Nachruf

Calmar Nielsen in memoriam

Calmar Nielsen in memoriam

Calmar Nielsen in memoriam

Eckhard Bodenstein
Apenrade/Pattburg
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Calmar Nielsen hat im Laufe seiner langjährigen Berufskarriere viele Schüler und Studenten mit seiner Begeisterung für die dänische Literatur und Sprache anstecken können. Foto: privat

Der Pattburger Eckhard Bodenstein erinnert sich in Dankbarkeit an den in Aasiaat auf Grönland am Weihnachtstag verstorbenen ehemaligen DGN-Lehrer und Dänischdozenten an der Uni Kiel.

Erst jetzt haben wir erfahren, dass Calmar Nielsen am 24. Dezember 2020 verstorben und in Grönland beigesetzt worden ist. Ich denke, uns alle, die wir Calmar gekannt haben, hat diese Nachricht tief getroffen. Ich habe Calmar kennengelernt, als er Ende der 1960er Jahre Lektor für Dänisch an der Universität Kiel war, und ich saß in seinen Dänischkursen. Es gelang ihm wie kaum einem anderen, mit seiner markanten Stimme, mit seiner beeindruckenden Erscheinung mit Rauschebart und mit seiner ansteckenden guten Laune, uns für die dänische Sprache und Kultur zu interessieren, ja, zu begeistern. Grundlovsdag, Sankt Hans und Juleglögg gehörten dazu, und bei einem Aufbaukurs an der Uni Aarhus zelteten wir nun schon fortgeschrittenen Kursteilnehmer im Garten seines Reihenhauses am Silkeborgvej in Brabrand/Aarhus, unmittelbar neben dem damals noch nicht in Verruf geratenen Gellerup-Center. Segeltörns in der Aarhus Bugt gehörten natürlich auch dazu.

Eine ganze Reihe von denen, die durch Calmars Hände gegangen waren, sind Dänischlehrer, Schulleiter in Kopenhagen oder Universitätsdozent gworden. Das Saatkorn, das Calmar gelegt hatte, war für etliche von uns aufgegangen. Mit einigen zeitlichen Zwischenräumen haben wir uns dann immer wieder getroffen. Calmar schaute häufiger vorbei und übernachtete bei uns, wenn er auf dem Weg in die DDR war, um an der Universität Greifswald Vorlesungen und Sprachkurse abzuhalten. Als überzeugter Kommunist hatte er dennoch keine schlüssige Antwort auf die Frage, wieso dänische Deutschstudenten problemlos Deutsch am Humboldt-Institut der DDR in Leipzig lernen konnten, dass aber seinen Greifswalder Dänischstudenten ein Besuch in Dänemark verwehrt blieb.

Einige Zeit danach trafen meine Frau (auch eine frühere Kursteilnehmerin) und ich Calmar in der Apenrader Fußgängerzone. Er hatte einen Packen „Land og Folk“ auf dem Arm, der Parteizeitung der (moskautreuen) dänischen DKP, und machte Werbung für seinen Weg zum Sozialismus. Das tat unserer Freundschaft keinen Abbruch. Wir trafen uns zum Kaffee in seinem gemütlichen Zuhause in der Apenrader Schloßstraße, und er erzählte, dass er jetzt als Dänischlehrer am Deutschen Gymnasium Apenrade tätig sei. Von Problemen mit Rektor Nissen, mit den Kollegen, den Schülern oder Eltern aufgrund seiner politischen Überzeugungen konnte er nicht berichten.

Meine Frage gerade in dieser Sache ging darauf zurück, dass einige Zeit zuvor Willy Brandts SPD gemeinsam mit der CDU in Westdeutschland das Berufsverbot (på dansk: berufsverbot) für Mitglieder einer nicht verbotenen Partei, der DKP, eingeführt hatten. Ich hatte aus diesem Grund tief enttäuscht mein SPD-Parteibuch zurückgegeben. Calmar personifizierte für mich den Unterschied zwischen der liberalen, pluralistischen dänischen Demokratie und der einengenden politischen Wirklichkeit im Schleswig-Holstein eines Gerhard Stoltenberg und Uwe Barschel. Ich denke rückblickend, dass ich es auch Calmar verdanke, dass ich nach vielen Arbeitsjahren in Deutschland und Dänemark heute als dänischer Staatsbürger in Nordschleswig lebe.

Anfang der 1990er Jahre verloren wir uns aus den Augen. Ich hörte noch, dass Calmar bald darauf nach Grönland gegangen war, wo er dann seinen Lebensmittelpunkt gefunden hatte.

Ich – und da bin ich nicht allein – denke in Dankbarkeit an meinen Freund Calmar, der nun nicht mehr unter uns ist.

Eckhard Bodenstein, Pattburg

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