Leitartikel

„Vorwärts“

Vorwärts

Vorwärts

Apenrade/Aabenraa
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Die neue Partei „Fremad“ wird von der Konkurrenz als überflüssig bezeichnet. Doch sie füllt eine Lücke und könnte durchaus ein ernst zu nehmendes Projekt werden – wenn ihr Gründer es schafft, in der Spur zu bleiben, meint Cornelius von Tiedemann.

Einen Mangel an politischen Parteien hat es im modernen Dänemark noch selten gegeben. Jetzt gibt es wieder eine neue Partei, gegründet nicht von irgendwem, sondern von Simon Emil Ammitzbøll-Bille, der nach der Radikalen Venstre, dem Bürgerlichen Zentrum und der Liberalen Allianz jetzt schon der vierten Partei angehört – und die zweite mitgegründet hat.

Viele, vor allem die etablierte politische Konkurrenz, sprachen am Donnerstag, als die neue Vorwärts-Partei („Fremad“) gegründet wurde, von einer „überflüssigen“ Partei. Sie würde den blauen Block nur noch mehr spalten und den anderen „bürgerlichen“ Parteien Stimmen stehlen und somit das bürgerliche Projekt gefährden. Gegner dieses bürgerlichen Projektes, das sich in den vergangenen Jahren immer mehr in ein nationalkonservatives Projekt verwandelt hat, würden hämisch sagen, dass allein das Stimmenstehlen die neue Partei alles andere als überflüssig – ja sogar vielversprechend mache.

Nun, dass die Parteigründung bei der Konkurrenz keine Jubelstürme auslösen würde, war zu erwarten. Eben auch, weil Ammitzbøll tatsächlich Aussichten hat, Stimmen abzuklauben – und zwar dort, wo neoliberal-bürgerlich, aber pro-europäisch und weltoffen gesinnte Bürger nicht mehr wissen, was sie wählen sollen.

Venstre bietet ihnen mit Inger Støjberg als Parteivize trotz des möglichst einend (oder auch unscharf) agierenden neuen Parteichefs Jakob Ellemann-Jensen derzeit keine politische Heimat. Die Konservativen, die sich als Law-and-Order-Partei zu etablieren versuchen, ebensowenig – und die Dänische Volkspartei und die Neuen Bürgerlichen kommen für die Zielgruppe der Vorwärts-Partei ohnehin nicht infrage.

Doch was ist mit Ammitzbølls Heimatpartei, der sozialliberalen Radikale Venstre, die sich an den roten Block gebunden hat? Auch sie wird mit „Fremad“ zu kämpfen haben, genau wie die Alternative. Und sie findet in der Partei, die im Folketing ab sofort eine One-Man-Show darstellt, zugleich möglicherweise einen Bündnispartner im Klub der wenigen verbliebenen wertepolitisch progressiven Fraktionen auf Christiansborg.

Er wird ihnen und der Alternative rhetorisch zur Seite stehen, wenn es darum geht, den nationalistischen Tönen, die, von roten und blauen (Regierungs-)Parteien kommend, die politische Debatte bestimmen, entgegenzutreten.

Das Image eines Wendehalses nimmt Ammitzbøll allerdings mit in die neue Partei, hat er doch die Anti-Integrationspolitik der alten Regierung mitgetragen. Ein Fehler, wie er heute sagt.

Ob er jemals in die Position kommen wird, diesen Fehler in verantwortlicher Position wieder gutzumachen? Mehr als den Blick nach vorne zu richten, bleibt ihm nicht übrig. Und diesmal gilt es, einer Linie treu zu bleiben. Sonst geht es für Ammitzbøll im vierten Anlauf wohl eher endgültig ab- als mit Vollgas vorwärts.

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