Leitartikel

„Schöne Zahlen“

„Schöne Zahlen“

„Schöne Zahlen“

Apenrade/Aabenraa
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Wer nur auf das hört, nur das auswertet, was Politiker, Funktionäre, Verantwortliche in Wirtschaft, Finanzen und im öffentlichen Bereich sagen und schreiben, der bekommt nie die ganze Wahrheit mit, meint Cornelius von Tiedemann.

Können Zahlen schön sein? Manche Mathematiker behaupten dies. Und jeder kennt das angenehme Gefühl, wenn auf dem Konto ausnahmsweise mal ein dickes Plus steht.

Auch Journalisten blicken neuerdings immer häufiger verzückt auf Zahlen. Auch wenn Journalisten natürlich nicht nur auf die Zahlen, sondern auch auf die Geschichten dahinter sehen sollten – der Datenjournalismus kommt so mancher Geschichte erst auf die Schliche, eben weil er sich mit dem Zauber der Zahlen – und mit Zahlenzauber – befasst.

Die Enthüllungen rund um die Danske Bank, das Bekanntwerden der Machenschaften derer, die sich im „Cum-Ex“-Skandal bereichert haben und so manche Affäre, die mit dem Zusatz ...leaks endet – sie alle gehen substanziell auf Journalisten zurück, die sich Zahlen ganz genau ansehen – und die mit Programmierern und Mathematikern zusammenarbeiten, die die Daten erschließen, ordnen, finden.

Wer nur auf das hört, nur das auswertet, was Politiker, Funktionäre, Verantwortliche in Wirtschaft, Finanzen und im öffentlichen Bereich sagen und schreiben, der bekommt nie die ganze Wahrheit mit. Wer die Zahlen, die Daten, die Fakten hinter dem „Gerede“ kennt, der kann auf Augenhöhe mitreden – und so manchen Schachzug besser durchschauen. Deswegen gehen immer mehr Redaktionen dazu über, Datenjournalisten auszubilden und zu fördern.
Es geht darum, die Leser, Hörer, Zuschauer hinter die Kulissen blicken zu lassen. Sie von der Interpretation von Wahrheiten durch Personen mit bestimmten Interessen zu befreien – und ihnen Daten anschaulich, gründlich belegt und in relevanten Zusammenhängen zugänglich zu machen.

Ja, Statistiken kann jeder fälschen. Doch die Zahlen dahinter sprechen die Wahrheit. Auch Zahlen, die es nicht gibt, nach denen niemand gefragt hat. Warum gibt es diese Zahlen nicht, Frau Minister? Warum wissen sie nicht, was das gekostet hat, Herr Bürgermeister? Denn wir wissen es!

Es ist eine aufregende neue Welt, in die sich viele Journalisten da gerade, die neue Technik macht es möglich bzw. möglicher als früher, begeben. So langweilig das Wort „Datenjournalismus“ auch klingen mag – so wichtig wird er in Zukunft werden. Für die Glaubwürdigkeit und die Anerkennung des Journalismus als unverzichtbare Säule der Demokratie, für jeden von uns als Quelle von nützlichem und unterhaltsamen Wissen – und für alle, die Zahlen schön finden – oder schön finden wollen, und nun endlich spannend aufbereitete Geschichten appetitlich serviert bekommen, in denen sich (fast) alles um Zahlen dreht – aber eben auch um die Menschen, die sie fabriziert haben.

 

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