Wort zum Sonntag

„Das Wort zum Sonntag, 9. Oktober 2022“

Das Wort zum Sonntag, 9. Oktober 2022

Das Wort zum Sonntag, 9. Oktober 2022

Pastor Hauke Wattenberg
Hauke Wattenberg
Nordschleswig
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Das Wort zum Sonntag, 9. Oktober 2022, von Pastor Hauke Wattenberg, Sonderburg

Unnütz
„Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“, so heißt das Leitwort für die kommende Woche. Sehr vollmundig, finde ich. Denn: Die Welt überwinden, solange man auf ihr lebt?! Ich bin mir nicht sicher, ob oder wie das geht. Glücklicherweise lese ich die Predigtgrundlage für morgen aus dem Jesajabuch, und da sagt der alte Prophet: „Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz.“ 

Und ich sage: „Komm, Jesaja, stimme ein in den Chor: Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz.“ So rede ich, so fühle ich. Mann und Frau zwischen 40 und 50. Ich bin Bankangestellte und Maurer. Bin Arbeiter bei Danfoss und Lehrerin in Apenrade. Komme zusammen mit Männern und Frauen, die arbeiten in Sekretariaten und Krankenhäusern und auf Baustellen und in Steuerbüros. So rede ich, so fühle ich, ein ganzer Chor: „Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz.“

Ich habe 1,4 Kinder, verdiene den Durchschnitt, und meine Lebenserwartung beträgt noch 36,4 Jahre. Im Sommer mache ich die jährliche Urlaubsreise, im Durchschnitt nicht mehr nach Mallorca, sondern auf die Kanaren, im Winter schmücke ich den heimatlichen Tannenbaum, den ich nach 13,2 Tagen wieder abschmücke und an die Straße stelle. Ich habe ein Haus gebaut, schlicht, und bald habe ich es abbezahlt. Dann wird meine Lebenserwartung noch 13,7 Jahre betragen und mein Lebenspartner in 6,5 Jahren sterben, weil ich eine Frau bin und in 17,9 Jahren, weil ich ein Mann bin.

Bis dahin aber stehe ich jeden Morgen auf, frisiere mein Haar, lege die Uniform meines Alltags an, verlasse das Haus um 6.48 Uhr, tue das meine, die Handgriffe, die Telefonate, die Zeit, die nie reicht zwischen 40 und 50, meine Frisur gerät in Unordnung, meine inneren Falten auch, kehre um 17.13 Uhr zurück und räume auf und mähe den Rasen und schneide den Zaun und mache sauber, die Liebe und der Abwasch hören nimmer auf, besonders der Abwasch, und heute und gestern und morgen ... „Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz.“

„Nein“, sagt Jesaja, „da singe ich nicht mit. Ich dachte das nur. Dass ich umsonst arbeite und unnütz. Manchmal dachte ich das, und vielleicht hat jeder einmal diese Momente. Wenn sie über dich kommen, die grauen Gedanken, dass du unnütz und umsonst deine Kraft verschwendest – was für ein Bild hast du vom Leben? Willst du es festhalten? Willst du dich festhalten? Leben ist kraftraubend. Und dafür, dass du dich verschwendest.

Nicht aufreibst, rastlos. Aber eben nicht jedes Mal fragst, wozu dieses und jenes und was es dir bringt. Leben ist, dass du dich verschwendest in der Tat und im Ruhen. Festhalten kannst du nicht. Noch nicht einmal dich. Und ich weiß“, sagt Jesaja, „dass der Herr für mein Recht sorgt. Von ihm, meinem Gott, erhalte ich meinen Lohn. Umsonst. Denn da ist einer, der hat sich für mich verschwendet. Jesus Christus.“

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