Leitartikel

„Grüne Energie in Windeseile“

Grüne Energie in Windeseile

Grüne Energie in Windeseile

Nordschleswig/Kopenhagen
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Staat und Regierung wollen mehr grüne Energie. Doch den Schwarzen Peter schieben sie den Kommunen zu, die sich mit ihren Bürgern auseinandersetzen müssen. Das geht auch anders, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Dänemark will mehr grüne Energie. Das stellte die sozialdemokratische Regierung am Dienstag mit ihrem neuen Programm „Danmark kan mere“ (Dänemark kann mehr) klar. Überraschend ist das nicht, zumal ganz Europa sich derzeit darum bemüht, in Windeseile Alternativen zu russischem Gas zu finden.

Dänemark war auch schon vor der russischen Invasion in die Ukraine auf einem grünen Energie-Kurs, doch jetzt lautet die Devise „noch mehr und noch schneller“: Die Energieproduktion aus Solarzellenparks und landbasierten Windrädern soll bis zum Jahr 2030 vervierfacht werden.

Dabei ist die Anzahl von Windrädern in Dänemark in den vergangenen Jahren recht konstant geblieben. Zwar produzieren größere Windräder mehr Strom, doch es werden derzeit – trotz des offensichtlichen Bedarfs – keine neuen Platzierungen für Windkraftanlagen ausgewiesen.

Eine dänische Lokalpolitikerin erzählte am Mittwochmorgen im dänischen Rundfunk, dass Entscheidungen über die Platzierung von Windrädern die schwierigsten politischen Entscheidungen überhaupt seien. Auf einer Skala von 1 bis 10 sei es eine glatte 10 – es sei sogar leichter gewesen, Schulen zu schließen, meinte sie.

Windräder an Land spalten Bevölkerung, Bekannte, ja, sogar Familien. Der Staat hat den Kommunen in Dänemark keinen Gefallen getan, als die Entscheidungsgewalt vor Ort platziert wurde – nach dem Motto: Ihr kennt ja die Leute. Doch genau das ist das Problem, und deshalb trauen sich viele Lokalpolitiker nicht, neue Windräder zu platzieren. Man gewinnt kaum Freunde – auch nicht in Kriegszeiten.

Das Problem ist ähnlich groß mit den riesigen Solarzellenfeldern. Vor einigen Jahren war die Vermaisung von Landwirtschaftsflächen noch ein Problem, doch heute wünschen sich viele den Mais zurück: grüne Natur statt schwarz gekleidete grüne Energie.

Es steht außer Frage, dass wir in Zukunft eine grünere Energieversorgung brauchen. Das geht entweder durch Bürgerbeteiligung – was allerdings keine Erfolgsgarantie ist – oder durch die staatliche Zwangsausweisung von zukünftigen Landstrichen für neue Windparks. Gegen Bezahlung natürlich.

Das wäre den Lokalpolitikerinne und -politikern gegenüber fairer, statt jetzt von den Kommunen „noch mehr und noch schnellere“ Lösungen zu verlangen. Die nationale Energieversorgung ist eine nationale Verantwortung, die das Folketing auf sich nehmen sollte, statt den Schwarzen Peter an die Kommunen zu vergeben.

 

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