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Abwechslung statt nur Passkontrolle: Grenzpolizei in Pattburg sucht Nachwuchs

Abwechslung statt nur Passkontrolle: Grenzpolizei in Pattburg sucht Nachwuchs

Abwechslung statt Passkontrolle: Polizei sucht Nachwuchs

Pattburg/Padborg
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Karsten Høy
Karsten Høy, Chef der operativen Abteilung bei der Grenzpolizei in Pattburg, hält seinen Arbeitsplatz nicht nur für junge Bewerbende für attraktiv. Foto: Cornelius von Tiedemann

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Kriminalität verhindern als Karriereweg: Was hat der Job in hellblauer Uniform zu bieten? An der grenznahen Polizeiwache mit Hunderten dänischen und deutschen Mitarbeitenden wurde das am Sonnabend vorgeführt. Ein Einblick in ein besonderes Stück Nordschleswig.

Im deutsch-dänischen Grenzland ist die Polizei über viele Jahre sichtbarer gewesen, als es so manchen lieb war: An der Grenze wurden alle – auch und vor allem Unbescholtene – nach ihren Papieren gefragt. Inzwischen sind die dänischen Grenzkontrollen wieder hauptsächlich ins Hinterland verlegt worden. Doch der Bedarf an neuen Kolleginnen und Kolleginnen ist ungebrochen groß.

„Wir wollen zeigen, welche Berufschancen es hier bei der Polizei gibt“, sagt Karsten Høy, Leiter der operativen Abteilung, der am Sonnabend, beim Tag der offenen Tür der Grenzpolizei in Pattburg, die Presse über das Gelände und durch die Gebäude führt.

„Wir möchten enorm gerne mehr Menschen anwerben. Besonders Menschen, die hier leben und die gerne hier bleiben wollen“, so Høy.

Grenzpolizei Pattburg
Blick nach oben: Das bunte, gläserne Treppenhaus erinnert an das Kunstmuseum Aros in Aarhus. Foto: Cornelius von Tiedemann

Von dunklen Fluren zu moderner Büro-Atmosphäre 

Rund 300 Menschen arbeiten derzeit in dem äußerlich unscheinbaren Gebäudekomplex der Grenzpolizei im Pattburger Gewerbegebiet, der Speditions- und Lkw-Hauptstadt Jütlands. Ein Brummi reiht sich hier auf dem Asphalt rundherum an den nächsten. Auch direkt vor der Grenzpolizei stehen sie. Denn hier ist auch der Zoll zu Hause.

Wer mal den Traum hatte, Polizistin oder Polizist zu werden – traut euch!

Karsten Høy

„In den vergangenen Jahren ist hier viel passiert“, sagt Høy. „Das Haus ist instand gesetzt und ausgebaut worden, und es sind neue Abteilungen hinzugekommen. Es ist ein sehr offener Arbeitsplatz geworden.“ Ein anschauliches Beispiel sind die vielen Glaswände – die im neuen Treppenhaus in verschiedenen Farben gehalten sind, ganz wie auf dem berühmten Dach des Kunstmuseums Aros in Aarhus. 

Die neuen Bereiche seien von Polizistinnen und Polizisten mitkonzipiert worden, berichtet er. Entsprechend gebe es auch einen räumlichen roten Faden für die Arbeitsabläufe, wenn etwa jemand festgenommen wurde. Das mache nicht nur die Arbeit leichter, „es sorgt auch dafür, dass die Menschen bestmöglich behandelt werden können“, sagt Høy.

Polizeihunde
Die Vorführung mit den Polizeihunden kam bei den Familien besonders gut an – und die Kinder durften sich von Spürhund beschnüffeln lassen. Foto: Cornelius von Tiedemann

Die Grenzpolizei sucht auch Menschen mit anderer Berufserfahrung

An diesem Sonnabend allerdings sind es keine Verdächtigen, sondern vor allem neugierige Familien und Jugendgruppen, die das Gelände bevölkern, während sich einzelne Brummifahrer am Automaten am Eingang eine Nummer ziehen, um sich und ihre Ladung beim Zoll zu registrieren. 

Die Aktion, bei der es neben Bratwürsten alle möglichen Einsatzfahrzeuge und eine Show mit den Polizeihunden zu sehen gibt, richtet sich auch an junge Menschen. Aber nicht nur.

„Wir wollen unbedingt Menschen bei uns haben, die Dänisch und Deutsch können.“

Karsten Høy

„Es ist durchaus realistisch, wenn man sich mit über 40 noch bei uns bewirbt. Wir haben tüchtige Kolleginnen und Kollegen, die sich erst spät bei uns beworben haben und eine Menge an Lebens- und Berufserfahrung mitbringen. Wer also eine Ausbildung im Verwaltungs- oder Finanzbereich hat, kann es auch versuchen. Polizei ist mehr als nur Blaulicht“, sagt Høy. „Wer mal den Traum hatte, Polizistin oder Polizist zu werden – traut euch!“

Polizeiausrüstung
Die Schutzausrüstung gehört bei der operativen Abteilung dazu. Am Sonnabend probieren Kinder und Jugendliche das aus. Foto: Cornelius von Tiedemann

Zweisprachigkeit ist bei der Bewerbung von Vorteil

Für die Arbeit bei der dänischen Polizei sei es zwar unabdingbar, einen dänischen Pass zu haben, sagt Høy. Doch wer den vorzeigen kann, dem kann ein Hintergrund aus der deutschen Minderheit in Dänemark (oder der dänischen in Deutschland) bei der Bewerbung nur zum Vorteil gereichen: „Wir wollen unbedingt Menschen bei uns haben, die Dänisch und Deutsch können.“

In dem Gebäude, in dem auch deutsche Beamtinnen und Beamte arbeiten, werden die Sprachen untereinander bunt gemischt, berichtet Høy. Bei offiziellen Lagebesprechungen allerdings wird dann auf Englisch umgeschaltet.

Jesper Hansen, Karsten Høy
Freuen sich auf Bewerbungen: Jesper Hansen (links), Chef der Ausländerkontrollabteilung in Pattburg, und Karsten Høy, Leiter der operativen Abteilung. Foto: Cornelius von Tiedemann

Am Sonnabend sind es etliche, die sich einen Eindruck davon machen wollen, was hinter den Wänden im Gewerbegebiet eigentlich passiert. An den verschiedenen Ständen, vom Motorrad-Probesitzen bis zum Rekrutierungsgespräch, herrscht ein buntes Durcheinander von Deutsch und Dänisch.

Eines wird hier allen deutlich: Die Aufgaben sind viel umfangreicher als nur die sichtbaren Kontrollen an der Grenze, die lange Zeit auf Wunsch der Politk so viel Arbeit verursachten, dass aus ganz Dänemark operative Polizeikräfte abgestellt wurden.

Wir sind zwar weiterhin an der Grenze – der Großteil unserer Arbeit geschieht aber abseits davon.

Jesper Hansen

„Wir haben nicht mehr denselben Bedarf, an der Grenze zu sein. Politisch wurde entschieden, dass es stichprobenartige Kontrollen geben soll. Entsprechend haben wir unseren Einsatz verändert und sind im Hinterland tätig anstatt an der Grenze“, sagt der Leiter der Ausländerkontrollabteilung „UKA Vest“, Jesper Hansen. 

„Da ist es natürlich toll, dass wir heute zeigen können, wie wir arbeiten und welche unterschiedlichen internen Stationen es gibt. Denn wir sind zwar weiterhin an der Grenze – der Großteil unserer Arbeit geschieht aber abseits davon“, so Hansen.

„Es gibt viele spannende Aufgaben, und natürlich gibt es Spannenderes, als Pässe zu kontrollieren“, ergänzt Karsten Høy.

Karsten Høy
Alles im Blick: Bei der Grenzpolizei werden eigene Einsatzfahrzeuge ebenso überwacht wie verdächtige Bewegungen zu Lande oder zur See. Foto: Cornelius von Tiedemann

Zahlreiche Jobs für zivile Angestellte in Pattburg

Neben den operativen Mitarbeitenden, also jenen, die auf Streife fahren, Veranstaltungen begleiten oder zum Beispiel Festnahmen oder Kontrollen durchführen, arbeitet ein Großteil der Menschen bei der Grenzpolizei sozusagen hinter den Kulissen – beim Grenzanalyseteam zum Beispiel. Die Gruppe, etwa ein Dutzend Männer und Frauen, besteht nur zur Hälfte aus Polizistinnen und Polizisten – die andere Hälfte sind zivile Angestellte. 

Wer relevante Berufserfahrung mitbringt, kann dort also auch ohne Polizeiausbildung für die Polizei tätig werden. Am Sonnabend stellten etwa ein frisch studierter Kriminologe und ein ehemaliger Datenanalytiker aus dem Gesundheitswesen ihre Karrierewege, die sie zur Grenzpolizei führten, vor. 

Dort arbeiten sie strategisch mit Daten, die sie selbst oder ihre Kolleginnen und Kollegen in Pattburg ermitteln – oder die sie dank der engen Zusammenarbeit mit der deutschen Polizei (im selben Gebäude) und internationalen Polizeien, vorrangig über Europol, erhalten.

Verantwortung für weit mehr als nur Nordschleswig und die Grenze

Ist eine Diebesbande unterwegs nach Dänemark – und will sie dort zuschlagen oder weiter nach Schweden? Durch die analytische Arbeit des Teams und die Informationen der Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt können Zugriffe im Grenzland oder andernorts in Dänemark angeordnet oder Kolleginnen und Kollegen im Ausland gewarnt werden. Dabei unterstützt sie unter anderem die automatische Nummernschild-Erkennung an der Grenze und an Straßen in ganz Dänemark.

Wir haben eine Verantwortung für das ganze Land.

Karsten Høy

Gefahndet wird in Pattburg primär nach Drogen, Waffen und hoch besteuerter Schmuggelware wie Zigaretten. Auch nach Diebesgut aus Skandinavien, das in Richtung Süden transportiert wird, wird hier gefahndet.

Besonders schwerwiegende Verbrechen wie Menschenhandel, (Zwangs-) Prostitution und andere organisierte Kriminalität stehen inzwischen zentral auf der Agenda, sagt Jesper Hansen von der UKA. Für ihre Überwachung ist die Grenzpolizei in Pattburg inzwischen landesweit koordinierend zuständig. 

Und auch die Erstbehandlung von Menschen, die über die Schleswigesche Grenze kommen und in Dänemark Zuflucht und Asyl suchen, steht auch auf dem Programm. 

Viel zu tun in der realen Welt hier im Grenzland und darüber hinaus – und das, obwohl sich gleichzeitig immer mehr Kriminalität ins Internet verlagert.

Polizeihund
Auch Hunde haben bei der Polizei Karrierechancen. In Pattburg sind ständig zwei bis drei Vierbeiner aktiv. Foto: Cornelius von Tiedemann

„Das Interessanteste am Job hier ist, dass es so unglaublich viel Abwechslung gibt. Die Fälle sind anders als anderswo, auch wegen des großen Sicherheitsaspektes hier an der Grenze. Wir haben eine Verantwortung für das ganze Land“, sagt Høy.

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