Katastrophenschutz

Freiwillige Feuerwehren deutsches Erbe in Nordschleswig

Freiwillige Feuerwehren deutsches Erbe in Nordschleswig

Freiwillige Feuerwehren deutsches Erbe in Nordschleswig

Apenrade/Aabenraa
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Die aus dem Jahre 1895 stammende Feuerspritze der Freiwilligen Feuerwehr in Hoyer erinnert an die Entstehung der freiwilligen Wehren in Nordschleswig während der deutschen Herrschaft vor 1920. Die handbetriebene Pumpe wurde in Schleswig angefertigt. Foto: Volker Heesch

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Die überkommunale Bereitschaft „Brand & Redning Sønderjylland“ erinnert an die im übrigen Dänemark unbekannte Tradition. Der dänische Leiter des grenzüberschreitenden 5a-Interregprojektes „Bereitschaft ohne Grenzen“, Kenneth Achner, setzt auf Fortsetzung der deutsch-dänischen Partnerschaft.

Die überkommunale Notfallbereitschaft „Brand & Redning Sønderjylland“ der Kommunen Apenrade, Hadersleben (Haderslev) und Tondern (Tønder) hat anlässlich des Jubiläums der Volksabstimmungen und der Grenzziehung 1920 auf die wichtige Rolle der Freiwilligen Feuerwehren in Nordschleswig hingewiesen. Die freiwilligen Feuerwehren sind im übrigen Dänemark nicht zu finden. Sie wurden trotz des Votums der Bevölkerungsmehrheit in Nordschleswig für Dänemark als ein Erbe aus der Zeit der Zugehörigkeit Nordschleswigs zu Preußen und zum Deutschen Reich von 1864 bis 1920 bewahrt.

Gemeinsame Tradition im Grenzland

Die gemeinsame Tradition der  freiwilligen Feuerwehren im heutigen deutsch-dänischen Grenzland hat in den vergangenen Jahren auch eine wichtige Rolle beim grenzüberschreitenden Projekt „Bereitschaft ohne Grenzen“ („Beredskab uden grænser“) der Notfall- und Rettungsinstitutionen im deutschen Landesteil Schleswig und Nordschleswig gespielt, berichtet der dänische Projektleiter Kenneth Achner, der eine leitende Funktion bei „Brand & Redning“ in Tondern ausübt.  Achner verweist darauf, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Einsatzkräfte in den vergangenen Jahren mit EU-Fördermitteln aus dem Programm Interreg 5a vertieft werden konnte.

Hoffnung auf neues Interregprojekt

„Die deutschen und dänischen Zusammenarbeitspartner haben bereits ein Netzwerkprojekt eingeleitet, damit wir für das künftige Interregprogramm 6a Fördermittel für weitere wichtige Vorhaben beantragen können“, berichtet Achner. „Wir kooperieren über die Grenze hinweg auch außerhalb der Interregprojekte“, unterstreicht Achner. Im Rahmen des Ende Juni auslaufenden Interreg-5a-Programms wurden unter anderem gemeinsame Übungen für Katastrophenfälle durchgeführt.

Während der Corona-Maßnahmen mit Schließung von Grenzübergängen wurde die Bedeutung der grenzüberschreitenden Notfalleinsätze sichtbar.

Kenneth Achter, „Brand & Redding Sønderjylland“

 

Es geht dabei um Einsätze zur Rettung von Menschenleben und Gebäuden sowie der Abwehr von Umweltschäden. „Während der Corona-Maßnahmen mit Schließung von Grenzübergängen wurde die Bedeutung der grenzüberschreitenden Notfalleinsätze sichtbar“, so Achner und verweist auf eine Hilfeleistung der Freiwilligen Feuerwehr Ellund bei einem Großfeuer in Pattburg (Padborg) nördlich der deutsch-dänischen Grenze. „Der Einsatz klappte, aber die deutschen Helfer mussten wegen der Blockierung eines kleinen Übergangs einen Umweg fahren“, so Achner und betont, dass die nordschleswigschen Einsatzkräfte der Regierung in Kopenhagen auf die Sprünge helfen mussten, damit diese bei ihren Anti-Corona-Maßnahmen auch die Belange im Grenzland berücksichtigt.

Fruchtbarer Austausch

Achner berichtet, dass sich die deutschen und dänischen Partnerinstitutionen bei den gemeinsamen Veranstaltungen in vielen Bereichen austauschen. So erfahre man von technischen Neuerungen und baue man die digitalen Alarmierungswege aus. In einer Pressemitteilung zum Abschluss des gemeinsamen Interreg-5a-Programms in wenigen Wochen erinnert die Bereitschaft in Nordschleswig daran, dass in deutschen Staaten wie Sachsen bereits seit 1814 Freiwillige Feuerwehren entstanden.

Älteste Freiwillige Feuerwehr in Tondern

Laut Landesfeuerwehrverband Schleswig-Holstein entstanden im heutigen deutschen Bundesland 1847 in Heide und 1857 in Marne, die beiden Orte in Dithmarschen waren damals wie Schleswig noch Teile des dänischen Gesamtstaates, die ersten Freiwilligen Feuerwehren. Laut heutiger Bereitschaftsbehörde in Nordschleswig ist die Freiwillige Feuerwehr Tondern mit dem Gründungsjahr 1869, drei Jahre zuvor war Schleswig im Zweiten Schleswigschen Krieg an Preußen gefallen, die älteste freiwillige Feuerwehr in Dänemark.

 

Die Feuerwehr in Tondern beteiligt sich auch an Einsätzen südlich der Grenze. Foto: Monika Thomsen

 

Nach 1920 wurden noch neue Freiwillige Feuerwehren gegründet, heute bestehen in Nordschleswig noch 50. Einige liegen in der Kommune Kolding, weil die nordschleswigsche Kommune Christiansfeld bei der Kommunalreform 2007 größtenteils zu Kolding kam.

 

Feuer in Ruttebüll als „Grenzöffner"

Ein wichtiges Datum der deutsch-dänischen Zusammenarbeit der Feuerwehren ist der 1. Oktober 1966. Damals brach in einem großen Hof in Ruttebüll (Rudbøl) ein Feuer aus. Da ab 22 Uhr der Grenzübergang zum Dorf Rosenkranz, das unmittelbar an Ruttebüll grenzt, schon geschlossen war, konnte die Feuerwehr von der deutschen Seite nur nach gewaltsamem Aufbrechen des Schlagbaums den dänischen Feuerwehrleuten zur Hilfe eilen. Nach diesem Gesetzesbruch sorgten deutsch-dänische Verhandlungen dafür, dass grenzüberschreitende Feuerwehreinsätze legalisiert wurden. Doch noch 2014 gab es Irritationen bei der zentralen dänischen Bereitschaftsbehörde, als das Technische Hilfswerk aus Nordfriesland mit starken Pumpen nach Tondern eilte und ein großes Lager des Unternehmens Ecco vor einer Überflutung bewahren konnte, was „Beredskabsstyrelsen“ als Kompetenzüberschreitung betrachtete. Deren eigene Pumpen wären allerdings zu spät in Tondern eingetroffen. Inzwischen gilt, das bei Notfällen in einer Fünf-Kilometer-Zone entlang der Grenze automatisch die deutschen und dänischen Einsatzkräfte alarmiert werden, wenn in diesem Bereich Alarm geschlagen wird. Bwährt habe sich das im August 2019, als nach einem Frontalzusammenstoß fast am Grenzübergang Seth (Sæd) deutsche und dänische Retter den Verunglückten helfen konnten.     

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