat dagegen Robert Meinertz Andersen. Foto: Karin Riggelsen

Alter Wahl-Ha(a)se

Die erste kleine Hürde meisterte er mit Bravour. Als er um 8 Uhr die Wahl in Haberslund mit einer kleinen Ansprache offiziell eröffnen wollte, schrillte die Schulklingel. „Wir hatten diesmal versäumt, das Pausenklingeln abzustellen“, gesteht Meinertz Andersen. „Es hat ihn zwar kurzzeitig irritiert“, fügt er hinzu. „Jonas hat aber schnell wieder den Faden wiedergefunden und souverän die Wahl eröffnet“, lobt Martin Ugilt Thomsen mit Augenzwinkern.

Mit anderen Worten: Der 19-Jährige ist gewissermaßen als Wahlstellenleiter schon ein alter Ha(a)se. – Dieses abgedroschene Wortspiel sei diesmal erlaubt. Es spiegelt nämlich den Ton im Haberslunder Wahllokal wider. Bei aller Ernsthaftigkeit neckt man sich nämlich gegenseitig. Keine Gelegenheit wird da ausgelassen, und jeder bekommt sein Fett weg.

Ein junger Vater mit seiner kleinen Tochter an der linken Hand nimmt in seiner rechten Hand von Robert Meinertz Andersen seinen Stimmzettel geben.
Das kleine Mädchen hat den Blumenstrauß im Garten des Großvaters gepflückt, bevor sie ihren Vater ins Haberslunder Wahllokal begleitet. Ganz geheuer sind ihr die fremden Menschen in der Turnhalle nicht. Man beachte übrigens das Schild auf dem Wahltisch mit der Aufschrift: „Freie Tischwahl“. In Haberslund gibt es nur einen Wahltisch, dennoch muss das Schild angebracht werden. So verlangt es die Vorschrift. Foto: Karin Riggelsen

Freie Wahltischwahl

Sobald ein Wähler das Wahllokal betritt, kehrt aber die Ernsthaftigkeit bei Wahlstellenleitung und -helfern ein. Jonas und seine Helfer walten ihres Amtes. Martin Ugilt an Wahltisch 1 – auch wenn mehrere Schilder propagieren, dass die Wahltischwahl frei ist, so gibt es in Haberslund nur diesen einen Tisch, der auch ordnungsgemäß als Wahltisch Nummer eins ausgewiesen ist – nimmt die Wahlkarte entgegen, scannt den Strichcode und lässt sich vom Wähler das Geburtsdatum bestätigen, bevor Meinertz Andersen den Stimmzettel aushändigt. Dann übernimmt Alf Ingfeldt.  Er weist dem Wähler eine der beiden Stimmboxen zu, während Thomas Bjerg Ørum überwacht, dass der Wähler seinen Wahlzettel in die Wahlurne steckt. – Im Laufe des Tages werden die Positionen gewechselt. Jeder kommt mal dran.

Jens Knudsen steckt seinen Wahlzettel in den Schlitz der Wahlurne.
Nicht alle können am 16. November ihre Stimme abgeben. Sie können das schon vorher erledigen. Foto: Karin Riggelsen

Die Jüngsten überwachen den Wahlvorgang

Der ganze Prozess wird von Jonas Haase überwacht. Ihm steht die kommunale Verwaltungsmitarbeiterin Stine Leiberg als Sekretärin zur Seite.  Sie ist genau wie der Wahlstellenleiter Jonas Haase erst zum zweiten Mal Sekretärin in einem Wahllokal. Auch sie hatte ihre Feuertaufe bei der EU-Wahl zehn Tage zuvor. „Es ist bestimmt ein Vorteil, sein Debüt in Haberslund zu geben“, sagen sie unisono. „Hier ist es beschaulich, und wir haben es nett miteinander“, fügen sie übereinstimmend hinzu. Sie sind die „Küken“ im Wahllokal. Die anderen sind zum Teil mehr als doppelt und im Fall von Jonas sogar dreimal so alt. „Er ist übrigens nicht nur der Jüngste; er ist auch der Einzige aus dem ,roten Block‘“, bemerkt Meinertz Andersen. Er selbst ist für die Dänische Volkspartei als Wahlhelfer abkommandiert.

Haberslund ist tatsächlich mit 631 Stimmberechtigten das kleinste aller 18 Wahllokale in der Kommune Apenrade. Zumindest ist es in diesem Jahr das kleinste. „Ähnlich klein sind Hellewatt und Rapstedt“, sagt Jonas Haase. Hellewatt hat in diesem Jahr 647 Stimmberechtigte und in Rapstedt sogar 663. In der gesamten Kommune Apenrade sind übrigens 42.395 Bürger bei den Folketingswahlen stimmberechtigt.

Der junge Schmiedegeselle Jesper Lassen kann in diesem Jahr zum ersten Mal an einer Folketingswahl teilnehmen, während seine Schwester Jeanet Lassen schon auf mehrere Wahlen zurückblicken kann. „Wir haben in jüngster Zeit ziemlich viele politische Diskussionen geführt. Wir sind uns politisch nicht einig. Meine Schwester ist Erzieherin", sagt Jesper Lassen augenzwinkernd. Foto: Karin Riggelsen

Ein kleines Tippspiel am Rande

„Die Wahlbeteiligung in Haberslund ist generell hoch.  Bei der letzten Folketingswahl lag sie bei 86 Prozent“, berichtet Stine Leiberg.  Ein kleines Tippspiel unter den Wahloffiziellen gibt dem langen Tag in der Turnhalle zusätzlich Würze. Alle haben ihren Tipp abgegeben, wie hoch die Wahlbeteiligung in Haberslund sein wird. Am optimistischten ist die Wahlsekretärin Leiberg. Sie glaubt, dass 90,2 Prozent der Haberslunder in diesem Jahr von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Robert Meinertz Andersen ist da skeptischer. Sein Tipp lautet 75,7 Prozent. –  Bei den EU-Wahlen vor zehn Tagen kam der Tipp von Alf Ingfeldt dem tatsächlichen Ergebnis von 66,83 Prozent am nächsten. Allerdings geht es bei der Wette um nichts – weder um Geld noch um Kuchen. Allerdings ist unter den Wahloffiziellen in Haberslund das Recht der Häme nicht zu verachten …

Alf Ingfeldt zieht den Vorhang der Abstimmungskabine zu.
Alf Ingfeldt zieht den Vorhang der Wahlkabine ganz zu, um die geheime Wahl zu gewährleisten. Foto: Karin Riggelsen

Als Wahlstellenleiter muss Jonas Haase nicht nur die Wahl offiziell eröffnen und sich von dem ordnungsgemäßen Zustand des Wahllokals überzeugen, sondern erklärt um 20 Uhr auch die Wahl für beendet. „Und um 20.05 Uhr“, sagt er mit einem Augenzwinkern, „werden wir der Zentrale das Ergebnis mitteilen.“ Auch wenn die maximal 631 Stimmen schnell gezählt sind, so wird es dann doch wohl mehr als fünf Minuten dauern …

Die Haberslunder haben aber doch den Ehrgeiz, die Schnellsten zu sein.

 

Im Wahllokal ist ein Verzeichnis der zur Wahl stehenden Listen und Kandidaten ausgehängt.
Wer sich noch nicht entschieden hat, wem er seine Stimme geben will, kann sich in einem Aushang im Wahllokal noch einen Überblick der zur Wahl stehenden Parteien und Kandidaten verschaffen. Foto: Karin Riggelsen
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