Leitartikel

„Schnelle“ Bürgermeister

„Schnelle“ Bürgermeister

„Schnelle“ Bürgermeister

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Ulrik Wilbek
Noch in der Nacht zu Mittwoch erklärte Ex-Handball-Nationaltrainer Ulrik Wilbek vor versammelter Presse, dass er jetzt Bürgermeister von Viborg sei. Foto: Scanpix

In den meisten Kommunen Dänemarks standen die meisten der 98 zu vergebenden Bürgermeisterposten noch in der Wahlnacht fest. Warum diese Hast, fragt Siegfried Matlok. Die jetzige Hektik hänge vor allem mit einer gewissen Verwilderung der politischen Sitten zusammen, meint er.

Drehort Berlin:
Ungeduld prägte die  Sondierungen über eine mögliche Jamaika-Koalition. Die schwarz-gelb-grünen Balkonesen sind nach gut vier Wochen gescheitert. Ohne Vergleich.

Drehort Dänemark:
Kommunal- und Regionswahlen: Noch in der Wahlnacht wurden die meisten der 98 Bürgermeister-Posten im Lande und in den Regionen vergeben. Absolute Mehrheiten gab es zwar nur selten, und doch standen die Bürgermeister schon wenige Stunden nach dem Votum der Wähler fest; übrigens auch in Nordschleswig wurden die vier Bürgermeister schnell mal wiedergewählt.

Und dort, wo noch bis jetzt um Bürgermeister-Posten gerungen wird, klopft vor allem die mediale Ungeduld an die Verhandlungstür. Warum ist man noch nicht fertig, was ist da los, und schon geht die Motivforschung auch in die Tiefe der handelnden Personen. Wenn man die Bürgermeister-Kabale mit früheren Wahlen vergleicht, dann wurden die Bürgermeister damals auf jeden Fall gar nicht in diesem Umfang gleich in der Wahlnacht entschieden.

 Warum also diese Hast – auch in Kommunen, wo das Rennen eigentlich offen sein müsste bis zur Klärung der Verhandlungen über die Konstituierung. Gewiss, manche Personalwahl ergibt sich von selbst durch das vorliegende Ergebnis, aber die jetzige Hektik hängt vor allem mit einer gewissen Verwilderung der politischen Sitten zusammen. Man traut keinem über die Türschwelle, ein Wort ist nicht mehr ein Wort, und überall regiert nach 20 Uhr die Angst, vom Konkurrenten ausgetrickst zu werden.

Deshalb werden heute viele Bürgermeister-Absprachen zwischen den Parteien schon vor Schließung der Wahllokale getroffen,  vertraulich, ohne dass die Öffentlichkeit über diese Vorverteilung von Posten etwas erfahren hat. Man sieht ja auch, dass manche Entscheidung, die mit heißer Nadel gestrickt wurde,  nicht einmal bis zur Bürgermeister-Wahl hält, ja in der vergangenen Legislaturperiode später gekündigt worden ist. Es ist zu bezweifeln, dass dies die Glaubwürdigkeit in die kommunale Demokratie erhöht!
 
Die Entscheidungen mögen in den meisten Kommunen richtig sein, aber jene Kommunen, die noch keinen Bürgermeister gefunden haben, medial an den Pranger zu stellen, ist ungerecht und wird der Verantwortung nicht gerecht, bei der es eben nicht nur um Pfründe und Posten gehen darf, sondern auch um Inhalte, Richtungen gehen muss.  In der Wahlnacht scheint jedoch vielen Politikern die eigene Person wichtiger zu sein als die Sache.

Gut Ding will Weile haben, sagt der Volksmund.   Offenbar haben wir diese  Zeit nicht mehr!

 

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