Recycling

Was passiert eigentlich mit unserem Müll?

Was passiert eigentlich mit unserem Müll?

Was passiert eigentlich mit unserem Müll?

Tingleff/Tinglev
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Tingleffer Hauptstraße: Die Müllabfuhr leert die Tonne – aber was passiert dann mit dem Abfall? Foto: Sara Wasmund

Was passiert eigentlich mit dem Müll der Tingleffer Bürger, nachdem dieser mit dem Lastwagen abtransportiert wurde? „Der Nordschleswiger“ hat sich auf die Spur der Abfallprodukte begeben – und in der Müllsortieranlage Erstaunliches erfahren.

Da steht sie, die geleerte Recycling-Tonne mitten auf dem Gehweg in der Tingleffer Hauptstraße. Aus den Augen, aus dem Sinn. Nur wenige Bürger der alten Kommune Tingleff werden sich nach Leerung ihrer Mülltonnen Gedanken darüber machen, welchen Weg ihr Abfall nun nimmt.

Weg ist weg und weg ist er – aber wohin? „Der Nordschleswiger“ wollte es wissen – und stattete dem Teamleiter der Abfallgesellschaft Arwos auf der Wiederverwertungsanlage vor den Toren Apenrades einen Besuch ab.

Alles zusammenkippen – stimmt das Gerücht?

Stimmt das Gerücht, dass am Ende der ganze Müll wieder zusammengekippt wird und sich die Mülltrennung am Ende überhaupt nicht lohnt? Diese Behauptung kann Teamleiter Halfdan Neumann mit Fakten widerlegen.

Wir beginnen den Rundgang an einer Mülltonne. Wo sonst. Zwei Fächer hat sie, eines für Papier, Pappe und Plastikfolie, eines für Glas, Hartplastik und Metall. Der Inhalt der Fächer landet im Müllwagen der Firma Mammen in getrennten Fächern und wird zunächst nach Pattburg/Padborg gefahren.

 

Arwos-Teamleiter Halfdan Neumann mit einer Recycling-Tonne. Links der Behälter für Glas, Hartplastik und Metall, rechts hinein kommen Pappe, Papier und Plastikfolie. Foto: Sara Wasmund

Dort in Pattburg werden die Abfälle in zwei verschiedene Container umgelagert. Glas und Co. werden in eine Wiederaufbereitungsanlage von „Dansk Affald“ nach Woyens/Vojens gefahren.

„Dieser Abfall mit Glas, Hartplastik und Metall wird hauptsächlich maschinell getrennt, mit einem Gegenstrommagneten“, erzählt Halfdan Neumann.

Und los geht das Recycling

Die Container mit dem Papierabfall aus den Mülleimern landen bei Halfdan Neumann und seinen Kollegen von Arwos.

Und los geht das Recycling. Der Container mit Papier, Pappe und Plastikfolie – pro Tag kommt ein Container aus Pattburg an – dockt quasi an einem Laufband an, wird geöffnet und geleert. Der Inhalt kriecht langsam die Steige hinauf, hinein in den Sortierkreislauf.

 

Ein Container voller Papier-, Plastik- und Pappmüll kommt in der Sortieranlage an und kriecht auf dem Förderband nach oben. Foto: Sara Wasmund

Das Herz dieses Kreislaufes schlägt am höchsten Punkt des Laufbandes. Hier stehen in der Regel fünf Personen und sortieren den Müll per Hand.

Von wegen alles wird zusammengekippt!

Von wegen alles wird zusammengekippt! In Sekundenschnelle pflücken die Männer den Müll auseinander und werfen ihn in große Öffnungen, die überall im Raum verteil den Müll verschlucken.

Plastik, Papier, Pappe, Restmüll, Kleidungstüten, Gegenstände, die definitiv nicht in den Papiermüll gehören – die Hände sorgen für Ordnung und die Materialien fallen in die davor vorgesehenen Schächte.

 

Handarbeit im Zwei-Schicht-System: Hier werden alle Materialien sauber getrennt. Foto: Sara Wasmund

„Unsere gepresste Pappe und das gepresste Papier dürfen am Ende höchstens vier Prozent Verunreinigung aufweisen, da muss man gut sortieren“, sagt Halfdan Neumann, während die Mitarbeiter behände sortieren – und das reine Papier auf dem Band weiterzieht.

In zwei Schichten stehen hier fünf Personen und „pflücken“, von 6 bis 14 Uhr und von 14 bis 22 Uhr. „Die Müllmenge nimmt zu – vor allem wegen der kostenlosen Lieferung von Paketen aus China“, sagt Halfdan Neumann.

Heraus kommt ein dicht geschichteter Quader

Weiter geht es im Prozess. Das Papier landet in der Presse, heraus kommt ein dicht geschichteter Quader voller Recycling-Papier.

„Bislang haben wir nur eine Presse, die wir sowohl für Papier als auch für Pappe nutzen. Im Herbst kommt eine zweite hinzu. Denn wie gesagt: Die Papp-Menge steigt enorm an.“

 

Das Recycling-Papier wird nach Deutschland verkauft. Dort wird unter anderem die Druckerschwärze wiederverwertet. Foto: Sara Wasmund

100 Tonnen Recycling-Papier produziert Arwos pro Woche. Hinzu kommen 20 Tonnen Pappe. Die Quader stehen in einer Lagerhalle. Der Rohstoff wird nach Deutschland verkauft.

„Dort zieht man die Druckerschwärze in einem speziellen Verfahren heraus, diese wird in der Asphaltindustrie wiederverwertet.

Material für Toilettenpapier und Eierkartons

Außerdem entstehen Recycling-Produkte wie Toilettenpapier oder Eierkartons“, gibt Neumann einige Beispiele, was aus dem Müll der Tingleffer Bürger wird.

Rund 1.000 Kronen pro Tonne Papier erhält Arwos vom Abnehmer, 530 Kronen für eine Tonne Pappe.

100 Tonnen Papier und 20 Tonnen Pappe werden in der Wiederverwertungsanlage pro Woche verarbeitet. Tendenz steigend.


 

Arwos-Teamleiter Halfdan Neumann vor den gelagerten Recycling-Quadern in der Lagerhalle. Foto: Sara Wasmund

Zum Abfall aus den Mülltonnen der Bürger kommt noch jener hinzu, der auf den fünf Containerplätzen der Kommune abgegeben wird. Hier stehen große Container bereit, in die der Abfall geworfen wird.

35 Tonnen Gartenmöbel aus Plastik

Der für Plastik-Gartenmöbel ist bis zum Rand gefüllt. Auch dieses Hartplastik wird in Woyens wiederverwertet, erst von Hand sortiert und dann zu Granulat verarbeitet, das wiederum von der Industrie wiederverwendet wird. Der Rest wird kontrolliert verbrannt.

35 Tonnen Gartenmöbel aus Plastik hat Arwos in 2018 entgegengenommen, 46 Tonnen PVC und 12 Tonnen Plastikfolie.


 

35 Tonnen Gartenmöbel kamen 2018 zusammen Foto: Sara Wasmund

Leben wir in einer Wegwerfgesellschaft? „Oh ja, daran besteht kein Zweifel. Wegwerfen und neukaufen. Das ist es, was die meisten Verbraucher tun“, sagt Halfdan Neumann – und die randvollen Container rund um ihn herum scheinen ihm recht zu geben.

EU plant Pfandsystem auf Pappe und Papier

Wo sieht er die Herausforderungen in der Müllverarbeitung der Zukunft? „Die EU plant ein Retour-System auf Pappe und Plastik, ähnlich dem für Dosen.

Das soll ab 2023 umgesetzt werden. Wie, das wissen wir noch überhaupt nicht. Was dann aus unserer Wiederaufbereitung wird und wie das geregelt wird, ist noch völlig unbekannt. Das wird auf jeden Fall eine Veränderung werden.“

 

Das Ergebnis einer Wegwerfgesellschaft: Ein Haufen Bücher, die im Papiermüll gelandet sind. Foto: Sara Wasmund

Die laufende Diskussion über Klimaschutz sei wichtig, „damit das Plastik nicht im Meer landet“, so Neumann. Generell schlecht sei Plastik aber nicht.

„Wer sein Plastik ordentlich entsorgt, der braucht kein schlechtes Gewissen haben, Plastik zu benutzen“, so der Teamleiter. Zumal es ja zu großen Teilen wiederverwertet wird.

Das Hartplastik wird abgeholt und zu Granulat geschreddert und anschließend in der Industrie wiederverwendet. Foto: Sara Wasmund

„Plastik ist also kein schlechtes Produkt“

Und der Teil des Plastikabfalls, der nicht recycelt wird, der wird verbrannt, und zwar derart kontrolliert und unter strengen Regeln, dass man sich darüber keine Gedanken machen muss. Plastik ist also kein schlechtes Produkt. Nur, wenn es in die Natur gelangt!“

Sind die Bürger gut im Müllsortieren? „Ich finde schon. Es kann immer besser sein und manchmal finden wir die verrücktesten Dinge im Recyclingmüll. Aber im Großen und Ganzen machen sie es gut!“


 

Die „Wall of Shame“ mit falsch weggeworfenen Gegenständen Foto: Sara Wasmund

Bei Arwos nimmt man die „Fehlsortierungen“ mit Humor – und heftet besonders falsch platzierte Teile an eine „Wall of Shame“.

Und was passiert mit dem Restmüll der Tingleffer? „Der wird in der Sonderburger Anlage verbrannt. Das Problem beim heutigen Restmüll ist, dass er sehr feucht ist und daher einen sehr niedrigen Brennwert hat.“

Einen Container pro Tag pflücken die Mitarbeiter auseinander

Für heute ist der Rundgang beendet, die Vormittagsschicht sortiert weiter. Einen Container pro Tag pflücken die Mitarbeiter auseinander.

Wenn ein Bürger etwas in das falsche Tonnen-Fach wirft, kann sicher sein, dass es spätestens hier entdeckt – und aussortiert – wird.

Die Mülltrennung in der alten Kommune Tingleff funktioniert. Davon konnte sich „Der Nordschleswiger“ in dieser Woche selbst überzeugen. Von wegen, alles wird zusammengekippt …


 

Auf dem Wertstoffhof im Nordwesten Apenrades wird der Müll getrennt und wiederaufbereitet. Foto: Sara Wasmund
  • Arwos ist eine Aktiengesellschaft, die zu 100 Prozent im Besitz der Kommune Apenrade ist.

 

  • Das Unternehmen finanziert sich über die Gebühren, die die Bürger der Kommune für die Müllentsorgung zahlen, außerdem über den Verkauf von recycelbarem Papier und Pappe.

 

  • Gewinne machen darf Arwos nicht, Ziel ist die Deckung der Kosten.

 

  • Die Mülltrennungsanlage inklusive Containerplatz liegt in der Nähe des Apenrader Krankenhauses am Forsyningsvejen. Seit 2012 ist die Anlage in Betrieb, die beiden Betriebe in Apenrade und Rothenkrug/Rødekro wurden geschlossen und in einem vereint.
  • Neben der Müllverwertungsanlage am Forsyningsvejen betreibt Arwos einen zweiten großen Containerplatz in Pattburg, beide sind 360 Tage im Jahr geöffnet. Drei kleinere Containerplätze liegen in Klipleff/Kliplev, bei Kobro und Feldstedt/Felsted
  • Wer sich die Mülltrennung einmal selbst anschauen möchte: Arwos bietet für Vereine, Schulen und Gruppen Führungen an.

 

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