Geschichte auf dem Berg

Ab 1949 für deutsche Nordschleswiger „Normalisierung“

Ab 1949 für deutsche Nordschleswiger „Normalisierung“

Ab 1949 für deutsche Nordschleswiger „Normalisierung“

Knivsberg/Knivsbjerg  
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Noch 1951 warb die deutsche Minderheit um Stimmen für die SP in Anspielung auf eine angebliche Opferrolle nach 1945, mit dem Faarhuslager als zentralem Bild. Foto: Volker Heesch

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Forschungsleiter Hans Schultz Hansen sprach bei Geschichtstagung der deutschen Minderheit über die Bedeutung der Kieler Erklärung: Der deutschen Minderheit wurden nach der dänischen Rechtsabrechnung wegen ihrer NS-Verstrickung von der Regierung in Kopenhagennur ihre alten Rechte, die allen Bürgern zustehen, bestätigt.

Während der Tagung „Geschichte auf dem Berg“ in der Bildungsstätte Knivsberg am Sonnabend hat der Forschungsleiter am dänischen Staatsarchiv in Apenrade (Aabenraa), Prof. Hans Schultz Hansen, die Phase der „Normalisierung“ der Verhältnisse der deutschen Minderheit in Nordschleswig nach dem Zweiten Weltkrieg beleuchtet.

Wendepunkt nach Kieler Erklärung

„Im Jahr 1949 erlebte Nordschleswig einen Wendepunkt. In dem Jahr wurde die Rechtsabrechnung abgeschlossen, das Faarshuslager geschlossen, und die letzten deutschen Flüchtlinge haben Dänemark verlassen“, so der Historiker und berichtete von der Bedeutung der „Kieler Erklärung“ des Schleswig-Holsteinischen Landtags in der Zeit der 1949 noch sozialdemokratischen Landesregierung, die auch unter dem Druck der britischen Besatzungsmacht „ein freies Bekenntnis zum dänischen Volkstum und zur dänischen Kultur“ garantierte. Dabei wurde auch Bezug auf die Grundrechte der im selben Jahr gegründeten neuen Bundesrepublik Deutschland hingewiesen.

Hoffnung auf Gegenseitigkeit

In der Präambel der Kieler Erklärung war die Erwartung formuliert worden, dass im Gegenzug auch die deutsche Minderheit vonseiten der dänischen Regierung eine ähnliche Garantie bekommt. Schultz Hansen berichtete, dass der 1945 gegründete Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) bereits seit 1947 erste Fühler Richtung Kopenhagen ausgestreckt habe. Der BDN, der nach der Kollaboration der Minderheit mit der deutschen Besatzungsmacht bis zur Befreiung im Mai 1945 und anschließender Verurteilung von rund 3.000 Angehörigen der Minderheit sowie Schließung ihrer Schulen nach Abgabe einer Loyalitätserklärung einen politisch-kulturellen Neustart anstrebte, bemühte sich um eine Begegnung mit dem damaligen sozialdemokratischen Staatsminister Hans Hedtoft.

Fehlende Selbstkritik in Teilen des BDN

„Der BDN-Hauptvorstand zeigte sich in Aufzeichnungen im Jahre 1949 bar jeder Selbstkritik“, so Hans Schultz Hansen. Neben dem verständigungsbereiten BDN-Hauptvorsitzenden Niels Wernich habe Hans Schmidt-Gorsblock für die Regierung nicht akzeptable Forderungen formuliert. Es kam jedoch zu einer Begegnung zwischen Hans Hedtoft, Kirchenminister Frede Nielsen und der Delegation der Minderheit mit dem Gründer des „Nordschleswigers“, Ernst Siegfried Hansen, sowie BDN-Sekretär Jes Schmidt.

Forschungsleiter Hans Schultz Hansen präsentierte in der Bildungsstätte Knivsberg Details der Vorgänge um das „Kopenhagener Protokoll“ nach einer Begegnung zwischen Staaatsminister Hans Hedtoft (Sozialdemokraten) und Spitzenvertretern des Bundes Deutscher Nordschleswiger 1949. Foto: Karin Riggelsen

 

„Schmidt-Gorsblock erschien nicht“, so Schultz Hansen. Eine verpflichtende Erklärung wie in Kiel gab es nicht. „Es wurden aber alte Rechte vonseiten der Regierung bestätigt, die bereits seit 1920 der deutschen Minderheit eigene Schulen und den Gebrauch der deutschen Sprache garantierten. Zugleich wurde die Darstellung des BDN zurückgewiesen, die Minderheit sei kollektiv bestraft worden. Jes Schmidt, so Schultz Hansen, hatte die Wünsche der Minderheit vertieft, die auch Fragen der Gleichstellung deutscher Gewerbetreibender und Zugang zu Posten im öffentlichen Dienst sowie die Bildung eines Kontaktausschusses umfassten.

Mehr Wohlwollen als schriftlich festgehalten

„Hans Hedtoft verlas abschließend eine Erklärung, die Ernst Siegfried Hansen anschließend zitieren durfte“, so der Historiker. Fügte aber hinzu, dass Hedtoft neben der vorbereiteten Erklärung, die der spätere, aus Apenrade stammende dänische Generalkonsul Troels Fink verfasst hatte, Erläuterungen hinzufügte. „Es gab mehr gegenseitiges Wohlwollen, als was schriftlich notiert war“, so Hans Schultz Hansen und berichtete, dass Ernst Siegfried Hansen die Erklärung der dänischen Regierung als „Kopenhagener Protokoll“, der Name war seine Erfindung, recht positiv interpretierte.

 

Ernst Siegfried Hansen war bei dem ersten Treffen zwischen der Minderheitenspitze und der dänischen Regierung nach dem Zweiten Weltkrieg ein Hauptakteur. Er war Mitbegründer und erster Chefredakteur des „Nordschleswigers" Anfang 1946. Foto: Archiv Der Nordschleswiger

 

„Für Hansen war es wichtig, mit einem Ergebnis nach Hause zu fahren“, so der Historiker, der auf die internen Spannungen zwischen den Repräsentanten der Loyalitätspolitik wie Hansen und den verbitterten Hardlinern wie Schmidt-Gorsblock hinwies, die nur eine zu Unrecht verfolgte Minderheit sehen wollten. So konnte Hansen auf „Erfolge“ wie die Aussicht auf öffentliche Zuschüsse für deutsche Privatschulen oder Anrecht auf Sozialleistungen verweisen, die allen Menschen in Dänemark zustehen. Es hieß auch, dass im „Nordschleswiger“, wenn dieser als Tageszeitung erscheinen sollte, Anzeigen der dänischen Behörden veröffentlicht werden.

Inhalt des Protokolls wurde dänischen Behörden mitgeteilt

„Bedeutung hatten die Aussagen der Regierung aber auf jeden Fall, denn sie wurden allen Behörden übermittelt, denen damit das Recht auf Gleichberechtigung der Minderheit eingeschärft wurde“, so Hans Schultz Hansen. Er erläuterte, dass der richtige Durchbruch zugunsten beider Minderheiten erst mit den Bonn-Kopenhagener Erklärungen 1955 erreicht wurde. Damals erhielt auch die deutsche Minderheit einen Kontaktausschuss. Er erinnerte aber auch an weitere Stationen wie die Einrichtung des deutschen Sekretariats 1983 in Kopenhagen und die Sonderregelungen zugunsten der deutschen Minderheit bei der Kommunalreform 2006/2007, die die Chancen für Mandate der Schleswigschen Partei (SP) in den Kommunalparlamenten erhöhten. 

 

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