Wahlprognose

„Die Kommunalwahl 2021 hat Thriller-Potenzial“

Die Kommunalwahl 2021 hat Thriller-Potenzial

Die Kommunalwahl 2021 hat Thriller-Potenzial

Apenrade/Aabenraa
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Ein Blick auf Apenrade im Nebel. Und Nebel ist das passende Wetter für einen spannenden Krimi, der für den kommenden Herbst bei den Kommunalwahlen zu erwarten ist. Foto: Karin Riggelsen

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Gut sieben Monate haben die Einwohner von Apenrade noch Zeit, sich zu überlegen, vor welchem Namen oder welcher Partei sie ihr Kreuzchen setzen wollen.

Die Bestürzung über das Wahlergebnis war den Verantwortlichen der Schleswigschen Partei (SP) nach den Kommunalwahlen 2017 ins Gesicht geschrieben. Nur mit Ach und Krach gelang es den Andresen-Vettern Erwin und Kurt, ihre Sitze im Apenrader Stadtrat zu behaupten.

Erwin Andresen büßte sogar mehr als die Hälfte seiner persönlichen Stimmen ein; Kurt Andresens Verluste beliefen sich dagegen „nur“ im zweistelligen Bereich. Letzterer hat sich allerdings entschieden, in diesem Jahr nicht wieder zu kandidieren. Er möchte sich seinem landwirtschaftlichen Betrieb in Nolde und seiner Familie widmen. Das ist politisch und menschlich ein herber Verlust für die SP Apenrade und für den Kommunalrat.

Mit Kurt Asmussen aus Pepersmark hat die Liste S allerdings in diesem Jahr einen neuen Mann am Start, der eine gute Chance hat, die Kurt-Wähler aus dem Westteil der Kommune auffangen zu können.

Mit diesem Spitzenquartett will die SP Apenrade in den Wahlkampf ziehen. Das erklärte Ziel heißt: Drei Mandate. Das Foto zeigt von links: Käthe Nissen, Kurt Asmussen, Erwin Andresen und Thore Naujeck. Foto: Pressefoto

Erfahrung und frische Energie

Die Wunden von 2017 sind inzwischen geleckt.

Mit ganz viel Elan und einer Mischung aus spannenden neuen Kandidaten und bewährten Kräften will die SP Apenrade sich in diesem Jahr ins Wahlkampfgetümmel stürzen. Angestrebtes Ziel ist ein drittes Mandat.

Die SP Apenrade will mit einem Spitzenquartett, angeführt von Erwin Andresen, ins Rennen gehen. Andresen ist unangefochten der Kandidat mit der meisten Erfahrung. Am Ende dieser Legislaturperiode ist er 20 Jahre lang Stadtratsabgeordneter für die SP gewesen – zunächst in Tingleff (Tinglev) und anschließend in Apenrade.

Fakten und Argumente

Seine politische Konkurrenz fürchtet und schätzt sein profundes Wissen gleichermaßen. Auch die Mitarbeiter im Rathaus wissen, dass er sich nicht mit Geschwätz abspeisen lässt. Für ihn zählen nur Fakten und Argumente.

Erwin Andresen ist kein Hau-Drauf- oder Nach-mir-die-Sintflut-Politiker, sondern jemand, der immer nach Kompromissen und Lösungen sucht und sie in der Regel auch findet und dabei auch politisches Fingerspitzengefühl an den Tag legt.

Zudem ist Verlässlichkeit eine Eigenschaft, die auch die Kollegen im Kommunalrat an Erwin Andresen schätzen. Letztere Fähigkeit fehlt manchem der amtierenden Stadtratspolitiker, weshalb es auch schon verschiedentlich zu Konflikten gekommen ist.

Die Bestürzung über das katastrophale Abschneiden bei den Kommunalwahlen 2017 war dem Spitzenkandidaten der Schleswigschen Partei in Apenrade, Erwin Andresen (sitzend Bildmitte) deutlich anzusehen. Foto: Karin Riggelsen

Rückgang um 800 Stimmen

In der Politik und erst recht im Wahlkampf sind Fakten und Argumente aber nicht wirklich „sexy“ und nur sehr schlecht zu verkaufen. Das war wohl auch eines der Probleme bei den Wahlen 2017. Zumal die beiden Spitzenmänner Erwin und Kurt Andresen bei ihren eigenen Kernwählern auch nicht die uneingeschränkte Rückendeckung erfuhren. Ein Rückgang von fast 800 Stimmen für die SP Apenrade spricht Bände.

Auch wenn das vielleicht nicht jeder in der SP-Spitze hören oder wahrhaben will, so müssen einige Mitglieder der Minderheit ihre Stimmen anderen Parteien oder Kandidatenlisten gegeben haben. Das „Problem“ der Schleswigschen Partei ist, dass sie möglichst die ganze Bandbreite abdecken muss.

Bunte Vielfalt

Die Mitglieder der Minderheit sind politisch genauso bunt und vielfältig wie die Mehrheitsbevölkerung. Die SP hat deshalb die Schwierigkeit, alle – von ganz links bis ganz rechts – unter einen Hut bringen zu müssen. Die Partei hat zwei Wahlbündnispartner aus der Mitte gefunden, die helfen sollen, Stimmen zu sammeln. Mit „Alternativet“ und den Christdemokraten (Kristdemokraterne) hoffen Andresen und Co. einen dritten Sitz im Stadtrat ergattern zu können.

So werden sicherlich auch einige der SP-Stimmen bei den Neuen Bürgerlichen gelandet sein, die 2017 erstmals bei den Kommunalwahlen antraten, oder bei den Konservativen, die damals deutlich dazugewinnen konnten, oder auch bei den Sozialdemokraten, um weitere vier Jahre von Venstre-Bürgermeister Thomas Andresen zu verhindern, der sich vier Jahre zuvor mit den fünf Mandaten der Dänischen Volkspartei in den Bürgermeisterstuhl hatte hieven lassen.

Breite Konstituierung

Dieses Manöver hatten die Wähler 2017 offensichtlich nicht vergessen. Venstre büßte 2 ihrer 13 Plätze ein, während die Sozialdemokraten einen Platz zurückergattern konnten und nunmehr 9 Mandate hatten.

Bürgermeister Andresen zeigte nach den Wahlen 2017, dass er dazugelernt hatte, indem er diesmal eine breite Konstituierung durchführte.

Die wahren Wahlgewinner

Auch wenn für die Konservativen bei der Konstituierung kein Ausschussvorsitz heraussprang, so durften diese sich als Einzige 2017 als echte Wahlgewinner fühlen. Ihr Stimmenzuwachs führte dazu, dass Jan Riber Jakobsen seit fast vier Jahren nun Rasmus Elkjær Larsen an seiner Seite hat.

Just die gute Zusammenarbeit unter diesen beiden stimmt die Konservativen zuversichtlich, bei den Wahlen im kommenden Herbst weitere Mandate ergattern zu können.

Noch in der Wahlnacht im November 2017 führte Thomas Andresen (links vornübergebeugt am Tisch) in der Sønderjyllandshalle erste Sondierungsgespräche mit den Parteienvertretern. Am Ende gelang die von ihm angestrebte große Koalition. Foto: Karin Riggelsen

Erwartungen für 2021

Damit sind wir bei den Erwartungen für 2021.

Um es vorwegzuschicken: Die Schleswigsche Partei muss sich anstrengen, wenn sie ihre beiden Mandate behalten will. Sie muss die Kernwähler wieder ins Boot holen und möglichst auch bei der Mehrheitsbevölkerung Stimmen holen. Das wird schwer genug.

Die Sitze im Stadtrat verteilten sich nach den Wahlen 2017 auf sieben Parteien (Venstre 11, Sozialdemokratie 9, Dänische Volkspartei 5, Konservative 2, Schleswigsche Partei 2, Sozialistische Volkspartei 1 und Einheitsliste 1). Seitdem ist allerdings einiges passiert. Unter anderem hat sich die DF-Fraktion zersprengt.

Mandatsverluste für DF

Ejler Schütt, der 2017 die drittmeisten persönlichen Stimmen holte, ist inzwischen der Liberalen Allianz beigetreten und wird im Herbst auch für die Liste I antreten.

Es bedarf deshalb keiner hellseherischen Fähigkeiten, um der Dänischen Volkspartei herbe Mandatsverluste zu prophezeien. Der neue Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat Arne Leyh Petersen hat nicht das Charisma eines Ejler Schütt. Inwieweit die Wähler allerdings Schütts erneuten Parteiwechsel – er vertritt die vierte Partei bzw. Liste seiner Karriere – mitmachen, bleibt abzuwarten.

Chance für die Neuen Bürgerlichen

Gerade weil die rechtskonservative DF-Fraktion an Stärke verloren hat, ist damit zu rechnen, dass auch die noch rechteren Neuen Bürgerlichen im neuen Stadtrat vertreten sein werden. Nicht zuletzt der Vielfalt willen, ist es nahezu zu hoffen, dass sowohl SF als auch EL als Ein-Mann- bzw. Ein-Frau-Fraktionen im Rathaussaal bleiben können.

Allerdings steht zu befürchten, dass die beiden großen Parteien – Venstre und Sozialdemokraten – den Wahlkampf erfolgreich auf die Bürgermeisterfrage reduzieren können. Kann Thomas Andresen die Bürgermeisterkette verteidigen, oder muss er sie an den sozialdemokratischen Herausforderer Erik Uldall Hansen abgeben?

Lautet die Frage nur Thomas oder Erik, dann bleiben die kleineren Parteien – darunter auch die SP – auf der Strecke.

Kurt Andresen tritt in diesem Jahr nicht wieder für die SP Apenrade an. Er möchte sich seiner Familie und seinem landwirtschaftlichen Betrieb in Nolde widmen. Foto: Karin Riggelsen

Wahlthemen 2021

Welche Wahlthemen werden 2021 eine Rolle spielen? Diese Frage stellen sich sicherlich auch die Verantwortlichen in den verschiedenen Parteien.

Die Sozialdemokraten werden ganz sicherlich den Jollenhafen von Loddenhoi (Loddenhøj) aufbringen. Das hat Uldall Hansen erst kürzlich bei der März-Sitzung des Stadtrates mehr als durchblicken lassen. Ob die Partei damit in der ganzen Kommune punkten kann, darf zumindest angezweifelt werden.

Auch die Wassersportarena in Apenrade wird gewiss ein Thema sein, das die Sozialdemokraten in den Wahlkampf werfen werden.

Reale Zukunftsplanung oder Luftschlösser?

Welche Themen könnten darüber hinaus eine Rolle spielen? Soll die Schwimmhalle in Rothenkrug (Rødekro) geschlossen werden, wenn erst das neue Schwimmstadion in Apenrade gebaut ist? Für wie viele Fotovoltaik-Felder ist in der Kommune Apenrade überhaupt noch Platz, und kommen die angekündigten Rechenzentren? Welchen Stellenwert hat der Natur- und Klimaschutz in der Kommune Apenrade?

Welche Ideen gibt es für die Stadtentwicklung Apenrades – und ist Stadtentwicklung in Hafennähe überhaupt möglich, ohne die Entwicklung des Wirtschaftshafens zu gefährden? Ist der Standort am Kilen für das geplante neue Apenrader Museum wirklich geeignet? Wie ist es um die Entwicklung im ländlichen Raum bestellt, und was ist in Sachen Infrastruktur und öffentlichem Nahverkehr möglich? Auch die jüngst vom Apenrader Musikrat geforderte Übungsstätte für die Amateurmusikszene könnte  durchaus den Wahlkampf beleben. Gleiches gilt für die Raumklima-Probleme in der Fjordskole, die nach Krusau (Kruså) verlegt wurde. Dort wurde kürzlich Schimmel im Keller und unter dem Dach entdeckt.

Sicherlich schlummern im politischen Unterbewusstsein noch viel mehr Themen, von denen selbst die Verantwortlichen in den Parteien jetzt noch gar nichts ahnen.

Machen Venstres Thomas Andresen (rechts oben) und Erik Uldall Hansen (rechts unten) von den Sozialdemokraten das Bürgermeisterrennen unter sich aus oder können Kandidaten wie der Konservative Jan Riber Jakobsen (links unten) oder gar Erwin Andresen von der Schleswigschen Partei den beiden Spitzenkandidaten der beiden großen Parteien in Apenrade die Bürgermeisterkette wegschnappen? Foto: Collage: Marc Janku/Fotos: Kommune Apenrade und Pressefotos

Einfluss der Landespolitik

Und ganz gewiss werden auch landespolitische Themen Einfluss darauf haben, wie die Wähler auf kommunaler Ebene abstimmen. Staatsministerin Mette Frederiksen hat bei der Corona-Krise zuletzt viele Sympathiepunkte eingebüßt, aber auch bei Venstre brodelt es an der landespolitischen Parteispitze gewaltig.

„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“ Diese Aussage wird mehreren Personen zugeschrieben, unter anderem dem amerikanischen Schriftsteller Mark Twain und dem dänischen Naturwissenschaftlicher Niels Bohr. Nichtsdestotrotz trifft sie auch auf Wahlanalysen zu.

Neue Konstellationen denkbar

Tatsächlich müssen in Apenrade nicht großartig viele Wähler von Venstre abwandern, damit Thomas Andresen den Bürgermeisterstuhl wieder freimachen muss. Eine bürgerliche Mehrheit muss nämlich nicht zwangsläufig dazu führen, dass er Kommunaloberhaupt bleibt. Der neue Bürgermeister muss genauso wenig unweigerlich Erik Uldall Hansen heißen.

Völlig neue Konstellationen sind denkbar. Voraussetzung ist allein, dass der Bürgermeisterkandidat – von welcher Partei auch immer – mindestens 15 Mandate hinter sich bringen kann. Und das könnte bei entsprechendem Wahlausgang sowohl dem konservativen Herausforderer Jan Riber Jakobsen als auch SP-Spitzenkandidat Erwin Andresen gelingen. Warum nicht?

Mit anderen Worten: Die Kommunalwahlen 2021 haben in Apenrade durchaus Politthriller-Potenzial!

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