Gesundheit
Asbjørn und sein steiniger Weg mit ADS
Asbjørn und sein steiniger Weg mit ADS
Asbjørn und sein steiniger Weg mit ADS

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Asbjørn Jacobsen hat mit Ende 20 die Diagnose ADS bekommen. Dann kam eine weitere Diagnose hinzu, die sein Leben von einem Augenblick auf den anderen verändert hat.
„Das Gehirn sprintet von 0 auf 150 wie es will“, beschreibt Asbjørn Jacobsen das Aufmerksamkeitsdefizit Syndrom, kurz ADS. Er wird genauer: „Ich habe ganz viele Gedanken, die schnell nacheinander kommen. Ich kann sie nur nicht sortieren. Was ist wichtig, was ist unwichtig, welcher Gedanke ist es wert, weiter darüber nachzudenken. Das Gehirn lässt mir keine Chance, das zu entscheiden“, erzählt der 32-Jährige. „Das ist sehr anstrengend. Es erfordert viel Kraft.“
Ungefiltertes Wirrwarr im Kopf
Ähnlich anstrengend sind für Asbjørn Situationen im öffentlichen Raum, dort, wo viele Menschen zusammenkommen. „Alles wird ungefiltert wahrgenommen“, sagt er. Gespräche, Hundegebell, vorbeifahrende Autos und Kinder beim Spielen: alles kommt in seinem Gehirn an und wird verarbeitet. „Die Aufmerksamkeit ist geschärft. Alles, was um mich herum passiert, schießt durch Augen und Ohren in meinen Kopf“, beschreibt er das Wirrwarr, das die vielen Einflüsse für ihn bedeuten.

Konzentration hängt vom Interesse ab
Doch es ist nicht lange her, dass der Apenrader weiß, warum er sich so schlecht konzentrieren kann. Vermutungen, dass etwas mit ihm nicht stimmt, hatte er schon in der Schule. „Wenn mich etwas wirklich interessierte, dann hatte ich gute Zensuren. War ein Thema für mich uninteressant, gab es schlechte Noten“, erinnert er sich. Die Schulergebnisse seien lustbetont.
„Reiß dich zusammen“
Damals war ADHS allerdings nicht so gründlich erforscht und wenig bekannt. Deshalb hat sich Asbjørn durch die Schulzeit geschleppt. „An der Intelligenz mangelt es nicht, das haben mir die Lehrerinnen und Lehrer immer wieder versichert“, erzählt er. Er sei doch schlau und müsste sich nur zusammenreißen, wurde ihm mehr als einmal gesagt.
Mehrere Ausbildungen abgebrochen
Doch die gut gemeinten Ratschläge halfen nicht. „Die Schule war schwer für mich.“ Eine Elektrikerlehre hat er nach wenigen Wochen abgebrochen. Es war schwer, den Alltag in den Griff zu bekommen. Dazu gehört unter anderem, pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen. Eine unlösbare Aufgabe für Asbjørn, war er doch mit den vielen Eindrücken vollkommen überfordert.
Das Philosophiestudium beendete er kurz vor Ende des zweiten Semesters. So weit schaffte er es mit „Selbstmedikation“. „Ich habe Hasch geraucht. Das hat mich ruhig gemacht und mein Gehirn hat langsamer gearbeitet“, berichtet er. Doch der Wunsch, ohne die Droge auszukommen, wuchs und wuchs. „Deshalb habe ich mich untersuchen lassen und erst die Diagnose Schlafapnoe bekommen. Einige Zeit später kam noch die ADS-Diagnose hinzu.“
Statt Hasch nimmt Asbjørn täglich seine Medizin und nachts trägt er eine Maske, die ihm hilft, besser zu schlafen. Ein Wendepunkt in seinem Leben. „Ich kann jetzt Dinge überschauen, sehe einen Sinn darin, ich kann selbst für mich zu sorgen und mein eigenes Geld verdienen“, erzählt er.
Geregeltes Leben und soziale Kontakte
„Bis dahin war mein Leben ein Leidensweg“, sagt er. Heute wohnt Asbjørn in der eigenen Wohnung und hat eine feste Arbeit. Die ist so außergewöhnlich, wie der junge Mann selbst: Er arbeitet als Verkäufer in einem Geschäft für Sex-Artikel. Dort hat er seine besondere Stärke entdeckt.

„Ich merke, wie ich auf die Kundschaft zugehen und ansprechen muss. Stehen beispielsweise zwei junge Mädchen im Laden und sind geniert, dann mache ich einen Witz und breche so das Eis. Wir kommen ins Gespräch und die Atmosphäre wird dann locker“, erzählt er. Stammkunden benötigen solche Hilfe nicht. „Die wissen, was sie haben wollen und haben dann vielleicht noch einige fachliche Fragen. Manche wollen dann noch ein wenig schnacken, das ist unterschiedlich.“
Asbjørn freut sich, dass er jetzt soziale Kontakte pflegen kann, und sie ihn nicht mehr überfordern. Er arbeitet sogar einmal in der Woche als Ehrenamtler und bietet einen Spielabend für Menschen mit psychischen Erkrankungen an.
„Klar hätte ich ein anderes Leben haben können, wäre mein Defizit früher entdeckt worden. Doch man soll Dinge einfach nicht bereuen. Das bringt nichts“, sagt er. Denn jetzt ist er sehr zufrieden mit seinem Dasein.