Deutsche Minderheit

Arbeitskreis der CDU Schleswig-Holstein in Nordschleswig

Arbeitskreis der CDU Schleswig-Holstein in Nordschleswig

Arbeitskreis der CDU Schleswig-Holstein in Nordschleswig

Apenrade/Aabenraa
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Claudia Knauer erklärt ihre Bibliothek.
Büchereidirektorin Claudia Knauer (links), erklärt Uta Wentzel vom CDU-Arbeitskreis Europa, dessen Vorsitzendem Rasmus Vöge und dem Minderheitenbeauftragten der Landesregierung, Johannes Callsen (r.), die Bibliothek im Haus Nordschleswig. Foto: Gerrit Hencke

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Politikerinnen und Politiker der CDU im Landtag von Schleswig-Holstein haben für einen Tag die Minderheit besucht. Neben einer Führung durch das Deutsche Museum und das Deutsche Gymnasium für Nordschleswig ging es im Haus Nordschleswig bei einem Frokost auch um den Investitionsstau und die Finanzierung von Projekten.

Für einige der schleswig-holsteinischen Abgeordneten der CDU-Fraktion im Kieler Landtag war es wohl der erste Besuch bei der deutschen Minderheit in Nordschleswig. Der Arbeitskreis Europa war am Donnerstag auf Initiative ihres Vorsitzenden Rasmus Vöge zu Besuch im Grenzland. Vöge betonte die wichtige Rolle der Minderheit im Gespräch. Auch Johannes Callsen war als Minderheitenbeauftragter und Dänemarkbevollmächtigter der Landesregierung bei dem Programm dabei. 

Für die Gruppe stand neben einem Besuch der Bildungsstätte Knivsberg und einer Führung durch das Deutsche Museum Nordschleswig in Sonderburg (Sønderborg) auch eine Stippvisite im Deutschen Gymnasium für Nordschleswig (DGN) in Apenrade sowie im Haus Nordschleswig auf der Tagesordnung.

Die Flensburgerin Uta Wentzel, die ihre Kinder zu diesem Arbeitsbesuch mitbrachte, zeigte sich beeindruckt von der Ausstellung in Sonderburg. Besonders die Schwierigkeiten der deutschen Minderheit nach dem Zweiten Weltkrieg seien ihr in Erinnerung geblieben. Sie sprach vom Grenzland als „Beispielregion“. 

Johannes Callsen lobte insbesondere die Schülerbotschafterinnen und Schülerbotschafter, die die Gruppe durch das Museum führte und betonte, wie wichtig die Unterstützung dieses grenzübergreifenden Projektes sei.

Der Neumünsteraner Hauke Göttsch zeigte sich hingegen besonders angetan von den Einblicken am DGN. „Es wirkt alles sehr harmonisch, und auch der Besuch des Internats ist sehr interessant gewesen.“ Es mache einen Unterschied, ob man etwas nur nachlese oder vor Ort sei. Eben „begreifen durch greifen“.

CDU Arbeitskreis Europa in Nordschleswig.
Von links: Die Mitglieder des Arbeitskreises Hauke Göttsch, Uta Wentzel und Seyran Papo, der Minderheitenbeauftragte der Landesregierung, Johannes Callsen, BDN-Vorsitzender Hinrich Jürgensen, BDN-Generalsekretär Uwe Jessen, der Arbeitskreisvorsitzende Rasmus Vöge und Volker Nielsen, ebenfalls Mitglied im Arbeitskreis, stehen vor dem Haus Nordschleswig. Foto: Gerrit Hencke

Schulen an Kapazitätsgrenzen

Die Führung durch die Bücherei im Haus Nordschleswig durch Direktorin Claudia Knauer sorgte für großes Interesse. Etwa die Öffnungszeiten an sieben Tagen in der Woche oder der Zugang zur Bibliothek auch außerhalb der Öffnungszeiten. Knauer betonte aber auch, dass die Umstellung der Bibliotheken auf dieses Modell heute und in der Vergangenheit viel Personal und Geld kosten würden.

Passend dazu präsentierten der Generalsekretär des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Uwe Jessen, und der BDN-Hauptvorsitzende Hinrich Jürgensen dem Arbeitskreis bei einer Mittagspause im Haus Nordschleswig aktuelle Zahlen zur Minderheit und den Finanzen.

Etwa zur Finanzierung der Schulen und Kindergärten. 800 bis 900 Kinder gehen aktuell in die deutschen Einrichtungen in Nordschleswig. 1.550 Mädchen und Jungen besuchen die Schulen, die aufgrund steigender Schülerzahlen an ihre Kapazitätsgrenzen kommen. Für den Anstieg seien Rückkehrer, aber auch zugewanderte Bundesbürgerinnen und -bürger verantwortlich, sagte Jürgensen. Immer häufiger müssten Interessierte abgelehnt werden.

Unterstützung durch den Bund „die größte Baustelle“

Neben Struktur und Organisation der Minderheit nahm ein großer Teil der Präsentation die finanzielle Lage ein. Der Bund Deutscher Nordschleswiger kann jährlich mit rund 50 Millionen Euro (372,1 Millionen Kronen) planen. Und dann rechnete Uwe Jessen vor. 58 Prozent davon kämen vom dänischen Staat und den Kommunen, 4 Prozent vom Land Schleswig-Holstein. „Das dürften gerne mehr als 4 Prozent sein“, sagte Jessen in die Runde. Dennoch gebe der Zuschuss vom Land und dem dänischen Staat Planungssicherheit, denn die zugestandenen Gelder würden sich dynamisch jährlich anpassen. 

Anders sieht es bei den 20 Prozent aus, die die Minderheit von der Bundesrepublik Deutschland bekommt. Jessen nannte es „die größte Baustelle“. Denn für ein gleichbleibendes Serviceniveau fehlten auch in diesem Jahr 300.000 Euro. Das Problem: Die Zuschüsse vom Bund sind seit Jahren gleichbleibend, bei steigenden Kosten. Folglich werde der Anteil Deutschlands an der Finanzierung der Minderheit immer kleiner, so Jessen.

Diese Problematik wird auch an einem Beispiel deutlich. Die Schulen der deutschen Minderheit sind finanziell mit dänischen gleichgestellt. Das heißt, dass sie – obwohl sie Privatschulen sind – vom dänischen Staat finanziert werden. Jedoch gilt das nicht für das DGN, das als privates Gymnasium nur zu 70 Prozent gleichgestellt ist und vom Staat finanziert wird. Die restlichen Gelder werden aus dem Haushalt des BDN getragen. Das möchte der Verband in diesem Jahr ändern. Der Grund: Die Wahl, das deutsche Gymnasium zu besuchen, soll keine Frage des Geldes sein.

Da Dänemark aber gleich zwei Minderheiten stark finanziell unterstütze, sorgten solche Forderungen in Kopenhagen zunehmend für Schwierigkeiten, sagte Jessen. Hier kämpfe Harro Hallmann als Interessensvertreter für die Belange der deutschen Minderheit.

Die Problematik wurde bei den Gästen an dieser Stelle durchaus wahrgenommen. Wer denn in Berlin zuständig sei, fragte etwa Uta Wentzel. Und Rasmus Vöge teilte mit, dass man bereits plane, mit dem Arbeitskreis schon bald zu Gesprächen nach Kopenhagen zu fahren. 

Hoher Investitionsbedarf

Insgesamt bestehe ein Investitionsbedarf von rund 36 Millionen Euro. „Wir zeigen euch hier nicht die schlechtesten Einrichtungen“, sagte Jessen an den CDU-Arbeitskreis gerichtet. So werde aktuell etwa in den Kindergarten Gravenstein (Gråsten) investiert oder auch in die Sanierung des Daches am Collegium Aarhus. Viele Sanierungsprojekte schiebe man vor sich her, so Jessen. Das allein sei nicht alles, denn Ideen für größere, neue Projekte gebe es zusätzlich.

Die Problematiken zur finanziellen Unterstützung dürfte sich vor allem Johannes Callsen notiert haben. Dieser hatte dem „Nordschleswiger“ im Vorfeld gesagt, ihm sei wichtig, dass „unsere Minderheiten beiderseits der Grenze Planungssicherheit hinsichtlich Schutz und Förderung haben, um ihre Identität, Sprache und Kultur leben zu können. Das betrifft natürlich die finanziellen Grundlagen, aber auch die stetige Ansprechbarkeit für ihre Interessen“. Dafür wolle er sich einsetzen. 

Auch die Unterstützung von Uta Wentzel scheint sicher. „Wir haben die Minderheiten auf beiden Seiten der Grenze immer im Blick. Sie sind ein wichtiger Bestandteil unserer DNA.“ Vöge als Vorsitzender des Arbeitskreises wollte beim ersten Besuch in Nordschleswig noch nicht konkret werden. Erst mal wolle sich die Gruppe ein Bild von der deutschen Minderheit machen. 

Hinrich Jürgensen bewertete den Tag als „hervorragend“. Die Politikerinnen und Politiker hätten sich sehr für die Arbeit des BDN interessiert. „Ein Teil unserer Aufgabe ist es zu informieren.“ Am Ende dankte Vöge für einen „interessanten Tag“ und überreichte Uwe Jessen und Hinrich Jürgensen ein Buch über das Landeshaus in Kiel − den 2022 erschienenen Bildband „Das Haus an der Förde“. Gleichzeitig sprach er eine Einladung nach Kiel aus.

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Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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