Pilgern

Von der Schweiz bis nach Dänemark – zu Fuß

Von der Schweiz bis nach Dänemark – zu Fuß

Von der Schweiz bis nach Dänemark – zu Fuß

Julia Röhr
Osterlügum/Øster Løgum
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Franz Fischer mit dem Pilgerpass, der als das wichtigste Dokument einer solchen Pilgerreise gilt Foto: Karin Riggelsen

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Franz Fischer hat sich ein eher unkonventionelles Fortbewegungsmittel für die lange Reise ausgesucht – die Füße. Er ist von seinem Wohnort in der Schweiz bis zum Vækstcenter in Nørre Snede gepilgert und hat dabei 1.390 Kilometer zurückgelegt. „Der Nordschleswiger“ hat mit ihm über seinen Pilgerweg und die Motivation dahinter gesprochen.

Die Kinder sind erwachsen, verlassen das Haus – und für den 54-Jährigen ist das Nest nun leer. „Während der Familienzeit entstehen Strukturen, die bauen sich auf. Und dann waren die Kinder eigenständig, und die Frage kam auf: Lebe ich jetzt für die Strukturen oder wie will ich das machen?“, erzählt er.

Pilgerreise zu einem vertrauten Ort

Seit mehreren Jahren besucht Franz Fischer regelmäßig das Meditationszentrum in Nørre Snede und hatte die Idee, dorthin zu pilgern. Am Ostermontag vor zwei Jahren hat er ausprobiert, wie weit er an einem Tag gehen kann. „Und ich kam 36 Kilometer weit in 12 Stunden. Da habe ich gewusst: Ja, ich kann das machen“, erinnert sich Franz Fischer. Durch die Corona-Pandemie konnte er vergangenes Jahr nicht los, also ist er jetzt unterwegs. Gestartet ist er am 27. Februar.

Die Wanderstrecke ging von Schafisheim nach Leipzig, dann durch den Harz weiter nach Hamburg, über Flensburg nach Holbøl, dann durch Nordschleswig bis nach Nørre Snede. Auf der Wanderstrecke gab es besondere Highlights.

Ostern in Leipzig

Einen Halt gab es in Leipzig: Dort hat Franz Fischer über Ostern einen Freund in der Ordensgemeinschaft „Die kleinen Brüder vom Evangelium“ besucht und zwei Wochen dort verbracht. „Das war mir als Teil der Pilgerreise wichtig, als Teil der Gemeinschaft zurückgezogen Ostern feiern zu können“, erzählt er weiter.

Der Weg durch den Harz hat einen besonderen Eindruck hinterlassen. Foto: Franz Fischer

Durch den abgestorbenen Wald im Harz

Für Franz Fischer war der Weg durch den Harz besonders beeindruckend – dort ist er 60 Kilometer durch abgestorbenen Wald gelaufen. Die Dürre der vergangenen drei Jahre hat die Bäume großflächig Absterben lassen. Jetzt wird das Holz gesammelt und es stehen noch vereinzelt Bäume. „Es hat was Apokalyptisches, da durchzulaufen“, berichtet er.

Ein traumhafter Morgen

Franz Fischer ist durch Lüneburg gelaufen und war lange unterwegs, bis er auf dem Damm der Ilmenau geschlafen hat. Er ist um 5:30 Uhr aufgewacht – es war neblig und ein Rehbock bellte in seiner Nähe. Dann ging die Sonne auf und es war sehr klar – „Das war zauberhaft“, erinnert er sich.

Ein ganz besonderer Start in den Tag Foto: Franz Fischer

Übernachtungen

Wie genau der Pilger die Nächte verbracht hat, war immer unterschiedlich. Als es im Februar und März noch kalt war und viel Niederschlag gefallen ist, hat er im Schwarzwald und auch im Thüringer Wald Schutzhütten gefunden und dort genächtigt. Ansonsten war eine Plane der Schlafplatz der Wahl, die er auf seine Wanderstöcke gespannt und sich daruntergelegt hat. Das Zelt hat er zum ersten Mal auf einem Wildcamping-Platz vor Flensburg genutzt – wild zelten ist in Deutschland sonst nicht gestattet, besonders auch in Naturschutzgebieten.

Sonst kam Franz Fischer auch in Pfarrhäusern oder in dem Kloster „Helfta“ im Harz unter.

Franz Fischer arbeitet nebenbei und hat seinen Laptop dabei. Die Technik wiegt mehrere Kilo, die auf Dauer schwer zu tragen ist. Also hat Franz Fischer sich einen Walking-Trailer gebaut, auf dem der Rucksack samt Equipment liegt. So kann er frei und aufrecht laufen. „Ich kann mir nicht vorstellen, noch mal anders zu wandern“, berichtet er.

Der selbst gebaute Trailer erleichtert den Transport - und damit auch das Gehen. Als die Fotografin des „Nordschleswigers“ Platz für den Fototermin fand, war der Pilgerer nach Osterlügum gelangt. Foto: Karin Riggelsen

Pilgern als religiös-spirituelle Erfahrung

Franz Fischer ist katholischer Theologe, Psychologe und Psychotherapeut. Aus dem religiös-spirituellen Kontext heraus ist er mit dem Pilgern vertraut. Das Meditationszentrum in Nørre Snede ist für Franz Fischer ein spiritueller Ort.

Dort zu Fuß hinzugehen, ist einfach ein Pilgerweg. Man macht sich äußerlich auf den Weg, verlässt die gewohnten Strukturen und begibt sich ins Ungewisse. Das hat auch eine Korrespondenz nach innen.

Franz Fischer

„Dort zu Fuß hinzugehen, ist einfach ein Pilgerweg. Man macht sich äußerlich auf den Weg, verlässt die gewohnten Strukturen und begibt sich ins Ungewisse. Das hat auch eine Korrespondenz nach innen“, erzählt er. Der Pilgerweg passiert auch innerlich, so werden Prozesse angestoßen, die Raum für Fragen geben wie: Wo will ich hin? Was ist wichtig im Leben?

Die Einreise von Deutschland nach Dänemark ohne triftigen Grund ist seit dem 14. Mai wieder möglich, also konnte er einreisen. Für die Quarantäne hat sich Franz Fischer eine Ferienwohnung in Holbøl bei Uwe Asmussen genommen und die nach fünf Tagen mit negativem Corona-Test beendet. Am 22. Mai kam der Pilger an seinem Ziel, dem Vækstcenter in Nørre Snede, an.

Der Beruf ist immer dabei

Ganz offline ist Franz Fischer nicht unterwegs, er hat seinen Beruf immer dabei. „Ich bin nicht ganz frei. Das ist der Preis, den ich zahlen muss – sonst wäre das hier so nicht möglich“, erzählt er weiter. So ist der Computer dabei, er hat Internet und arbeitet zwischendurch. Strom kommt von den Akkus, und wenn er irgendwo zu Besuch ist, kann er dort laden. Wenn er so unterwegs ist, reicht es.

Der katholische Theologe ist 1.380 Kilometer gegangen. Foto: Karin Riggelsen

Dänemark ist aber nicht das finale Ziel: Idealerweise möchte er noch einen der acht St. Olavswege nach Trondheim in Norwegen begehen. Auch das ist durch die Corona-Pandemie noch nicht sicher, weil die Einreise nach Norwegen noch nicht möglich ist. Die Reise hat er auf seiner Internetseite VækstPilgrim schriftlich festgehalten.

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