Leitartikel

Stunde der Wahrheit

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Apenrade/Aabenraa
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Foto: DPA

Spätestens im Frühjahr kommenden Jahres wird ein neues Parlament in Dänemark gewählt. Viele Initiativen erinnerten bereits an Wahlkampf, resümiert Nordschleswiger-Redakteur Volker Heesch, dem aufgefallen ist, dass soziale Themen wieder eine Rolle spielen – und dies nicht ohne Grund.

Die Regierung wird am Donnerstag  ihren  Entwurf für den Staatshaushalt 2019 präsentieren. In den zurückliegenden Wochen gaben verschiedene Ministerien bereits einen Vorgeschmack auf die letzte  Runde des von der  Koalition aus Venstre, Liberaler Allianz und Konservativen gebildeten „Teams“, das  seit der Regierungsbildung Ende November 2016 stets  am Gängelband der Dänischen Volkspartei als Mehrheitsbeschaffer operiert hat.

Staatsminister Lars Løkke Rasmussen (V) hat mitgeteilt, dass es in diesem Jahr keine Neuwahlen geben werde. Doch spätestens im Frühsommer 2019 sind Folketingswahlen fällig, die Stunde der Wahrheit für Regierungslager und Opposition rückt näher.

Viele politische Initiativen, die bereits vor Eröffnung der neuen Sitzungsperiode des Folketings präsentiert werden, erinnern schon an Wahlkampf.

Interessant ist, dass neben Konzepten zur Modernisierung und Effektivisierung des öffentlichen Sektors in Dänemark – die Regierung verfügt sogar über eine Innovationsministerin – die politische Tagesordnung in diesen Tagen auch wieder von  sozialen Fragen geprägt wird.

Nachdem viele Vorschläge der Wohlfahrtskommission, die 2005 mit ihren Ratschlägen die Politiker zu Reformen und vor allem Einschnitten im Wohlfahrtssystem gezwungen hatte, umgesetzt worden sind, stellt sogar Prof. Torben M. Andersen, der Vorsitzende des Gremiums, das eine langfristige Sicherung des sozialen Systems als Ziel formuliert hatte, fest, dass es beispielsweise für ältere Arbeitnehmer, die den Anforderungen des Berufslebens nicht mehr gewachsen sind, mit der raschen Abschaffung des Vorruhestands schwer geworden ist, sich ohne soziale Bruchlandung vom Arbeitsmarkt zurückzuziehen.

So berichtete das Finanzministerium, dass inzwischen 16 Prozent der Bürger  einen Status als Frühpensionäre vor Erreichen des Folkepensionsalters erworben haben. Laut Prognose werden es 2050 22,5 Prozent sein. Mit Verschwinden der „Efterløn“-Regelung steigt auch die Zahl der älteren Arbeitslosen.

Sozialreformen sind angesichts steigenden Lebensalters laufend nötig, doch nötig sind ehrliche Bilanzen, damit nicht einseitig und unsozial „modernisiert“ wird.

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Cornelius von Tiedemann
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