Berufswechsel

Vom IT-Supporter zum Bestatter: „Den Menschen eine Hilfe sein“

Vom IT-Supporter zum Bestatter: „Den Menschen eine Hilfe sein“

Vom Supporter zum Bestatter: „Den Menschen eine Hilfe sein“

Rothenkrug/Rødekro
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Henrik Lentz Skøtt Foto: Karin Riggelsen

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Henrik Lentz Skøtt übt seinen Beruf seit einem Jahr aus. Er hat einem Berufswechsel nur zugestimmt, weil bestimmte Bedingungen erfüllt wurden. Den Tod jetzt als tagtäglichen Begleiter zu haben, ist für den 41-Jährigen etwas, mit dem er umgehen muss.

Henrik Lentz Skøtt ist ein ruhiger, besonnener Mann. Der 41-Jährige hat einen Blick für die Menschen um sich herum. Er weiß, wann sie Hilfe benötigen und wie er ihnen helfen kann. Das macht er mit seiner eigenen Art, mit Bedacht und Ruhe.

Diese Eigenschaft ist ihm in die Wiege gelegt worden und kommt ihm in seinem Beruf sehr zugute – wie auch den Menschen, mit denen er zu tun hat. Bis in das vergangene Jahr ist er als IT-Supporter herumgereist und hat dabei viele Menschen getroffen.

Jetzt sieht sein Alltag allerdings anders aus. Er reist nicht mehr als Angestellter durch Jütland und Südschleswig herum und repariert Drucker, sondern ist seit einem Jahr sein eigener Herr. Er hat im Juni des vergangenen Jahres die Firma seines Vaters übernommen. Der hatte bis dahin das Bestattungsunternehmen „Skøtts Begravelsesforretning“ in Rothenkrug.

Doch warum erst jetzt der Berufswechsel?

Die Überlegung Bestatter zu werden, stand zwar schon vor zwei Jahrzehnten an, als Vater Peter Skøtt fragte, ob die Kinder nicht mit in das Geschäft einsteigen wollten. Doch für Henrik damals keine Option, denn „ein 20-jähriger Bestatter, das sieht merkwürdig aus“, wie er damals befand. Und auch die Brüder hatten kein Interesse.

2021 war die Situation jedoch eine andere. Wieder fragte Skøtt Senior. Er wollte sich zur Ruhe setzen und benötigte einen Nachfolger. Henrik hatte Interesse, wollte den Betrieb aber nur allein übernehmen. Die Brüder winkten erneut ab, und so war der Weg für Henrik frei.

Die letzte Fahrt soll für die Trauernden und die Verstorbenen ehrenwürdig zugehen. Foto: Karin Riggelsen

Doch weiterhin plagten ihn Zweifel. „Kann ich das? Wie soll ich bei den Trauerfeiern ansingen mit meiner Stimme? Die große Wende kam erst mit dem Praktikum, das er in der Corona-Zeit bei seinem Vater machte. Wegen der Pandemie konnte er nicht in den Außendienst und nutzte die Zeit, um bei seinem Vater zu arbeiten. Diese Monate verschafften ihm die notwendige Klarheit und der Entschluss reifte endgültig. Drei Monate hat er Vater Peter unterstützt. Das habe ihm sehr bei seinem Überlegungsprozess geholfen. Jetzt hat er sich in den Beruf und das Unternehmen eingefunden.

Als Henrik 14 Jahre alt war, hat der Vater sich als Bestatter selbstständig gemacht. Als Tischler hatte er zuvor schon Särge hergestellt und gemerkt, dass er gut mit den Trauernden umgehen konnte. Für Henrik und seine beiden Brüder „eine komische Zeit“, wie er sich erinnert. Besonders wie die Freunde darauf reagieren würden, machten ihm Sorge. Doch diese war unbegründet. „Die haben mich alles Mögliche gefragt und fanden alles sehr spannend“, erzählt Henrik heute.

Für die eigenen Kinder ist es leichter, denn „sie kennen schon alles von den Großeltern“, erklärt der gebürtige Rothenkruger. Seine drei Jungs sind 10 (Zwillinge) und 12 Jahre alt. Auch seine Frau Janni, mit der er seit Jahren verheiratet ist, ist Teil des Bestattungsunternehmens. Die examinierte Krankenschwester arbeitet zwar im Apenrader Pflegeheim „Egegården“, aber sie hilft Henrik in ihrer freien Zeit.

Doch: Was macht ein Bestatter?

„Ich bin da, um den Menschen eine Hilfe zu sein, wenn sie eine Angehörige oder einen Angehörigen verloren haben“, sagt Henrik Lentz Skøtt schlicht. Doch es steckt eine Menge Arbeit dahinter, denn er ist derjenige, der alle Fäden in der Hand hat. Er sucht das Gespräch mit den Trauernden, hilft ihnen dabei, verschiedene Entscheidungen zu treffen, so zum Beispiel, ob eine Bestattung oder eine Beisetzung infrage kommt. Er nimmt Kontakt mit der Kirche auf, um mögliche Bestattungstermine abzuklopfen und spricht mit der Pastorin oder dem Pastor. Alle praktischen Dinge, für die die Hinterbliebenen oft nicht die Kraft und die Übersicht haben, nimmt Henrik ihnen ab. „Ich versuche so gut wie möglich zu helfen und meine Erfahrung einfließen zu lassen, damit die Menschen trauern können und sich nicht um andere Dinge kümmern müssen“, fasst er zusammen.

Henrik Lentz Skøtt sorgt auch auf dem Friedhof für einen reibungslosen Ablauf. Foto: Karin Riggelsen

Welche Todesfälle berühren dich am meisten?

„Jeder Tote berührt mich auf seine Art, aber es ist schwerer, einen jungen Menschen bestatten zu müssen. Einmal, weil ich selbst Kinder habe, und ein Kind zu verlieren, muss eines der schlimmsten Dinge sein, die man erleben kann. Die Reihenfolge ist meines Erachtens nicht die richtige. Eltern sollten vor den Kindern sterben. Auch Jugendliche, die den Kampf gegen den Krebs verloren haben, treffen mich anders. Und schließlich bin ich auch Ehemann und weiß, wenn der Tod den Partner trifft, ist das schwer zu verkraften. Ein Pastor sagte einmal ganz passend: Die Trauer ist der Preis der Liebe. In solchen Fällen muss ich sehr aufpassen, mich nicht von meinen Gefühlen mitreißen zu lassen. Das gelingt dann nur vordergründig. Doch Gespräche mit der Familie helfen mir dann.“

Was ist der Tod für dich?

„Es ist nicht das Ende. Ich glaube, dass es ein Danach gibt. Deshalb denke ich den Tod auch nicht als etwas Endgültiges und das erleichtert den Gedanken daran.“

Welche Bestattung war besonders?

„Ich hatte einen jungen Menschen, der die letzten Tage im Hospiz verbrachte und dort über viele Dinge, die bei der Beisetzung passieren sollten, entschieden hatte. So sollte die Farbe des Sarges kobaltblau sein und die Ränder mit goldener Farbe abgesetzt sein. Die Trauerfeier fand vor dem Haus der Familie statt.“

Henrik Lentz Skøtt Foto: Karin Riggelsen

Wie war es, das erste Mal einen toten Menschen zu berühren?

„Die ersten Toten, die ich überhaupt gesehen habe, waren meine Großeltern. Den ersten toten Menschen berührt habe ich erst, als ich mit meinem Vater einen Verstorbenen in den Sarg legen musste. Ich muss zugeben, das war für mich schon grenzüberschreitend. Und auch die weiteren Male war es das. Aber es gehört nun mal zu unseren Aufgaben. Ich sage mir immer, dass ich hier einen Menschen vor mir habe; nur dass er nicht mehr lebt. Und so behandele ich die Verstorbenen auch – mit Würde, so, wie ich ihnen auch lebend gegenübertreten würde.“

Eines ist Henrik aufgefallen: „Wenn es um einen Todesfall geht, rufen ältere Menschen an, die jüngeren dagegen schreiben mir eine Nachricht“, erzählt er. Er vermutet, dass „es sich um eine Generationsfrage handelt. Die jüngeren Generationen kommunizieren mehr schriftlich miteinander.“ In solchen Fällen schreibt, nimmt Henrik dann sein Smartphone in die Hand und schreibt zurück, ob er anrufen solle. „Und das darf ich dann“, berichtet er.

Henrik Lentz Skøtt gibt noch folgenden Rat: „Auch wenn es manchen schwerfallen mag, über seinen Tod nachzudenken und darüber zu entscheiden, wie man bestattet werden möchte, ist es doch eine große Erleichterung für die Angehörigen, die später in der Situation stehen, entscheiden zu müssen. Es ist für sie viel leichter, wenn viele der Entscheidungen, die es zu treffen gilt, schon entschieden sind. Eine Möglichkeit, das zu tun, gibt beispielsweise die Internetseite „min sidste vilje“.“

 

 

 

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