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Heißer Corona-Herbst? Dänemark bleibt gelassen

Heißer Corona-Herbst? Dänemark bleibt gelassen

Heißer Corona-Herbst? Dänemark bleibt gelassen

Apenrade/Aabenraa
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Die Corona-Warnhinweise sind nur noch selten zu finden. Foto: DN (Archiv)

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Das Coronavirus ist auf dem Rückzug. Es spielt in Dänemark im öffentlichen – und bei den meisten auch im privaten – Leben keine Rolle mehr. Doch was, wenn doch der Verdacht auf eine neue Infektion besteht, und wie sieht es mit den neuen Varianten aus, die sich schon in anderen Ländern ausbreiten? „Der Nordschleswiger“ hat nachgeforscht.

Noch vor wenigen Monaten lag der Corona-Inzidenz-Wert für die Kommune Apenrade bei fast 8.000, in einigen Gemeinden zeitweise sogar über 10.000.

Diese Zeiten sind schon fast vergessen. Die Restriktionen sind aufgehoben, und Corona ist kaum noch Thema, sei es in den Medien, oder im privaten Bereich. Und ein Blick auf die aktuellen Virus-Zahlen, die immer noch täglich vom Staatlichen Serum Institut (Statens Serum Institut, SSI) herausgegeben werden, belegen, dass sich das Virus stark zurückgezogen hat.

Inzidenz in Apenrade

In der Kommune Apenrade liegt die Inzidenz derzeit bei 88,4. Das heißt, in den vergangenen sieben Tagen haben sich 88,4 von 100.000 Personen mit Corona infiziert. Reell waren es 52 Frauen und Männer, die sich angesteckt haben. Im Vergleich zu den Zahlen zum Ende des Jahres 2021 und zu Beginn dieses Jahres gering.

Kaum noch Testmöglichkeiten

Die Dunkelziffer dürfte jedoch höher sein, denn es wird kaum noch getestet. Noch bis Anfang Juni gab es ein PCR-Testzentrum in Rothenkrug. Das ist mit der abnehmenden Nachfrage und dem fehlenden Bedarf geschlossen worden. Eine Entscheidung der Region Süddänemark (Region Syddanmark). Die Schnelltestzentren, die es bis März zuhauf gab, sind ebenfalls mit dem sinkenden Infektionsgeschehen verschwunden.

Wer meint, corona-positiv zu sein, kann sich in Nordschleswig derzeit nur noch im Apenrader Krankenhaus (Sygehus Sønderjylland) und dem zugehörigen Krankenhaus in Sonderburg (Sønderborg) testen lassen. Ein Termin kann weiterhin über das bekannte Buchungsportal (www.coronaprover.dk) vereinbart werden.

Unterschiedliche Corona-Handhabung

In Deutschland sieht das Geschehen anders aus. Die Inzidenzen sind höher, denn dort werden inzwischen mehr Tests durchgeführt als in Dänemark. Das Augenmerk ist zum einen in Richtung Herbst und Winter gerichtet, wo eine neue Welle erwartet wird, auf die sich Bund und Länder vorbereitet wissen wollen. Strategien werden schon jetzt entwickelt.

Doch die Vorhersage, was die Bürgerinnen und Bürger erwartet, gestaltet sich schwierig, denn niemand kann vorhersagen, welche Virusvariante uns dann erreicht. Ist es im besten Fall eine „Altbekannte“, die die Menschen erkranken lässt oder – das stuft unter anderem das deutsche Robert Koch-Institut als schlimmen Fall ein – kommt eine neue Corona-Mutation ins Spiel? Im ersten Fall wären die Menschen gut geschützt durch die Immunisierung durch Impfung und vorheriger Erkrankung. Vorrangig leichte Verläufe wären die Folge. Für das Gesundheitssystem und das öffentliche Leben keine Belastung.

Mutations-Frage

Anders sähe es jedoch bei einer neuen Variante aus. Eine Mutation könnte ansteckender sein und mit stärkeren, möglicherweise auch tödlicheren Symptomen einhergehen. Eine solche Variante wäre bald vorherrschend und würde die anderen Varianten verdrängen, so wie die Omikron-Variante die Delta-Variante fast vollständig verdrängt hat. Das würde unter anderem – so die Vorhersagen der deutschen Fachleute – wieder zur Einführung von Restriktionen führen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden.

Warnung vor „heißem“ Herbst

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnt vor einer neuen Corona-Welle im Herbst, und plant deshalb voraus, berichtet „shz.de“. Auch der Weltärztechef Frank Ulrich Montgomery propagiert, auf einen Corona-Herbst vorbereitet zu sein, schreibt das Nachrichtenhaus.

Dänische Entspanntheit

Auf Christiansborg, dem Sitz der dänischen Regierung, ist jedoch Gelassenheit angesagt, wenn es um das Thema Corona geht. Hier wird noch nicht über mögliche Folgen beraten oder diskutiert – zumindest nicht öffentlich. Das SSI hat jedoch ein waches Auge auf das Infektionsgeschehen und bringt sogenannte Risikobewertungen heraus.

Doch die Wahrscheinlichkeit, dass sich auf dem „Corona-Markt“ etwas tut, ist groß. Schon jetzt wird von neuen Varianten berichtet, die sich von Süden her ausbreiten und die „alten“ Varianten verdrängen. Das lässt darauf schließen, dass sie ansteckender sind. Bisher gibt es jedoch noch keine Indizien dafür, dass diese Varianten gefährlicher sind, sagte der deutsche Biophysiker Richard Neher gegenüber dem „Deutschlandfunk“.

Den Blick in die Corona-Zukunft gibt es nicht

Doch keine Fachfrau und kein Fachmann kann sagen, was die Bürgerinnen und Bürger erwartet, denn der bekannte deutsche Virologe Christian Drosten sagte in Bezug auf die in China steigenden Corona-Zahlen zum „NDR“: „Ich denke nicht, dass es gelingen wird, das zu kontrollieren – und das schafft enorme Evolutionsmöglichkeiten für das Virus.“

 

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