Laienschauspielgruppe

Die „Sexy-Bar“ in der Jündewatter Straße sorgte für viel Unruhe

Die „Sexy-Bar“ in der Jündewatter Straße sorgte für viel Unruhe

„Sexy-Bar“ in der Jündewatter Straße sorgte für viel Unruhe

Jündewatt/Jyndevad
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Die freche Lotte (Marion Miltzow, zweite von rechts) sorgt für schmachtende Blicke bei den Herren Benjamin (Cilli Guldager), Theodor (Marion Christensen) und Andreas (Rolf Pfeifer). Bei Camilla (Karin Hansen Osmanoglu) und Melanie (Marion Jørgensen) hält sich die Begeisterung hingegen in Grenzen. Foto: Nils Baum

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Buntes Chaos und so manche Anzüglichkeit sind das Salz in der Suppe, wenn die Jündewatter Laienspielgruppe den Schwenk um den irren Theodor auf die Bühne bringt. Der Lebemann versucht zuerst seinen Sohn und dann sich selbst zu retten. Doch gelingt es ihm, die aus einem Nackttanz erwachsene Familientragödie zu verhindern?

Theodor, ein flotter Mittfünfziger, Pensionist und Hausbesitzer, hat über die Stränge geschlagen: Bei einem Pferderennen hat er all sein Hab und Gut verspielt.

„Der einzige Gewinn, den du in deinem Leben gemacht hast, ist, dass du mich geheiratet hast!“, ist die scharfzüngige Replik seiner Ehefrau Melanie auf den Versuch ihres Ehemanns, sie ob dieser dramatischen Nachricht zu beruhigen.

Der gemeinsame Sohn Andreas erscheint auf der Bühne, und sein Vater beichtet auch ihm seinen zu risikofreudigen Einsatz mit den Worten „Mich hat es übermannt beim Pferderennen. Aber sei erst einmal so lange verheiratet wie ich, dann übermannt dich gar nichts mehr!“

Familienstreitigkeiten: Theodor, Andreas und Melanie sind sich nicht immer grün. Foto: Nils Baum

Scharfzüngig und anzüglich

Die Dialoge sind scharfzüngig, von der ersten Minute an liegt Humor in der Luft. Schon nach wenigen Sätzen sind die knapp 100 Zuschauerinnen und Zuschauer im Deutschen Haus Jündewatt nicht im Zweifel darüber, dass es an diesem Abend anzüglich zu Worte geht, wenn die „Theatergruppe Jündewatt“ das Stück „Der irre Theodor“ zum Besten gibt.

Denn auch Sohnemann Andreas wartet seinerseits mit einem Eingeständnis auf. Der recht ansehnliche Bursche fragt seinen Vater, ob er die Sexy-Bar in der Jündewatter Straße kenne. „Und was machst du da?“, fragt dieser entsetzt. – „Du kannst ja Fragen stellen. Da gibt es die tollsten Weiber. Und die freche Lotte ist mir besonders aufgefallen. Sie hat Rock’n’Roll auf dem Tisch getanzt, so erotisch, das kann ich dir sagen“, schwärmt der Sohn seinem Vater von seinen Erlebnissen vor. – „Und da hast du zugeschaut?“, fragt der ahnungslos zurück. – „Zugeschaut? Ich habe mitgetanzt!“, antwortet sein Sohn.

Doch es kommt noch schlimmer. Scharfsinnig erkennt der Vater „Aber sie war doch nackt.“ – „Das war ich auch!“ Die Lacher sind den beiden sicher.

„Das gibt’s ja nicht, das ist ja mein Andreas!“, ruft Melanie entsetzt ob des herzförmigen Muttermals auf dem Hinterteil ihres in der Illustrierten abgebildeten Sohnes. Foto: Nils Baum

Vertrackte Lage

Nackt, das hätte er besser nicht sein dürfen; ja, eigentlich hat Sohnemann gar nichts in der Sexy-Bar zu suchen, soll er doch schon bald die schöne Flora heiraten.

Dass die Lage tatsächlich vertrackt ist, wird klar, als Camilla die Bühne betritt. Sie ist die Mutter der schönen Flora und hat Neuigkeiten, die gar nicht gut sind für die künftigen Schwiegereltern ihrer Tochter: Auf der Titelseite einer Illustrierten sind zwei nackte Männer abgebildet, die auf einem Tisch tanzen. Das wäre insofern nicht weiter schlimm, doch ist da ausgerechnet ein herzförmiges Muttermal auf dem einen Hinterteil zu erspähen.

„Das gibt’s ja nicht, das ist ja mein Andreas!“, ruft Melanie ob dieses eindeutigen Erkennungsmerkmals entsetzt. Und wundert sich, wie ihr Sohn auf die Titelseite einer Illustrierten kommt.

Sohnemann Andreas ist in Erklärungsnot, seitdem sein Techtelmechtel mit der frechen Lotte es auf die Titelseite einer Illustrierten geschafft hat. Foto: Karin Riggelsen

Der Nackte, der bin ich

Da hilft nur ein teuflischer Plan, und den heckt ausgerechnet der risikofreudige Theodor aus. Der ist nämlich nicht nur auf der Pferderennbahn ein waghalsiger Lebemann; auch sonst scheint er sich für nichts zu schade: „Ich habe euch ein Geständnis zu machen. Der Nackte auf dem Foto ist gar nicht der Andreas. Der Nackte auf dem Foto bin nämlich ich!“, unterbreitet er den Anwesenden zum Entsetzen seiner Frau und dem Gelächter der Zuschauerinnen und Zuschauer.

Das wird alles zu viel für Melanie, sie will ausziehen.

Während Mutter Melanie entsetzt ist ob der Eskapaden ihres Sohnes und ausziehen will, findet dessen Verlobte Flora (Nadine Budd) das alles nur halb so schlimm. Foto: Karin Riggelsen

Die letzten Hemmungen fallen

Es kommt zu weiteren unerwarteten Situationen und Reaktionen, und schließlich fragt Theodor seinen Sohn, wie er bloß wieder aus diesem ganzen Schlamassel herauskomme. Doch auch er hat eine vermeintlich geniale Idee: „Spiel einfach den Verrückten. Der sich an gar nichts erinnern kann.“ Ein kluger Vorschlag, wie sein Vater findet.

Und damit fallen endgültig alle Hemmungen. Ehefrau Melanie bekommt Mitleid mit ihrem Theodor; Vater und Sohn lachen sich anschließend ins Fäustchen; und dann erscheint auch noch die freche Lotte aus der Sexy-Bar auf der Bühne, und es kommt zur Kissenschlacht.

Irgendwann wird alles zu viel. Dann hilft womöglich eine Kissenschlacht. Foto: Nils Baum

Totales Chaos

Am Ende ist das Chaos perfekt. Melanie glaubt, dass ihr Mann tatsächlich verrückt ist; Flora soll von ihrer Mutter enterbt werden; und Theodor weigert sich, noch länger den Verrückten zu spielen. Doch dann wären Ehe und Mitgift futsch. Schließlich bleibt Sohnemann Andreas nichts anderes übrig, als reinen Tisch zu machen. Er beichtet, dass sich sein Vater für ihn geopfert hat. Melanie ist entsetzt: „Dann bist du nicht wirklich irre?“, fragt sie ihren Ehemann.

Und der antwortet zu guter Letzt: „Es war doch alles nur der Versuch, aus einem Nackttanz nicht eine Familientragödie werden zu lassen.“

Alle verzeihen sich, der Vorhang fällt, das Publikum ist begeistert und belohnt die beeindruckende Leistung der Laienschauspielercrew mit lautem Applaus.

Ende gut, alles gut. Die vermeintliche Familientragödie löst sich in Wohlgefallen auf. Foto: Karin Riggelsen

Spontaneität ist Trumpf

Nach dem Stück zeigt sich Rolf Pfeifer sehr zufrieden. „Es hat Spaß gemacht. Viele Dinge sind spontan passiert, Textlücken haben wir ausgefüllt und Bewegungsabläufe, die wir nicht voraussehen konnten, im Moment des Geschehens kurzerhand erfunden“, sagt er.

Bereits 2021 hatte die Jündewatter Laienspielgruppe angefangen zu proben, durch Corona hat sich alles verzögert. In der Zwischenzeit haben zwei Personen das Team verlassen, eine weitere Mitstreiterin schied nach Wiederaufnahme der Proben im November vergangenen Jahres gesundheitsbedingt aus. Dies war der Moment, in dem Rolf Pfeifer einsprang und sich entgegen seinen ursprünglichen Plänen erneut als Schauspieler verdingte. Seitdem haben die Laienschauspielerinnen und -schauspieler jede Woche zweimal geprobt.

Tolles Publikum

Dass die Müh nicht vergebens war, hat die Laienspielgruppe gemerkt. „Das Publikum heute Abend war toll. Es hat schön mitgespielt. Das bedeutet sehr viel, eigentlich bedeutet das alles“, sagt Cilli Guldager, die die Rolle des senilen Ehemanns der forschen Camilla spielt.

Die knapp 100 Zuschauerinnen und Zuschauer belohnten den Einsatz der Laienspielgruppe mit viel Applaus. Foto: Nils Baum

Stück an nordschleswigsche Gegebenheiten angepasst

Besondere Verdienste kommen dabei auch Gretel Ries zu. Sie hat das ursprünglich in Österreich verfasste Stück an die Gegebenheiten in Nordschleswig angepasst. „Man ist immer happy, wenn das erste Mal überstanden und gut über die Bühne gegangen ist. Wir haben laufend Dinge geändert, einiges haben wir ausgelassen, und ich habe viel gekürzt, sonst hätte das Stück statt eineinhalb ganze zwei Stunden gedauert“, sagt Gretel Ries.

„Sie hat uns wirklich unterstützt, das hat uns viel Sicherheit gegeben“, sagt Marion Christensen, die die Rolle des lebenslustigen Theodors verkörpert. „Die Rolle ist so vielseitig, erst soll ich einen Mann spielen, dann einen Verrückten. Das macht den Reiz aus und hat wirklich Spaß gemacht“, sagt sie.

Nach dem Stück gab es Kaffee und Kuchen und reichlich Gelegenheit, sich über den lebenslutigen Theodor und seine Familie auszutauschen. Foto: Nils Baum

Weitere Vorstellungen

Schon am Sonnabend stehen die sieben Laiendarstellerinnen und -darsteller erneut auf der Bühne. Nachdem am Freitagabend der Sozialdienst Buhrkall eingeladen hatte, ist am Sonnabend der BDN-Ortsverein Renz-Jündewatt (Rens-Jyndevad) Gastgeber. Die Vorstellung beginnt um 19.30 Uhr.

Weitere Vorstellungen gibt es am 18. März bei der Patenschaft in Elmshorn und am 24. März beim BDN-Ortsverein Sommerstedt (Sommersted) in Mölby (Mølby).

Der Hinweis auf kommende Veranstaltungen wurde am 13. März 2023 um 11.25 Uhr aktualisiert.

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