Folketingswahl
Auf Augenhöhe mit den Erstwählenden der deutschen Minderheit
Auf Augenhöhe mit den Erstwählenden der deutschen Minderheit
Auf Augenhöhe mit den Erstwählenden der deutschen Minderheit

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Wahlkampf um die Folketingskandidatur am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig: Sieben Parteien waren mit lokalen Kandidaten vor Ort, um sich mit den Erstwählenden der deutschen Minderheit auszutauschen. Worauf es ihnen bei ihrer ersten Wahl ankommt und wie sie den Kandidaten auf den Zahn gefühlt haben, erzählen sie dem „Nordschleswiger“.
Am kommenden Dienstag ist es so weit: Neue Erstwählerinnen und Erstwähler dürfen ihr Kreuz setzen und sich landespolitisch beteiligen. Viele von ihnen sind bislang unentschlossen, aber sind sich in ihrer Priorisierung der Themen sicher. „Der Nordschleswiger“ hat bei der Wahlrunde am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig (DGN) mit mehreren der Jugendlichen gesprochen, um ihre Anliegen an die Politik zu sammeln.
Bei der Veranstaltung waren Vertreter – ausschließlich Männer – von 7 der 14 wahlberechtigten Parteien vor Ort, darunter Venstre, Sozialistische Volkspartei, Liberale Allianz, die Alternativen, Neue Bürgerliche, Radikale Venstre und die Moderaten. Im Vorfeld hatten sich die Schülerinnen und Schüler im Unterricht auf die Wahlrunde vorbereitet.

Mit den jeweiligen Schülergruppen aus den höheren Jahrgängen hatten die Parteien rund acht Minuten Zeit, um sich als Vertreter vorzustellen und auf die Fragen und Kommentare der Schülerinnen und Schüler zu reagieren.
Ein deutsch-dänisches Gespräch
Dabei entstand ein charmantes Zusammenspiel aus deutscher und dänischer Sprache. Viele der Politiker versuchten ihr Bestes, um auch deutsche Antworten geben zu können. So war eine der Fragen häufig: „Kan du tale tysk?“ Die Jugendlichen interessierte jedoch wesentlich mehr – die Inhalte der Politiker wurden auf die Probe gestellt.

Ein klimafreundliches Umdenken
Das wichtigste Thema für die Jugendlichen ist der Klimaschutz, der in den meisten Unterhaltungen angesprochen wurde. Die Schülerinnen und Schüler waren an den allgemeinen Plänen der Parteien interessiert und forderten auch konkrete Lösungsansätze zu den Problemen in der Gesellschaft. Gerade die Reduzierung von Emissionen in der Landwirtschaft, insbesondere der Fleischproduktion, war für die Erstwählenden von Interesse.
Julika, Schülerin am DGN, liegt besonders eine umweltfreundliche Entwicklung Dänemarks am Herzen. So sagt sie: „Dänemark ist großer Exporteur von Schweinefleisch. Ein Umdenken in der Massentierhaltung ist mir wichtig, damit wir klimafreundlicher in die Zukunft gehen können.“

Dänemark ist großer Exporteur von Schweinefleisch. Ein Umdenken in der Massentierhaltung ist mir wichtig, damit wir klimafreundlicher in die Zukunft gehen können.
Julika, Schülerin
„Benötigen wir Grenzkontrollen?“
Ein weiteres Thema, das häufig erwähnt wurde, sind die Grenzkontrollen, denen die meisten Schülerinnen und Schüler kritisch gegenüberstanden. Ähnlich wurde auch der Grenzzaun gesehen. Während die Politiker oft die finanzielle Effizienz der Kontrollen als Grenzschutzmaßnahme in Zweifel zu ziehen schienen, ging es den Jugendlichen hauptsächlich um die allgemeine Notwendigkeit solcher Maßnahmen.
Guilherme darf zwar noch nicht wählen, aber interessiert sich besonders für den Umgang mit den Grenzpendelnden. „Das betrifft uns hier direkt sehr. Ich möchte hören, ob die Politikerinnen und Politiker das wissen“, erzählt Guilherme. Für ihn geht es bei der Wahlrunde am DGN darum, herauszufinden, welche Werte die jeweiligen Kandidaten in ihrer Politik vertreten.

Viele Fragen zur Einwanderung und Integration
Die Vertreter der Parteien mussten sich des Weiteren zu ihrer Linie der Einwanderungspolitik äußern. Dies erstreckt sich über Themen wie der Aufnahme von Asylsuchenden und die Hilfe für sie, staatliche Unterstützungen für ausländische Studierende und Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, vorwiegend in Schulen. Viele Schülerinnen und Schüler befürworteten sowohl die Aufnahme als auch die Unterstützung von Geflüchteten und Immigrierten sowie Maßnahmen, die die Integration erleichtern.
Der Schüler Benedik versuchte während der Wahlveranstaltung, möglichst kritische Fragen an die Politiker zu stellen – beispielsweise zur Einwanderungspolitik: „Kopftuch in Schulen – ja oder nein?“, fragte er. Im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ betonte er: „Ich merke, dass sie ihre Antworten bewusst an uns Jugendliche anpassen, um uns zu überzeugen.“

Für viel Gesprächsstoff sorgte zudem die Bildungspolitik, die für die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums relevant ist. Sie erachten das Thema der Studienfinanzierung – die Zugänglichkeit des SU (Staatliche Ausbildungsunterstützung) – als wichtig.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit nötig
Unter den Erstwählenden reiht sich auch der Lehrer Gerret Liebing Schlaber ein, der erst kürzlich die dänische Staatsbürgerschaft angenommen hat. „Eigentlich würde ich selbst gerne rumgehen und mich umhören“, erzählt er. Ihm liegt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in dieser Region besonders am Herzen. Dem Lehrer zufolge seien ein Handeln aus Kopenhagen (København) und eine Kooperation der lokalen Politikerinnen und Politiker gefragt, um Probleme dieser Region zu lösen.

Gelungene Wahlrunde am Gymnasium
Die DGN-Schülerin Katharina empfindet die Wahlrunde mit den Kandidaten für das Folketing als nützlich. „Wir sprechen mit den Politikern auf Augenhöhe, sehr persönlich und direkt. Das bringt mir persönlich mehr, als mich nur im Internet zu informieren“, erklärt sie nach der Veranstaltung.
