Leitartikel

„Freie Fahrt“

Freie Fahrt

Freie Fahrt

Kopenhagen/Nordschleswig
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Es ist nicht ungewöhnlich, dass in Dänemark ein einiges Folketing hinter einer verkehrspolitischen Absprache steht. Chefredakteur Gwyn Nissen schreibt, warum das so ist – und über das Hintertürchen.

Dänemark ist nur ein kleines Land: Gut drei Stunden dauert es von einem Ende des Landes zum anderen – ein Luxus, wenn man das mit anderen Nationen vergleicht. Eigentlich ist Dänemark schon gut vernetzt, aber trotzdem ist es nötig, bis 2035 161 Milliarden Kronen für neue Infrastrukturprojekte auszugeben.

Ein Luxus? Ganz sicher nicht, denn auch in Dänemark entwickelt sich das Verkehrsaufkommen und bilden sich neue Verkehrsgewohnheiten. Deshalb sind Investitionen nötig.

Ein einiges Folketing steht hinter der aktuellen politischen Absprache, was in Dänemark kein Novum ist, denn meistens bilden sich breite Mehrheiten, wenn es um Verkehr und Infrastruktur geht.  In den vergangenen Jahren versuchten die Regierungen von Helle Thorning-Schmidt (soz.) und Lars Løkke Rasmussen (Venstre) zwar Alleingänge – und gerieten dabei gleich in Schwierigkeiten.

Thornings Versuch, die Bahn zu modernisieren, erlitt teilweise Schiffbruch, während Løkke mit lokalen Verkehrsgeschenken für die Unterstützer der Dänischen Volkspartei strandete.

Nun stehen die Parteien endlich wieder Schulter an Schulter – sogar die Linkspartei Einheitsliste, die sonst  außen vor steht, macht mit. Aber wie ist eine solche Absprache überhaupt möglich?

Zum einen steht mit 161 Milliarden Kronen eine nette Summe zur Verfügung – es gibt also etwas zum Verteilen. Diese Summe ist außerdem sowohl auf Bahn, als auch auf Straße und Fahrradwege gut verteilt. Und schließlich hat man eine gemeinsame Überschrift gefunden: Weniger Stau.

Der Verkehr soll gleiten – ob auf dem Asphalt oder auf Schienen. Politiker mögen eben nicht im Stau stehen, egal welcher Partei sie angehören. Es gibt ein Verständnis dafür, dass sich die Infrastruktur  weiter entwickeln muss. Deshalb wird zum Beispiel auch an einer möglichen Verbindung zwischen Alsen und Fünen gerechnet.

Die verkehrspolitische Absprache bis 2035 besteht vor allem aber aus vielen kleinen Lösungen, die dafür sorgen, dass in den kommenden 14 Jahren Problemzonen im ganzen Land beseitigt werden. Fast jeder Bürger wird etwas davon haben – ob man mit dem Auto, dem Fahrrad oder dem Zug unterwegs ist.

Die Milliarden sind aufs ganze Land gerieselt, und daher können so gut wie alle Politiker im Folketing auf ein Infrastrukturprojekt in unmittelbarer Nähe zeigen – und dafür vielleicht sogar die Ehre nehmen.

Darüber hinaus gibt es diesmal ein Hintertürchen für die Parteien. Sie müssen sich nämlich nicht allen Projekten anschließen, sondern können sich immer noch aussuchen, welche Projekte sie unterstützen wollen.

Ein schlauer Schachzug, der eine solch breitgefächerte Verkehrspolitik erst möglich gemacht hat – und der außerdem bedeutet, dass diese Infrastrukturabsprache ein langes Haltbarkeitsdatum hat.

Vielleicht sollte man dieses Modell auch anderswo einsetzen, um politisch noch öfter einig zu werden.

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