Rückblick

Der Bürgermeister und das Corona-Jahr

Der Bürgermeister und das Corona-Jahr

Der Bürgermeister und das Corona-Jahr

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Thomas Andresen in seinem Büro im Apenrader Rathaus Foto: Karin Riggelsen

Der Apenrader Bürgermeister hatte ein vollkommen anderes Jahr erwartet. Im Neujahrsinterview verrät er dem „Nordschleswiger“, welche Dinge das sind. So spricht er über die noch höhere Verantwortung, die er spürte und die eigenen Erfahrungen mit dem Coronavirus, das dieses Jahr zu einem besonderen machte.

„Zwei Dinge sind im Jahr 2020 ganz anders gekommen, als ich erwartet hätte“, sagt der Apenrader Bürgermeister Thomas Andresen im Interview mit dem „Nordschleswiger“. Er spielt damit auf das Coronavirus an, das in diesem Jahr nicht nur die Schlagzeilen der Zeitungen füllte, sondern auch das Leben der Menschen bestimmte.

Für den Bürgermeister waren vor allem die vielen Veranstaltungen, die für das Jubiläumsjahr 2020 geplant waren, ein Punkt, auf den er sich gefreut hatte und der seinen Terminkalender füllte. „Die Feiern waren ganz anders, als wir es uns vorgestellt hatten“, sagt Andresen heute, fast neun Monate nach dem ersten Corona-Shutdown im März. „Wir wollten die gute deutsch-dänische Nachbarschaft feiern und herausstellen, was das ,Sønderjyske‘ ausmacht.“ Die Veranstaltungen wurden zwar zum Teil durchgeführt – allerdings oft mit eingeschränkter Teilnehmerzahl und unter Einhaltung der geltenden Corona-Maßnahmen.

Kontakte stark reduziert

Darüber hinaus hatte das Virus großen Einfluss auf Andresens Terminkalender. „Die sonst etwa 40 Treffen in der Woche und über das Jahr verteilt über 1.000 Termine, wurden durch das Virus radikal reduziert. Und wo ich sonst viele Bürger treffe, gab es in diesem Jahr viel Leere. Die Kontakte fehlen mir“, sagt Thomas Andresen.

Besonders die Zeit am Anfang der Pandemie, als noch nicht klar war, wie groß die Gefahr werden kann und in der die Wissenschaft noch nicht das Wissen der vergangenen Monate hatte, gab Thomas Andresen viel zu denken. „Die große Unsicherheit, die es gab. Über einen solchen Fall habe ich zuvor noch nicht nachgedacht, wie viele andere wohl auch nicht. Doch plötzlich war da diese Gefahr, vor allem für die schwächsten unserer Bürger, die vielleicht mit ihrem Leben bezahlen mussten. Was wäre, wenn wir eine falsche Entscheidung treffen?“, fragte er sich. Doch die niedrigen Fallzahlen in der Kommune Apenrade zeigten, dass richtige Entscheidungen getroffen wurden.

Thomas Andresen schaut zuversichtlich in das kommende Jahr. Foto: Karin Riggelsen

Corona bestimmt den Alltag

Wie bei vielen anderen auch füllte das Virus einen Teil des Alltags. „Ich wurde extrem aufmerksam, wie viele Menschen um mich herum waren. Ich bin schließlich ein Vorbild und muss mit gutem Beispiel vorangehen“, erklärt er, auch wenn ihm die Maßnahmen zum Teil „sehr merkwürdig“ vorkamen. „Wir durften zum Beispiel bei einem Richtfest eine bestimmte Teilnehmermenge nicht überschreiten. Doch gleichzeitig war es möglich, in der Arena einem Fußballspiel zu folgen – mit 500 anderen Zuschauern.“

Kandidatenwahl vor bedeutender Kulisse

Ein bedeutender Termin in seinem Kalender sei das parteiinterne Treffen zur Wahl des Bürgermeisterkandidaten gewesen. Das wurde kürzlich im Folketing abgehalten. Das historische Gebäude hat große Bedeutung für Thomas Andresen. „Hier fanden nicht nur große Ereignisse statt, die die nordschleswigsche Geschichte prägend verändert haben, sondern dort habe ich auch meine erste Wahl zum Bürgermeister erlebt. Das Folkehjem bedeutet mir sehr viel.“ Er wurde dort übrigens als einziger Bürgermeisterkandidat bestätigt.

Corona-Infektion im nahen Umfeld

Eine besondere Wende bedeutete die Corona-Isolation, in die sich Thomas Andresen begeben musste, weil er in engem Kontakt zu Stadtratsmitglied Ejler Schütt war. „Wir fuhren gemeinsam von einer Sitzung nach Hause und später erfuhr ich dann, dass Ejler positiv auf das Coronavirus getestet worden war.“ Anfänglich eine Herausforderung, wie Andresen zugibt. „Ich wollte nicht zu einer Infektionsbombe werden. So stand ich in der Situation, wie so viele Mitbürger auch. Ich fragte mich, was ich tun sollte und wie ich mich richtig verhalte, denn schließlich konnte auch diese Entscheidung bedeutende Konsequenzen für mein Umfeld haben“, erinnert er sich. „Ich fragte mich dann auch, wie andere das wohl machen.“ Ein Anruf bei der Telefonhotline brachte, nach längerem Warten am Telefon, dann schließlich Klarheit, was zu tun sei.

Zweite Isolation

Nun, kurz vor Weihnachten, war der Bürgermeister erneut in Isolation. Seine Ehefrau war positiv auf das Virus getestet worden. „Zuerst ging es nun darum, die Termine zu koordinieren und einen Testtermin für mich zu machen, damit ich schnell wieder aus der Isolation heraus kann“, berichtet Adresen. Da sei es darum gegangen zu überlegen, mit wem er in Kontakt gewesen sei, um auch denjenigen Bescheid zu geben. „Wieder wurde mir bewusst, wie wenig wir die Situation kontrollieren können“, erkennt Thomas Andresen, der plötzlich vor der Herausforderung stand, sämtliche Einkäufe für die Weihnachtszeit allein zu machen.

Nachdem auch diesmal wieder fest stand, dass er sich nicht infiziert hatte, machte sich der Bürgermeister auf, um all die Erledigungen zu machen, die er sonst zusammen mit seiner Frau machte. „Ich bin wie ein ,alene far‘“, sagt er und lacht, obwohl er sich Sorgen um seine Frau macht, die isoliert zu Hause sitzt. „Und was passiert, wenn sie einen schweren Verlauf durchmacht. Das ist dann eine Situation, die besonders für mich ist, denn ich kann sie nicht kontrollieren.“

Blick auf die Weihnachtszeit

Sehr zwiegespalten sei er gewesen, als der Beschluss feststand, dass die „Weihnachtsstadt der Herzen“ (Julehjerteby) wegen des Coronavirus abgesagt wurde. Dort ist Andresen Vorsitzender. „Die Veranstaltung verbreitet so viel Weihnachtsstimmung in der Stadt und unter den Menschen. Das fehlt in der Zeit, und vor allem machte ich mir Gedanken, wie nun Spenden für die Bedürftigen gesammelt werden konnten“, erinnert er sich an den Tag der Entscheidung.

Apenrader Zusammenhalt

Doch wie sich zeigte, waren die Sorgen unbegründet. „Die ehrenamtlichen Helfer von ,Et hjerte for alle‘ haben es mit viel Engagement und Ideenreichtum trotzdem geschafft, Familien in Not zu helfen. So konnten wir wie gewohnt helfen, ohne die Kasse des Vereins vollständig zu leeren“, berichtet Andresen. „Und die Apenrader haben das mitgetragen. Dieses Verständnis für Mitmenschen zeigt den Zusammenhalt unter den Bürgern. Ohne Fragen zu stellen wurde geholfen. Auch beim lokalen Einzelhandel, der plötzlich stark unter Druck stand. Wenn wir nicht eine so starke Gemeinschaft hätten, wäre das alles ganz anders verlaufen“, ist Thomas Andresen sicher.

Weihnachten feiert der Bürgermeister im engsten Familienkreis – ohne die Mutter und den Stiefvater, „mit denen wir dann wieder im kommenden Jahr feiern werden. In diesem Jahr war und ist eben alles anders„.

Thomas Andresen freut sich nun auf den Einsatz des Corona-Impfstoffes, „der hoffentlich dafür sorgt, dass wir zur Ruhe kommen können und sich unser Leben langsam wieder normalisiert“, sagt er und wünscht allen Apenradern einen guten Rutsch in das neue Jahr sowie vor allem viel Glück und Gesundheit für ein hoffentlich besseres 2021.

 

Mehr lesen