Leitartikel

„Gefahrenpotenzial wird real sichtbar“

Gefahrenpotenzial wird real sichtbar

Gefahrenpotenzial wird real sichtbar

Apenrade/Aabenraa
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„Nordschleswiger“-Redakteur Volker Heesch hat sich mit dem Klimaatlas des Dänischen Meteorologischen Instituts (DMI) beschäftigt und kommt zu der Einschätzung, dass in der heimischen Klimaschutzdebatte Positionen angesichts drohender Überschwemmungsgefahren neu bewertet werden müssten.

Das staatliche meteorologische Institut in Dänemark, „Danmarks Meteorologisk Institiut“ (DMI), ist vielen Menschen durch seinen guten Service bekannt, beispielsweise über seine Internetseite dmi.dk sehr zuverlässige Wetterprognosen für alle Landesteile zu liefern und auch die Medien laufend zu unterrichten, damit diese vor Unwettern warnen.

Eine wichtige Aufgabe des DMI ist auch, sich mit dem Thema Klimawandel zu beschäftigen, das in Dänemark seit Jahren in aller Munde ist, in der Politik hohen Stellenwert genießt und auch in der Wirtschaft durch Spezialisierung auf Klimaschutztechnologie immer mehr Bedeutung erlangt.

Im Küstenland Nordschleswig erinnern Sturmflutsäulen wie bei Hoyer oder Erinnerungssteine an der Flensburger Förde daran, dass in der Vergangenheit Wassermassen infolge heftiger Stürme küstennahe Siedlungen überschwemmt haben. Doch lange galten Deichbrüche an der Marschenküste als Phänomene der Vergangenheit und abgesoffene Hafenpromenaden als Wetterkapriolen, die Schaulustigen Unterhaltung bieten.

Die jüngste Aktualisierung des Klimaatlas des DMI gibt jedoch Anlass zur Besorgnis, denn diese weist darauf hin, dass in den kommenden Jahrzehnten gerade entlang der nordschleswigschen Ostküste, wo Küstenschutzdeiche eher eine Ausnahme bilden, eine erschreckend verstärkte Überschwemmungsgefahr zu erwarten ist.

Zum Glück hat die Kommune Apenrade bereits aus früheren Warnszenarien der Meteorologen Schlüsse gezogen und am bekannten Überschwemmungsschwerpunkt Mühlenaumündung ein Schöpfwerk in Angriff genommen. Dennoch ändert ein solches Vorhaben nichts an der Tatsache, dass in Apenrade, aber auch anderswo, viele Häuser auf Flächen gebaut worden sind, die bei einem Meeresspiegelanstieg von 50 Zentimetern zur Gefahrenzone werden.

Dankenswerterweise haben die DMI-Experten berechnet, wo es bei Sturmfluten künftig besonders heikel werden könnte. Es muss nicht nur befürchtet werden, dass vor allem küstennah erbaute Ferienhäuser fortgerissen werden könnten. Auch ganze Siedlungen sind bedroht, wenn nicht zusätzliche Küstenschutzmaßnahmen ergriffen werden. Fachleute weisen darauf hin, dass die Wattenmeerküste in Nordschleswig weniger gefährdet sei, weil die Deichhöhe beim 1982 eingeweihten Schutzbauwerk ausreiche.

Doch es gibt viele andere Deiche, die längst nicht an die 7,45 Meter über Normalnull bei Hoyer heranreichen. Natürlich wäre es besser, wenn es gelingt, durch weltweiten Klimaschutz die Erwärmung der Erde auf 2,4 Grad zu begrenzen. Damit würde bis zum Ende des Jahrhunderts der Meeresspiegel nur um 35 und nicht um 50 Zentimeter wie bei Erwärmung um 4,3 Grad ansteigen. Es gibt viele positive Weichenstellungen in Dänemark, dass klimaschützende Technologie sich durchsetzt. Dazu zählen moderne Fernwärmeversorgungen und energieeinsparende Gerätschaften in Haushalten ebenso wie in der Wirtschaft und im Verkehr. Auch die Nahrungsmittelproduzenten wollen dazu einen Beitrag leisten.

Vor allem aber ist auch jeder einzelne Mensch zum Handeln aufgefordert, der eine Mitverantwortung in Form seines eigenen Klima-Fußabdrucks beim Konsum trägt. Da zählen kleine Alltagsentscheidungen beim Einkauf im Supermarkt ebenso mit wie bedeutende Anschaffungen – etwa der Erwerb eines Autos.

Auch sind Überlegungen erforderlich, ob aus Klimaschutzgründen Solarparks, Windenergieanlagen oder Flugticketabgaben nicht doch akzeptiert werden könnten angesichts ganz anderer „Belästigungen“ wie Flutkatastrophen auch in unserer Heimatregion. Vor allem ist es erforderlich, den globalen Klimaschutz voranzutreiben, durch Export dänischer Klimaschutztechnik, aber auch durch vorbildliches Verhalten aller Bürger, denn im globalen Vergleich sind wir nach wie vor im Durchschnitt übermäßige Erzeuger von Treibhausgasen.

Das gilt es zu bedenken, denn das Gefahrenpotenzial wird realer, wie im DMI-Bericht sichtbar.   

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