Leitartikel

„Stein des Anstoßes“

Stein des Anstoßes

Stein des Anstoßes

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Ein Gedenkstein für 4.000 Gefallene dänische Soldaten, die für Nazi-Deutschland an der Ostfront starben, muss weg, fordern die einen. Andere wollen ihn erhalten. „Nordschleswiger“-Redakteur Helge Möller plädiert für das Stehenlassen und begründet dies.

Sich mit  der Vergangenheit zu beschäftigen, ist nicht immer schön. Bis die Menschen in der Bundesrepublik über ihre Vergangenheit als Volk im Dritten Reich sprachen, waren Jahrzehnte vergangen, und der Weg dahin war auch nicht  rühmlich – Tote und Verletzte Ende der 60er Jahre während der Studentenrevolte, die Opfer des RAF-Terrorismus, Jung gegen Alt, Spaltung der Gesellschaft. All das ist mittlerweile selbst Geschichte. Immerhin, es gab eine Aufarbeitung.

Das Ringen um den richtigen Umgang mit der Vergangenheit beginnt meist mit bestimmten Ereignissen, oder der Streit um den richtigen Weg entbrennt an in Stein gehauene oder in Bronze gegossene Geschichte. Was vor 50, 100 oder 200 Jahren als Denkmal beklatscht wurde, kann heutzutage abstoßend wirken, Unbehagen, Ekel oder Wut entfachen.

Einen solchen Stein des Anstoßes hat Dänemark wiederentdeckt. Es ist der Gedenkstein für 4.000 gefallene Dänen, die für Deutschland im Zweiten Weltkrieg in den Krieg zogen und ihr Leben verloren, errichtet im Jahr 1971 und mehrfach dem Vandalismus ausgesetzt. Nun fordern mehrere Stimmen – erneut – den Gedenkstein zu entfernen.

Die Vereinigung, die einst den Stein aufstellte, existiert noch immer. Die Mitglieder vertreten weiterhin die Meinung, dass der Gedenkstein als Besuchsort für Geschichtsinteressierte seine Berechtigung hat. 

Was nun? Entfernen oder stehen lassen? Ich finde, der Stein sollte bleiben. Nur müsste dafür gesorgt werden, dass der Platz nicht zum Wallfahrtsort für Rechtsnationale wird, damit wäre Dänemark wenig gedient.

Gedient wäre Dänemark damit, dass sich möglichst viele Menschen, auch beim Besuch dieser Gedenkstätte, bewusst werden, dass das Land nicht nur aus Widerstandskämpfern bestand. Auch wenn Dänemark nicht groß ist, es lebten in der Besatzungszeit mehr als drei Millionen Menschen in diesem Land – mit verschiedenen Ansichten und Überzeugungen. Der überwiegende Teil mag die deutsche Besatzung abgelehnt und die Besatzer gehasst haben – aber nicht alle.  

Diese Ambivalenz zu zeigen, wäre eine starke Geste Dänemarks und würde zu einer ehrlichen Diskussion beitragen, wenn, ja, wenn der Gedenkstein nicht für sich allein stehen bleibt, sondern Infotafeln die geschichtlichen Zusammenhänge kritisch, ehrlich und sachlich beleuchten.

Das ist der Weg, den die deutsche Minderheit gegangen ist auf dem Knivsberg. Man sollte Geschichte nicht leugnen und entfernen, man sollte sie kritisch hinterfragen, auch im Interesse kommender Generationen. 

Mehr lesen

Leserbrief

Meinung
Kristian Pihl Lorentzen
„Hærvejsmotorvejen som grøn energi- og transportkorridor“

Leserbrief

Meinung
Asger Christensen
„På tide med et EU-forbud mod afbrænding af tøj“