Gesellschaft

„Wir Alten wollen auch zu Wort kommen“

„Wir Alten wollen auch zu Wort kommen“

„Wir Alten wollen auch zu Wort kommen“

Paul Sehstedt
Apenrade/Aabenraa
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Elsa Asmussen ist vielleicht körperlich nicht mehr ganz auf der Höhe, aber geistig ist sie noch frisch. Foto: Paul Sehstedt

Die 97-jährige Elsa Asmussen kam in die Medien und sagte ihre Meinung. Zu ihrer täglichen Lektüre gehört Der Nordschleswiger.

„Der Nordschleswiger soll nicht mehr als Papierzeitung erscheinen, habe ich gelesen, aber das kann ich einfach nicht glauben“, sagt die 97-jährige Elsa Asmussen in einem Interview mit der dänischen Fachzeitschrift ‚Journalisten‘. „Wir Alten werden nicht gut behandelt. Wir haben die Minderheit mit aufgebaut und werden jetzt weggeschoben“, zitiert das Journal die rüstige Rentnerin weiter. Als der NDR eine Sendung über dänische Pflegeheime produzierte, war Elsa Asmussen auch dabei und erzählte über ihr Leben im Pflegeheim Lergaarden in Apenrade.

„Wir Alten wollen auch zu Wort kommen, und daher habe ich mich gern den Fragen der Medien gestellt“, meint Elsa Asmussen. „Das mit der Zeitung ist traurig, aber über das Pflegeheim habe ich nur Positives erzählen können. Freunde und Familie haben mich im Fernsehen gesehen; das war schon ein bisschen witzig.“ Sie macht auch keinen Hehl aus ihrer deutschen Gesinnung. „Ich kann nicht anders“, gesteht sie, die als zweites Kind einer zwölfköpfigen Geschwisterschar als Elsa Elisabeth Machmüller 1921 in Süderwilstrup geboren wurde.

Umzug nach Heisagger

„Am Waldemarstag“, proklamiert Elsa stolz und fragt: „Weißt du, welcher Tag das ist?“  Der 15. Juni ist die richtige Antwort, was ihr gefällt. Ihre Eltern waren im Tagelohn. Später zog die Familie um nach Heisagger, wo Elsa die deutsche Schule besuchte. An der Realschule in Hadersleben legte sie das Realexamen ab; bei Lehrer Hans Hartz – den sie wegen seines präzisen Auftretens sehr schätzte.

„Eigentlich wollte ich Lehrerin werden und ins Gymnasium in Apenrade gehen“, erzählt Elsa Asmussen. „Doch dann geschah etwas in meiner Familie: Mein Vater hatte Geld bei der Kreditanstalt Vogelsang geliehen und er kam nicht zurecht mit ihr. Er schwankte dann zwischen Deutsch und Dänisch, während meine Mutter deutschgesinnt verblieb. Ich entschied mich dafür, nicht ins Gymnasium zu gehen, sondern wie die meisten Mädchen in meinem Alter, in eine Hausstellung zu gehen. Ich bekam nie eine Ausbildung.“ „Ich war Mitglied der Deutschen Mädchenschaft Nordschleswig“, erinnert sie sich, „und ich wurde sogar die Leiterin, weil keine der anderen so fest in der deutschen Gesinnung war wie ich.“

Heirat

Nach dem Krieg heiratete sie Niels Asmussen, der einer dänischen Familie entstammte. „Das hat uns nie Probleme geschaffen; wir hatten Freunde auf beiden Seiten.“ Kinder bekam das Ehepaar nicht, doch hat sie engen Kontakt zu ihren drei noch lebenden Geschwistern sowie deren Kindern. „Ich nehme gern an deutschen Festen teil, wenn ich abgeholt werde“, sagt Elsa Asmussen. Weil sie laut Pflegepersonal ihre Knochen schonen muss, sitzt sie im Rollstuhl. „Da werde ich so steif von“, bemängelt sie, die seit rund drei Jahren im Lergaarden ihre eigene kleine Wohnung hat.

„Heute waren wir mit dem Pflegeheimbus im Tiergarten bei Hadersleben“, berichtet sie mit leuchtenden Augen. „Dort war auch eine Schulklasse. Die kleinen Kinder waren sehr diszipliniert und machten auch keinen Lärm. Ich hatte viel Freude daran, sie zu beobachten!“ Auf einem kleinen Tisch liegt der Nordschleswiger, der noch gelesen werden soll – und daneben steht ein Stück Schokoladenkuchen. Beides zum Genießen, wenn der Besuch wieder verschwunden ist. „Vielen Dank, dass du mich besucht hast und mir zuhören wolltest“, sagt Elsa zum Abschied.       

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