Leserbrief

„Best-Hitler-Himmler“

Best-Hitler-Himmler

Best-Hitler-Himmler

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
Apenrade/Aabenraa
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Antwort von Siegfried Matlok zu kritischem Leserbrief: Sprachlos!

Mit Kritik muss man leben, auch mit unfairer, aber wenn die Kritik ehrabschneidend verletzt, dann ist bei mir eine Grenze überschritten, die ich – so oder so – nicht widerstandslos hinnehme.

Im digitalen Netz des „Nordschleswigers“ hat eine mir unbekannte Frau, Dr. Jutta Kristensson aus Schwentinental, unter der Überschrift „Matlok und Dr. Best“ am 3. März 2022 mein Buch „Dänemark in Hitlers Hand“ kritisiert und mir dabei sozusagen nationalsozialistische Nähe vorgeworfen.

Das Buch ist vor mehr als 30 Jahren erschienen (1988), und „Frau Dr.“ kennt offenbar nicht die 1989 erschienene dänische Ausgabe mit zusätzlichen neuen Dokumenten, die übrigens in Dänemark zu einem Bestseller wurde. Selbst jene, die damals die deutsche Ausgabe mit den Erinnerungen des früheren Reichsbevollmächtigten Werner Best kritisiert haben (ihr gutes Recht!), kamen jedoch niemals auf den Gedanken, mich etwa als Nazi zu verdächtigen.

In meinem ganzen journalistischen Leben habe ich mich NIEMALS in dieser Richtung geäußert. Im Gegenteil, alle, die mich kennen, wissen, dass ich mich als Chefredakteur des „Nordschleswigers“ und auch als erster Leiter des deutschen Sekretariats Kopenhagen immer für die Aufarbeitung der Vergangenheit (das Wort Vergangenheitsbewältigung halte ich für falsch!) eingesetzt habe – ohne Wenn und Aber! Weder der Nationalsozialismus noch die deutsche Besatzungszeit in Dänemark oder der Reichsbevollmächtigte Werner Best sind von mir jemals in irgendeiner Weise „unterstützt“ oder „verteidigt“ worden! An meinem klaren Kurs gab es nie Zweifel, stattdessen erlebte ich oft sogar persönlich unangenehme Widerstände von ganz rechts.

Wenn ich die Bücher über die Politik von Werner Best veröffentlicht habe – auch mit meiner deutlichen Distanzierung –, so war und ist es für die Geschichtsschreibung von (entscheidender) Bedeutung, aus erster Hand über die Motive des deutschen Handelns während der Besatzungszeit zu erfahren, ungeachtet dessen, dass es sich – trotz der noch heute unter Historikern offenen Fragen – letztlich um ein Verbrechen am dänischen Volk gehandelt hat. Zweifel vor eventuellen Reaktionen angesichts der damals mutigen Veröffentlichung hatte ich damals schon, aber es gab ausschlaggebend zwei Kronzeugen für die Best-Erinnerungen.

Das Vorwort zum Buch hat der damalige dänische Staatsminister Erik Scavenius selbst geschrieben und hat als wichtigster dänischer Zeitzeuge den Best-Bericht ­– von wenigen mit Korrekturen abgesehen – „gutgeheißen“. Und der deutsche Diplomat Georg Ferdinand Duckwitz, der auf dänischer Seite als deutscher Held bei der Rettung der dänischen Juden nach Schweden gefeiert worden ist, hat ebenfalls den Best-Bericht schriftlich „gutgeheißen“ und im Übrigen sogar mehrfach mündlich und schriftlich darauf hingewiesen, dass die Rettung der dänischen Juden nicht (allein) sein Verdienst sei, sondern ein Verdienst des Dr. Werner Best.

Mir liegt ein Bild von Erik Scavenius vor, das er im September 1950 an den in Horsens im Gefängnis seine Strafe verbüßenden Werner Best geschickt hat mit der handschriftlichen Dedikation: „In Freundschaft.“

Mit anderen Worten historisch wohl einmalig, dass der höchste Vertreter des Opferlandes dem höchsten Vertreter des Täterlandes – noch fünf Jahre nach der Besetzung – einen solchen Dank ausspricht!

Glaubt jemand etwa, dass mir Königin Margrethe 2015 auf Christiansborg den Ebbe-Munck-Preis (nach dem führenden dänischen Widerstandskämpfer Ebbe Munck benannt) verliehen hätte, wenn es auch nur die geringsten Anzeichen für nationalsozialistische Sympathien bei mir gegeben hätte?

Die dänische Öffentlichkeit hat mich seit meiner Tätigkeit als Chefredakteur (de jure ab 1979 bis 2013) und während meiner Tätigkeit als Kopenhagener Sekretariatsleiter von 1983-2007 auf Schritt und Tritt „überwacht“ und hat dabei festgestellt, dass Worte und Taten bei mir nicht nur in diesen Fragen stets unmissverständlich übereingestimmt haben und dass unter meiner aktiven Federführung in diesen Jahren im „Nordschleswiger“ und dadurch natürlich auch in der deutschen Minderheit notwendige geschichtliche Korrekturen durchgeführt und auch bittere Wahrheiten ausgesprochen wurden. Das ist von dänischer Seite nicht nur durch die Königin, sondern auch durch dänische Historiker und Politiker stets anerkannt worden.

„Frau Dr.“ befürchtet, dass ich eine ähnliche Inszenierung bei einem Vortrag über Friedrich Wilhelm Lübke am kommenden Sonnabend in Sankelmark vornehmen könnte mit nationalsozialistisch-freundlichen Tönen, und außerdem hat sie auch noch Zweifel an Lübkes Rettungstat geäußert.

Ich halte dies für eine Beleidigung des verstorbenen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Lübke, der nachweislich im Herbst 1942 in Aarhus das für die Judendeportation aus Dänemark vorgesehene Transportschiff „Monte Rosa“ außer Gefecht setzte und gleichzeitig durch eine Warnung an seinen Kapitän zur See, Werner Zöpf, und dessen jüdische Verlobte auch dänische Menschenleben rettete. Der Offizier Zöpf heiratete später seine jüdische Verlobte, und sie wanderten gemeinsam in die USA aus.

Ihr Sohn Alfred besuchte mich vergangenes Jahr in großer Dankbarkeit gegenüber Lübke, dessen Tat auch unmittelbar nach 1945 auf dänischer Seite gewürdigt wurde. Zum Beispiel am 26. Januar 1946 auf Seite 1 in „Jyllands Posten“ („En tysk Søofficer gav Advarslen til de danske jøder”) und in den vergangenen Tagen sogar durch eine neue marinegeschichtliche Dokumentation des bekannten dänischen Journalisten Thomas Harder.

„Frau Dr.“ ist herzlich eingeladen, nach Sankelmark zu kommen, um kritische Fragen zu stellen. Auf eine Diskussion würde ich mich sogar freuen, aber wer meine Best-Bücher ohne genügend historisches Wissen über die Besatzungszeit in Dänemark dazu benutzen will, um meine Person und meine jahrelange Arbeit braun anzuschwärzen, der ist für mich nicht diskussionsfähig!

Das ist Rufmord, dem ich mich mit allen Mitteln widersetzen werde – zum Schutze meiner eigenen Familie, aber auch um das Ansehen unserer Zeitung „Der Nordschleswiger“ zu schützen.

Siegfried Matlok, Apenrade, d. 9. März 2022

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