Leitartikel

„Hønge aus der Hölle in die Hölle“

Hønge aus der Hölle in die Hölle

Hønge aus der Hölle in die Hölle

Apenrade/Aabenraa
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Chefredakteur Gwyn Nissen nimmt die Entscheidung des SF-Politikers Karsten Hønge unter die Lupe, der den Wählern versprochen hatte, in die EU-Politik zu wechseln, wenn er gewählt werde. Nun machte er jedoch einen Rückzieher – mit Folgen, wie Gwyn Nissen meint.

Er wurde als die „Vertretung aus der Hölle“ bekannt, als er seine kranke Kollegin Anne Baastrup für die Volkssozialisten SF im Folketing vertrat: Karsten Hønge kritisierte 2014 als erste „Tat“ nämlich die eigene S-R-SF-Regierung in Verbindung mit dem staatlichen Verkauf von Dong-Aktien an Goldman Sachs und zwang letzten Endes durch seine Kritik SF aus der Regierung.

Danach verschwand der Vertreter zunächst aus den Schlagzeilen, bis er 2015  direkt ins dänische Parlament gewählt wurde und bei der just  überstandenen EU-Wahl kandidierte. Hønge wurde sogar gewählt: auf zur EU.  Doch keine 24 Stunden später verkündete Hønge, er werde nicht nach Brüssel gehen. Der 60-Jährige  will lieber in Kopenhagen im Folketing bleiben – er hofft am Mittwoch nächster Woche wiedergewählt zu werden.
Das Schlimme dabei: 2018 sagte Karsten Hønge klipp und klar, er würde das Folketing verlassen, wenn er fürs EU-Parlament gewählt werde. Und auch auf seinen Wahlplakaten machte der SF-Politiker deutlich: „Kein Scheiß – Zeit für klare Worte“ (Ikke mere pis, tid til klar tale).

 Doch Karsten Hønge hat auf zwei Pferde gesetzt und in den letzten Tagen gab es eben keine klaren Antworten, sondern  ausschweifende Erklärungen wie „die Sache sei wichtiger als die Person“ und „ein Beschluss der Parteiführung“.

Dabei ist Karsten Hønge ein Mann der klaren Worte und war es schon immer. Er hält nichts von dem politischen  Geplänkel der Mitte, sondern fühlt sich auf dem linken Flügel sehr wohl. Er gehört zu den wenigen Arbeitern im Folketing, obwohl der gelernte Zimmerer und Gewerkschaftsmann 2013 eine journalistische Ausbildung obendrauf packte. Jetzt kann er für einige Wähler gerne zurück in die Hölle gehen. Sie sehen sich von ihm betrogen und sind enttäuscht. 19.687 Wähler hatten vor seinem Namen ihr Kreuz gesetzt – ob sie das auch am Mittwoch tun?

Kulturministerin Mette Bock von der Liberalen Allianz setzte hingegen alles auf eine Karte und kandidierte nur für eine Sache. Die EU-Wahl missglückte, und Mittwoch steht sie nicht auf dem Stimmzettel: damit gab es für Bock ein abruptes Ende in der dänischen Politik. Da war Hønge dann doch ein wenig schlauer – zumindest was seine eigene Karriere anging. Geschadet hat er aber  der Politik – und sich selbst –  denn  die Folgen seines Handelns sind Politikverdrossenheit und Verachtung der Wähler.

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