Leitartikel

„Geschichte entwickelt sich“

Geschichte entwickelt sich

Geschichte entwickelt sich

Nordschleswig/Sønderjylland
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Die Geschichte kann nie ein für alle Mal abgehakt werden, denn Geschichte entwickelt sich. Das gilt auch für die Geschichte der deutschen Minderheit in Nordschleswig. Deshalb begrüßt Chefredakteur Gwyn Nissen, dass der Bund Deutscher Nordschleswiger Geld in eine Forschungsstelle investieren möchte.

Muss die deutsche Minderheit denn schon wieder in der eigenen traurigen Geschichte der Kriegsjahre herumgraben?

Die Nachricht, dass der Bund Deutscher Nordschleswiger gemeinsam mit der Süddänischen Universität (SDU) eine Doktorranden-Forscherstelle einrichten möchte, um die nationalsozialistische Vergangenheit der Minderheit aufzuarbeiten, wird  nicht überall in der Volksgruppe positiv angenommen: Man sollte doch lieber die braune Zeit der Minderheit liegen – und ruhen – lassen – man habe sich schon genügend mit dem Thema befasst. Eine  Haltung, die ebenso verständlich wie verkehrt ist. Warum?

Geschichte kann nicht ein für alle mal abgeschlossen  und eingeordnet werden,  das ist ein  sich stets  ändernder  Prozess. Ein  Beispiel ist die bis vor einigen Jahren heldenhafte  Darstellung des 1864-Krieges  von dänischer Seite. Heute sind wir klüger, und die Geschichtsschreibung ist nuancierter geworden.   Es kommen über die Jahre immer wieder neue Erkenntnisse und Sichtweisen hinzu.

Das gilt auch für die Geschichte der deutschen Minderheit in Nordschleswig . Die Antwort auf die anfangs gestellte Frage ist daher eindeutig: Ja, wir müssen wieder in der eigenen Geschichte graben und in diesem Fall sogar graben lassen.

Positiv ist, dass der BDN bereit ist, Forschungsgelder bereit zu stellen und dies in Zusammenarbeit mit der Syddansk Universitet tut. 600.000 Kronen oder mehr über vier Jahre, das ist viel Geld. Aber es ist nunmal eine  Vollzeitstelle nötig, um der Minderheitengeschichte auf den Grund zu gehen. Es soll herausgefunden werden, ob und wie die zentrale Gedenkstätte der Minderheit auf dem Knivsberg künftig zu einem historischen Lernort werden kann.

Denn auch das ist Teil der sich ständig neu entwickelnden Wahrheit: Die Geschichte ändert sich mit der Zeit, und somit auch der Umgang mit ihr. Was vor  10, 20, 30 oder 40 Jahren richtig  war – zum Beispiel das Entfernen von Namen von Kriegsverbrechern von den Tafeln in der Gedenkstätte auf dem Knivsberg – wird heute anders gehandhabt. Dahingehend, dass  man  die Geschichte dahinter erzählt. Vom „Ehrenhain“ über die  „Gedenkstätte“ zu einem „Lernort“ und hin zu einem Mahnmal des Friedens? Ein schöner Gedanke.

Der Umgang mit unserer Geschichte, er hört nie auf.  Nichts wäre daher mehr verkehrt, als unsere Geschichte zu vergraben – auch wenn es durch die Forschung schmerzhafte Erkenntnisse geben wird. Aber auch das ist Teil unserer Verantwortung gegenüber der eigenen Geschichte.

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