Öffentliche Verwaltung

Unbekannt: Bearbeitungszeiten für Antrag auf Vorruhestand

Unbekannt: Bearbeitungszeiten für Antrag auf Vorruhestand

Unbekannt: Bearbeitungszeiten für Antrag auf Vorruhestand

Ritzau/nb
Kopenhagen
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Die meisten kommunalen Verwaltungen haben keinen Überblick über ihre Bearbeitungszeiten, wenn Bürgerinnen und Bürger beispielsweise einen Antrag auf Arbeitslosenhilfe, Frühverrentung oder Behindertenhilfe stellen (Modellfoto). Foto: Nils Baum

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In 88 Kommunen fehlt die Kontrolle darüber, wie lange die Sachbearbeitung von Anträgen im Bereich Soziales in Anspruch nimmt.

Die meisten der 98 Kommunen im Land haben keinen Überblick darüber, wie lange Bürgerinnen und Bürger auf die Bearbeitung eines Antrages auf Arbeitslosenhilfe, Vorruhestand, Behindertenhilfe oder Ähnliches warten müssen.

Denn obwohl jede einzelne Kommune konkrete Ziele aufstellt, wie lange die Bearbeitung derartiger Anträge dauern soll, so fehlt doch eine Übersicht darüber, wie die Bearbeitungszeit in der Praxis tatsächlich aussieht.

Das geht aus einer Untersuchung hervor, die die Denkfabrik Justitia durchgeführt hat.

Birgitte Arent Eiriksson, stellvertretende Direktorin bei Justitia, „wundert“ sich über die Ergebnisse der Untersuchung.

Fehlende Zahlen verhindern Steuerungsmöglichkeit

Denn eine der Schlussfolgerungen lautet, dass die Kommunalverwaltungen somit keine Möglichkeit haben, die Zahl der Verwaltungsangestellten zu erhöhen oder eine Umverteilung der Aufgaben dort vorzunehmen, wo es Probleme gibt.

„Das Problem besteht darin, dass wir gar nicht wissen, ob es lange Wartezeiten gibt. Das ist bereits ein Problem für sich. Denn das bedeutet, dass die Kommunalverwaltungen einerseits kein Auge darauf werfen können, wie der Stand der Dinge ist, und dass es schwierig wird, dort einzugreifen, wo es wirklich hapert. Zudem kann die Behörde für Beschwerden über den Umgang der öffentlichen Verwaltung nicht einschreiten, wenn sie ihre Aufsichtspflicht den Kommunen gegenüber wahrnehmen soll“, sagt sie.

Kommunen kennen ihre eigene Sachbearbeitungszeit nicht

In der Untersuchung wurden sämtliche 98 Kommunen des Landes darum gebeten, mitzuteilen, wie viel Zeit im Durchschnitt auf die Sachbearbeitung innerhalb von 17 gesetzlich festgeschriebenen Verwaltungsbereichen verwendet wird. Die Untersuchung wurde im Jahr 2020 mit Bezug auf das Jahr 2019 durchgeführt.

Das Problem besteht darin, dass wir gar nicht wissen, ob es lange Wartezeiten gibt.

Birgitte Arent Eiriksson, stellvertretende Direktorin bei Justitia

88 kommunale Verwaltungen haben geantwortet. Keine von ihnen konnte jedoch mitteilen, wie ihre durchschnittliche Sachbearbeitungszeit aussieht.

„Wir konnten auf den jeweiligen Internetseiten sehen, dass sich die Kommunen interne Fristen gesetzt haben. Aber deren Einhaltung wird offenbar nicht richtig kontrolliert“, sagt Birgitte Arent Eiriksson.

IT-Probleme als Ursache angeführt

„Viele von ihnen haben IT-Probleme als Ursache angegeben. Dass es nicht möglich sei, dies zu messen, und dass man deshalb jeden Fall einzeln durchgehen müsse“, sagt sie.

Die momentane Gesetzgebung verpflichtet die Kommunen dazu, bestimmte Ziele zu formulieren, wie lange eine Bürgerin oder ein Bürger höchstens warten soll, ehe die Kommune einen Entscheid über ihren oder seinen Antrag fällt.

Allerdings besteht keine Verpflichtung dazu, die tatsächliche Sachbearbeitungszeit zu kontrollieren. Und somit zu überprüfen, inwieweit die Fristen eingehalten oder überschritten werden.

Es gibt positive Ausnahmefälle - jedoch nicht im Sozialbereich

Justitia zufolge gibt es jedoch einzelne Abteilungen in verschiedenen kommunalen Verwaltungen, die ein Auge auf ihre Sachbearbeitungszeiten haben. Dies sei oftmals in Verbindung mit Bau- und Umweltgenehmigungen der Fall, jedoch nicht im Bereich Soziales.

Für die Bürgerinnen und Bürger sind zweierlei Dinge von Bedeutung: Sie möchten gerne einen korrekten Bescheid erhalten. Aber sie möchten einen solchen behördlichen Bescheid gerne auch innerhalb einer angemessenen Frist erhalten.

Birgitte Arent Eiriksson, stellvertretende Direktorin bei Justitia

„Eines der Probleme besteht darin, dass die Kommunen Zielsetzungen aufstellen, die jedoch nur interne Ziele darstellen. Aber ob diese auch tatsächlich erreicht werden, und inwiefern diese Fristen realistisch sind, wird von ihnen nicht weiter geprüft“, sagt Birgitte Arent Eiriksson.

Fokus auf korrekte Entscheidungen statt auf Bearbeitungszeiten

Eine Erklärung hierfür kann ihr zufolge darin liegen, dass die kommunalen Verwaltungen über mehrere Jahre hinweg vor allem darauf geachtet haben, dass ihre Verwaltungsakte in so vielen Fällen wie möglich korrekt ausfallen.

Sie würde es allerdings begrüßen, wenn die Kommunen in Zukunft in wesentlich größerem Umfang dazu verpflichtet werden, ihre tatsächlichen Sachbearbeitungszeiten zu messen und diese Informationen weiterzugeben.

„Für die Bürgerinnen und Bürger sind zweierlei Dinge von Bedeutung: Sie möchten gerne einen korrekten Bescheid erhalten. Aber sie möchten einen solchen behördlichen Bescheid gerne auch innerhalb einer angemessenen Frist erhalten. Diese beiden Aspekte bedingen sich gegenseitig. Wir haben über viele Jahre hinweg vor allem auf den ersten Aspekt besonderen Wert gelegt. Aber der andere Punkt bezüglich der Sachbearbeitungszeiten ist bislang mehr oder weniger vernachlässigt worden“, sagt sie.

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