Haberslund wählt
Hygge pur beim Wahlakt
Hygge pur beim Wahlakt
Hygge pur beim Wahlakt
Ob rot und blau – in Haberslund zieht man alle durch den Kakao: In Apenrades kleinster Wahlstelle ist bei aller Ernsthaftigkeit auch ganz viel Platz für gegenseitige Frotzeleien. Eine Wette unter den Wahlverantwortlichen gibt dem Zehn-Stunden-Tag zusätzliche Würze.
Seine Feuertaufe als Wahlstellenleiter hatte Jonas Haase kürzlich bei den Europaparlamentswahlen. Der Apenrader Stadtratsabgeordnete ist mit seinen 19 Jahren womöglich auch Dänemarks jüngster Wahlstellenleiter. Zumindest ist er der jüngste in der Kommune Apenrade. Bei den Folketingswahlen am Mittwoch ist die Turnhalle von Hovslund Børneunivers in Haberslund – eine Kombination aus Kindertagesstätte und Grundschule – zum zweiten Mal sein „Hoheitsgebiet“.
„Er hat seine Sache bei den Europaparlamentswahlen sehr gut gemacht“, bestätigen ihm seine „Untergebenen“, Robert Meinertz Andersen und Martin Ugilt Thomsen. Sie haben deshalb vollstes Vertrauen, dass der junge Mann auch diesmal die Sache im Griff haben wird.
Alter Wahl-Ha(a)se
Die erste kleine Hürde meisterte er mit Bravour. Als er um 8 Uhr die Wahl in Haberslund mit einer kleinen Ansprache offiziell eröffnen wollte, schrillte die Schulklingel. „Wir hatten diesmal versäumt, das Pausenklingeln abzustellen“, gesteht Meinertz Andersen. „Es hat ihn zwar kurzzeitig irritiert“, fügt er hinzu. „Jonas hat aber schnell wieder den Faden wiedergefunden und souverän die Wahl eröffnet“, lobt Martin Ugilt Thomsen mit Augenzwinkern.
Mit anderen Worten: Der 19-Jährige ist gewissermaßen als Wahlstellenleiter schon ein alter Ha(a)se. – Dieses abgedroschene Wortspiel sei diesmal erlaubt. Es spiegelt nämlich den Ton im Haberslunder Wahllokal wider. Bei aller Ernsthaftigkeit neckt man sich nämlich gegenseitig. Keine Gelegenheit wird da ausgelassen, und jeder bekommt sein Fett weg.
Freie Wahltischwahl
Sobald ein Wähler das Wahllokal betritt, kehrt aber die Ernsthaftigkeit bei Wahlstellenleitung und -helfern ein. Jonas und seine Helfer walten ihres Amtes. Martin Ugilt an Wahltisch 1 – auch wenn mehrere Schilder propagieren, dass die Wahltischwahl frei ist, so gibt es in Haberslund nur diesen einen Tisch, der auch ordnungsgemäß als Wahltisch Nummer eins ausgewiesen ist – nimmt die Wahlkarte entgegen, scannt den Strichcode und lässt sich vom Wähler das Geburtsdatum bestätigen, bevor Meinertz Andersen den Stimmzettel aushändigt. Dann übernimmt Alf Ingfeldt. Er weist dem Wähler eine der beiden Stimmboxen zu, während Thomas Bjerg Ørum überwacht, dass der Wähler seinen Wahlzettel in die Wahlurne steckt. – Im Laufe des Tages werden die Positionen gewechselt. Jeder kommt mal dran.
Die Jüngsten überwachen den Wahlvorgang
Der ganze Prozess wird von Jonas Haase überwacht. Ihm steht die kommunale Verwaltungsmitarbeiterin Stine Leiberg als Sekretärin zur Seite. Sie ist genau wie der Wahlstellenleiter Jonas Haase erst zum zweiten Mal Sekretärin in einem Wahllokal. Auch sie hatte ihre Feuertaufe bei der EU-Wahl zehn Tage zuvor. „Es ist bestimmt ein Vorteil, sein Debüt in Haberslund zu geben“, sagen sie unisono. „Hier ist es beschaulich, und wir haben es nett miteinander“, fügen sie übereinstimmend hinzu. Sie sind die „Küken“ im Wahllokal. Die anderen sind zum Teil mehr als doppelt und im Fall von Jonas sogar dreimal so alt. „Er ist übrigens nicht nur der Jüngste; er ist auch der Einzige aus dem ,roten Block‘“, bemerkt Meinertz Andersen. Er selbst ist für die Dänische Volkspartei als Wahlhelfer abkommandiert.
Haberslund ist tatsächlich mit 631 Stimmberechtigten das kleinste aller 18 Wahllokale in der Kommune Apenrade. Zumindest ist es in diesem Jahr das kleinste. „Ähnlich klein sind Hellewatt und Rapstedt“, sagt Jonas Haase. Hellewatt hat in diesem Jahr 647 Stimmberechtigte und in Rapstedt sogar 663. In der gesamten Kommune Apenrade sind übrigens 42.395 Bürger bei den Folketingswahlen stimmberechtigt.
Ein kleines Tippspiel am Rande
„Die Wahlbeteiligung in Haberslund ist generell hoch. Bei der letzten Folketingswahl lag sie bei 86 Prozent“, berichtet Stine Leiberg. Ein kleines Tippspiel unter den Wahloffiziellen gibt dem langen Tag in der Turnhalle zusätzlich Würze. Alle haben ihren Tipp abgegeben, wie hoch die Wahlbeteiligung in Haberslund sein wird. Am optimistischten ist die Wahlsekretärin Leiberg. Sie glaubt, dass 90,2 Prozent der Haberslunder in diesem Jahr von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Robert Meinertz Andersen ist da skeptischer. Sein Tipp lautet 75,7 Prozent. – Bei den EU-Wahlen vor zehn Tagen kam der Tipp von Alf Ingfeldt dem tatsächlichen Ergebnis von 66,83 Prozent am nächsten. Allerdings geht es bei der Wette um nichts – weder um Geld noch um Kuchen. Allerdings ist unter den Wahloffiziellen in Haberslund das Recht der Häme nicht zu verachten …
Als Wahlstellenleiter muss Jonas Haase nicht nur die Wahl offiziell eröffnen und sich von dem ordnungsgemäßen Zustand des Wahllokals überzeugen, sondern erklärt um 20 Uhr auch die Wahl für beendet. „Und um 20.05 Uhr“, sagt er mit einem Augenzwinkern, „werden wir der Zentrale das Ergebnis mitteilen.“ Auch wenn die maximal 631 Stimmen schnell gezählt sind, so wird es dann doch wohl mehr als fünf Minuten dauern …
Die Haberslunder haben aber doch den Ehrgeiz, die Schnellsten zu sein.