Corona-Maßnahmen

Bürgermeister: Grenze wird zur Barriere

Bürgermeister: Grenze wird zur Barriere

Bürgermeister: Grenze wird zur Barriere

Nils Baum und Brigitta Lassen
Nordschleswig
Zuletzt aktualisiert um:
Grenzkontrolle Krusau
Ab Mittwoch, 17. Februar, müssen Grenzpendler bei der Einreise nach Dänemark alle 72 Stunden einen negativen Corona-Test vorweisen. Foto: Karin Riggelsen

Die schärferen Corona-Testvorschriften für Grenzpendler rufen bei Nordschleswigs Bürgermeistern unterschiedliche Reaktionen hervor. Die Grenze wird zur Barriere, meint Henrik Frandsen. Noch ein wenig durchhalten, lautet das Motto von Erik Lauritzen. Wir lösen das pragmatisch, sagt Thomas Andresen.

Die Regierung in Kopenhagen hatte am Montag, 15. Februar, eine Verschärfung der Einreisevorschriften für Grenzpendler angekündigt. Ab Mittwoch, 17. Februar, müssen sie statt einmal pro Woche bei der Einreise nach Dänemark künftig alle 72 Stunden einen neuen negativen Corona-Test vorlegen.

„Der Nordschleswiger“ hat mit den nordschleswigschen Bürgermeistern gesprochen. Henrik Frandsen (Tønder Listen), Bürgermeister in der Kommune Tondern (Tønder), Thomas Andresen (Venstre), Bürgermeister in der Kommune Apenrade (Aabenraa), und Erik Lauritzen (Soz.), Bürgermeister in der Kommune Sonderburg (Sønderborg), geben nachfolgend ihre Einschätzung zu den verschärften Corona-Testbestimmungen ab. 

Verärgerung in Tondern

„Ich bin verärgert, dass den Grenzpendlern innerhalb von einer Woche mit einem weiteren Corona-Test jetzt wieder Steine in den Weg gelegt werden. Man hat offensichtlich nicht verstanden, dass dies ein Grenzgebiet ist und die Grenze nur ein Strich ist. In dieser Frage wird sie zu einer Barriere, die man überwinden muss“, lautet die Kritik von Henrik Frandsen.

Ich bin verärgert, dass den Grenzpendlern innerhalb von einer Woche mit einem weiteren Corona-Test jetzt wieder Steine in den Weg gelegt werden.

Henrik Frandsen, Bürgermeister der Kommune Tondern

Grenzpendler nicht ansteckender als andere

„Die Grenzpendler von südlich der Grenze stecken vermutlich nicht mehr an als Pendler, die aus Apenrade oder Esbjerg zum Arbeiten nach Tondern kommen. Da stimme ich Venstre-Folketingsmitglied Bertel Haarder hundertprozentig zu“, sagt Tonderns Bürgermeister Henrik Frandsen in Anspielung auf einen Beitrag, den Bertel Haarder am Montag auf seinem Facebook-Konto geschrieben hat.

Einige Grenzpendler überlegen, den Job zu wechseln

Sich als kleine Kommune mit Kritik an die Regierung zu wenden, würde vermutlich nichts bringen, da sei die Sache wohl doch eher eine Kleinigkeit in der Bekämpfung des Coronavirus, gibt Frandsen zu bedenken.

In einem Beitrag auf „TV Syd“ vom 15. Februar 2021 sind auch kritische Stimmen von Grenzpendlern zu vernehmen. Einige der Pendler, die jeden Tag aus Schleswig-Holstein über die Grenze nach Dänemark zur Arbeit fahren, überlegen, ihren Job in Dänemark aufzugeben und stattdessen in Deutschland zu arbeiten. 

Henrik Frandsen erläutert, dass täglich 680 Pendler aus Deutschland zum Arbeiten in die Kommune Tondern fahren, 80 bis 85 sind bei der Kommune beschäftigt. Ihnen würde der Weg zur Arbeit mit der Forderung nach zwei Tests wöchentlich beschwerlicher gemacht.

„Die deutschen Grenzpendler wohnen nicht in südlicheren Bundesländern, sondern kommen meist aus dem Kreis Nordfriesland, wo der Infektionsdruck nicht größer ist als bei uns. Nordfriesland ist schließlich kein Ishøj. Ganz anders sieht es aus mit Touristen, die von überall her nach Dänemark einreisen wollen. Die können von überall herkommen. Da machen Tests Sinn“, erläutert Frandsen weiter.

Verständnis in Sonderburg

Bei Erik Lauritzen, Bürgermeister in Sonderburg, stoßen die Maßnahmen nicht in gleichem Maße auf Kritik.

„Ich bin mir ganz sicher, dass die Gesundheitsexperten und -behörden richtig einschätzen, was in der Situation, in der wir uns gerade befinden, am besten ist. Wir stehen auf Messers Schneide, denke ich“, lautet seine Einschätzung.

Die derzeit niedrigen Infektionszahlen könnten schnell wieder ins Gegenteil kippen, ist der Bürgermeister der Alsenstadt besorgt. „Es tut mir leid, dass das für einige mehr Umstände bedeutet, aber so ist das nun einmal in diesen Tagen. Ich bin mir sicher, dass man das tut, was notwendig ist.“

Diskussion spitzt sich zu

Auf den Beitrag von Bertel Haarder angesprochen, in dem jener darauf aufmerksam macht, dass Grenzpendler nicht ansteckender seien als andere, die zur Arbeit fahren, sagt Erik Lauritzen: „Das glaube ich auch nicht. Das ist diese ewige Diskussion, die sich jetzt zuspitzt. Warum dürfen die, aber die nicht, weshalb darf dieses Geschäft geöffnet bleiben, aber jenes nicht? Alle tun ihr Bestes, um das Richtige zu machen, aber man muss gleichzeitig auch Prioritäten setzen.“

Es tut mir leid, dass das für einige mehr Umstände bedeutet, aber so ist das nun einmal in diesen Tagen.

Erik Lauritzen, Bürgermeister der Kommune Sonderburg

Gleichzeitig sei es jedoch auch eine Vereinfachung, einfach nur zu sagen, Grenzpendler seien nicht ansteckender, schließlich würden sie sich ja von einem Gebiet in ein anderes bewegen. Dabei gebe es dann ein größeres Infektionsrisiko. „Und dann kann man natürlich kritisch fragen, wieso ausgerechnet diese Maßnahme helfen solle, aber ich bin kein Experte auf diesem Gebiet“, sagt der Sonderburger Bürgermeister. 

Volles Vertrauen in die Gesundheitsbehörden

Erik Lauritzen hat bisher allerdings den Eindruck, dass man vonseiten der Gesundheitsbehörden die richtigen Entscheidungen getroffen habe, und darauf vertraue er auch weiterhin. In einem Monat sehe die Welt ohnehin ganz anders aus.

„Ich habe volles Verständnis dafür, dass man ermüdet ist von den Maßnahmen, das bin ich selber auch. Aber ich habe kein Verständnis dafür, dass man das Gesetz bricht, so wie ich es gestern in Kopenhagen bei einigen Läden gesehen habe. Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis“, sagt Lauritzen.

Froh über Grenzpendler

Zur Problematik, dass es einigen Grenzpendlern möglicherweise zu viel wird mit den verschärften Anforderungen an der Grenze, meint Lauritzen: „Wir sind natürlich froh über die Arbeitskräfte, die jeden Tag hierherkommen. Andererseits ist es eine freie Entscheidung. Ich möchte alle auffordern, noch ein wenig die Zähne zusammenzubeißen und durchzuhalten.“

Laufender Dialog

Erik Lauritzen verweist auf den ständigen Dialog, in dem man über den Dachverband der kommunalen Verwaltungen, Kommunernes Landsforening (KL), miteinander stehe. Hier mache man auf die Herausforderungen aufmerksam, die schärfere Regeln mit sich führen.

Aber mehr als die Botschaft zu übermitteln könne man auch nicht tun, meint Lauritzen. „Wenn man in Kopenhagen sitzt, hat man nicht das gleiche Verständnis dafür, was eine Restriktion im Grenzland für eine Bedeutung haben kann. Deshalb müssen wir auch laufend auf diese Herausforderungen aufmerksam machen“, erläutert er seine Vorgehensweise. 

Aber danach müsse man die übermittelten Botschaften den Experten überlassen, die den größten Sachverstand haben, um die notwendigen Maßnahmen zu treffen. Und dies sei ihnen bisher auch recht gut gelungen, meint der Sonderburger Bürgermeister.

Pragmatische Lösungen in Apenrade

Der Apenrader Bürgermeister, Thomas Andresen, verweist darauf, dass in der Kommune Apenrade etwa 3.500 Grenzpendler arbeiten, ein Umstand, über den man sehr glücklich sei. Deshalb hätten zwei Dinge seine besondere Aufmerksamkeit.

„Wir haben circa 140 Mitarbeiter in Schlüsselpositionen, das heißt Personen, die in der Altenpflege und im Gesundheitssektor arbeiten. Einige unserer Bürger sind darauf angewiesen, dass diese Personen rechtzeitig zur Arbeit kommen. Deshalb haben wir immer ein großes Augenmerk auf die Grenze“, sagt Andresen.

Neues Schnelltestzentrum eröffnet in Pattburg

Bei der gesundheitsfachlichen Beurteilung liegt Andresen auf Linie mit dem Sonderburger Bürgermeister. „Ganz grundsätzlich, ich versuche gar nicht erst, ein gesundheitsfachlicher Experte zu sein. Das können andere viel besser als ich“, pointiert Andresen.

Deshalb könne er auch nicht beurteilen, ob es notwendig sei, alle 72 Stunden einen Corona-Test vorzunehmen. Aber so seien die neuen Regeln eben. Doch die Apenrader Kommune habe eine pro-aktive Herangehensweise gewählt. Bereits zweimal die Woche würden die kommunalen Angestellten getestet werden. Nun wolle man es auch den Grenzpendlern so einfach wie möglich machen.

Als Bürgermeister verhalte ich mich zum Konkreten, und das ist, dass die Leute zur Arbeit kommen können.

Thomas Andresen, Bürgermeister der Kommune Apenrade

„Ab morgen stellen wir in unserer Kommune das alte Rathaus in Pattburg bereit. Dort kommt am Plantagevej 4 ein Testzentrum, an dem man ohne vorherige Anmeldung einen Schnelltest vornehmen lassen kann, und zwar im Zeitraum von 7 bis 18 Uhr. Ich glaube, das gibt ein positives Echo bei den Unternehmen in Pattburg und bei den deutschen Staatsbürgern, die bei dänischen Unternehmen angestellt sind“, zeigt sich Andresen optimistisch.

Er hoffe auf den Gemeinschaftssinn unter den Grenzpendlern und dass es möglichst viele überzeugt, dass man vonseiten der Kommune gewillt sei, es den Pendlern so einfach wie möglich zu machen.

Kein Gesundheitsexperte

Zur Frage nach dem Facebook-Beitrag seines Parteikollegen Bertel Haarder unterstreicht er nochmals, sich nicht in eine gesundheitsfachliche Debatte einmischen zu wollen. Die Entscheidungskompetenz dafür liege bei Christiansborg. 

„Als Bürgermeister verhalte ich mich zum Konkreten, und das ist, dass die Leute zur Arbeit kommen können. Niemand behelligt uns zum Vergnügen. Ich denke, wir müssen auch weiterhin an die Geduld der Bürger appellieren“, gibt Andresen zu bedenken.

Er verweist außerdem darauf, dass noch immer alle Grenzübergänge geöffnet seien, und das müsse auch auf jeden Fall so bleiben. Dies gebe jedem die Möglichkeit, sich bestmöglich auf die momentanen Hindernisse einzustellen. 

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