Schutz vor Übergriffen

Umgang mit digitalen Medien bereits im Kindergarten lernen

Umgang mit digitalen Medien bereits im Kindergarten lernen

Umgang mit digitalen Medien bereits im Kindergarten lernen

Ritzau/nb
Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Die Polizei sieht eine besorgniserregende Tendenz auf sozialen Medien wie TikTok, Instagram und YouTube. Hier stellen Kinder freiwillig Videos mit sexuellem Inhalt von sich selbst zur Verfügung. Foto: Dado Ruvic/Reuters

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Bereits in ganz jungen Jahren sollten Kinder Grundsätzliches über den Umgang mit digitalen Inhalten lernen, um sie somit vor Kontakt mit jugendgefährdendem Inhalt zu schützen. Das fordern die Organisationen Børns Vilkår und Red Barnet, nachdem die Polizei davor warnt, dass Kinder Videos mit eigenem sexuellem Inhalt online teilen.

Kinder im Alter von nur 6 Jahren veröffentlichen Inhalte von sich selbst, die sexuelle Andeutungen enthalten. So lautet eine aktuelle Warnung der Nationalen Einheit für besondere Kriminalität der Reichspolizei (NSK).

Demnach hat die NSK von mehreren Fällen Kenntnis, in denen Kinder im Kindergartenalter freiwillig und eigenständig Videos mit sexuellem Inhalt von sich selbst produziert und diesen auf Plattformen wie YouTube, Instagram und TikTok hochgeladen haben.

Hilfe der Eltern erforderlich

Polizeikommissar Flemming Kjærside von der NSK bezeichnet die Entwicklung als besorgniserregend und fordert Eltern zur Mithilfe auf, um diese Tendenz zu stoppen.

„Wir hoffen, dass wir Eltern dafür sensibilisieren können, dass man fortlaufend mit seinen Kindern darüber sprechen sollte, was im Internet geschieht, genauso wie wir uns darüber austauschen, was in der Schule, beim Sport oder den Pfadfindern passiert. Viele Kinder laden beispielsweise Tanzvideos auf TikTok hoch. Aber wenn es um Aufnahmen mit sexuellem Inhalt geht, müssen wir das stoppen“, sagt Flemming Kjærside.

Er nennt ein Beispiel für ein Video, in dem Kinder direkt in die Kamera sprechen und ankündigen, was gleich passieren wird. In einem anderen Video warnen drei minderjährige Jungen davor, dass „dieses Video nur für Erwachsene über 18 Jahre geeignet ist“.

Ausgangspunkt in der Lebenswirklichkeit der Kinder nehmen

Nicht nur nach Ansicht der Reichspolizei eine besorgniserregende Entwicklung, auch Børns Vilkår und Red Barnet sind alarmiert.

Wir müssen unseren Ausgangspunkt in der Wirklichkeit nehmen, in der sich die Kinder bewegen. Viele Kinder haben bereits Zugang zu einem iPad, bevor sie überhaupt richtig laufen können.

Rasmus Kjeldahl, Direktor von Børns Vilkår

„Wir müssen unseren Ausgangspunkt in der Wirklichkeit nehmen, in der sich die Kinder bewegen. Viele Kinder haben bereits Zugang zu einem iPad, bevor sie überhaupt richtig laufen können. Und irgendwann finden sie dann heraus, wie sie ins Internet gelangen, und von dort sind es nur noch wenige Klicks bis zu jugendgefährdendem Inhalt. Deshalb müssen Kinder über die Gefahren im Internet aufgeklärt werden, natürlich auf eine Art und Weise, die ihrem Alter gerecht wird“, sagt Rasmus Kjeldahl, Direktor von Børns Vilkår.

Einsatz bereits im Kindergartenalter

Die Organisation fordert deshalb Eltern dazu auf, mit ihren Kindern so früh wie nur möglich über deren Umgang in der digitalen Welt zu sprechen. Bislang lag der Schwerpunkt diesbezüglich auf Kindern und Jugendlichen im Volksschulalter. Dies sei nicht mehr ausreichend, der Einsatz müsse bereits im Kindergartenalter erfolgen, so Rasmus Kjeldahl.

Auch Red Barnet spricht sich dafür aus, mit der digitalen Bildung bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu beginnen. Denn Videos mit sexuellem Inhalt werden nicht nur von Kindern über 6 Jahren online geteilt, sagt die Psychologin Ane Lemche.

„Wir haben bei Red Barnet einen Kanal, über den gewöhnliche Menschen Auffälligkeiten melden können. Hier sehen wir leider oftmals, dass es Fotos oder Videos von Kindern gibt, die lediglich 6 Jahre alt sind – und teilweise noch jünger, die beispielsweise zeigen, wie sie Kleidung auf eine sexualisierte und intime Art und Weise ausziehen“, sagt sie.

Kinder nicht über Konsequenzen im Klaren

Die Tendenz ist insbesondere besorgniserregend, weil sich die Kinder nicht über die Konsequenzen ihres Handelns im Klaren sind.

Einem Kind einfach nur ein iPad in die Hand zu geben ist das gleiche, als wenn man es alleine auf den Rathausplatz stellt und ihm viel Glück wünscht.

Ane Lemche, Psychologin bei Red Barnet

Aus diesem Grund ist es von entscheidender Bedeutung, dass Eltern und andere Erwachsene, die im Leben des Kindes eine Rolle spielen, darauf aufmerksam sind, dass der Umgang mit dem Internet eine gründliche Einführung bedarf, so Ane Lemche.

„Einem Kind einfach nur ein iPad in die Hand zu geben ist das gleiche, als wenn man es alleine auf den Rathausplatz stellt und ihm viel Glück wünscht“, sagt Ane Lemche.

Hohe Dunkelziffer

Zwar entfernen die Plattformbetreiber nach Angaben der Polizei betroffene Inhalte in der Regel zügig und erstatten Anzeige. Aber ein solches Video kann noch immer gesehen und geteilt werden, bevor es entfernt wird.

Die Polizei hat derzeit Kenntnis von zehn konkreten Fällen, und möchte mit ihrer Warnung zum jetzigen Zeitpunkt dazu beitragen, dass sich das Phänomen nicht weiter ausbreitet.

Polizeikommissar Flemming Kjærside von der NSK kennt fünf bis sechs Fälle, die sich im Laufe des vergangenen halben Jahres zugetragen haben, verweist jedoch auf eine hohe Dunkelziffer.

Dabei handelt es sich nicht alleine um ein dänisches Phänomen. Auch ausländische Kooperationspartner haben dem NSK von einer ähnlichen Entwicklung berichtet.

Red Barnets fünf Ratschläge an Erziehungsberechtigte

  1. Wenn dein Kind ein Tablet nutzt, dass du selbst dafür verwendest, um Erwachsenen-Inhalt wie beispielsweise Pornofilme zu sehen, dann lösche zumindest den Browserverlauf, sodass dein Kind nicht auf derartige Seiten stößt.
  2. Kleine Kinder können nicht einschätzen, wann es sich um schädlichen Inhalt handelt. Trage deshalb dafür Sorge, dass die Sicherheitseinstellungen für alle Spiele, die dein Kind nutzt, richtig eingestellt sind.
  3. Spreche mit deinem Kind darüber, wozu man ein Mobiltelefon oder Tablet nutzt, und sei darauf aufmerksam, wie dein Kind diese Geräte nutzt.
  4. Kleine Kinder haben, egal was gerade modern oder „in“ ist, nichts auf sozialen Medien wie TikTok zu suchen. Wenn dein Kind gerne lustige Videos sehen möchte, dann schaue sie gemeinsam mit deinem Kind an.
  5. Denke daran, dass es nicht die Schuld deines Kindes ist, wenn etwas unangenehm wird. Kleine Kinder können ihre Online-Handlungen nicht selbst steuern – selbst dann nicht, wenn du dein Kind darum gebeten hast.

Quelle: Red Barnet

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