Leitartikel

„Ein Schlag in die Luft“

„Ein Schlag in die Luft“

„Ein Schlag in die Luft“

Apenrade/Aabenraa
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Warum nicht den Stand der Dinge akzeptieren: dass es Leute gibt, die den Einkaufswagen mit Waren füllen, die sie in Dänemark wahrscheinlich gar nicht kaufen würden. Und dass sich an Grenzen Handelsmöglichkeiten erweisen, die beide Wege gehen, meint Chefredakteur Gwyn NIssen.

Die Überschrift sah zunächst vielversprechend aus: Die dänische Regierung will im Kampf gegen den Grenzhandel die Abgaben für Wein und Bier weiter senken und verzichtet dabei auf Einnahmen in Höhe von 70 Millionen Kronen.

Auch der Einzelhandel freute sich zunächst, musste allerdings beim Nachrechnen feststellen, dass eine Flasche Wein in Zukunft nur  15 Öre günstiger ist. Ganz diplomatisch meinte der Handel, es sei „ein Schritt in die richtige Richtung“. Doch zwischen den Zeilen hörte man den tiefen Seufzer der Geschäftsleute.

Eine Abgabenerleichterung in Höhe von 70 Millionen Kronen  ist verschwendetes Geld, denn  90  Öre für einen Karton Wein wird niemanden vom Grenzhandel abhalten. Man braucht sich in diesen Tagen nur einmal an der Grenze umzuschauen. Die Einkaufswagen werden bis über die Kante gefüllt, und dadurch entgehen dem dänischen Staat  Steuergelder im Milliardenbereich.

Die Luftnummern der dänischen Politik haben keinen Effekt im Grenzhandel. Zum einen, weil es nicht wirklich einen Unterschied ausmacht, ob eine Flasche Wein 15 Öre günstiger ist oder nicht, und zum anderen, weil auf der anderen Seite gewiefte  Geschäftsleute ihr Geschäft über Jahrzehnte erfolgreich und tüchtig verteidigt haben, indem sie zu niedrigen Preisen das in die Regale stellen, was die Massen anlockt. Gleich zwei große Dosen Quality Street gibt es derzeit in einem deutschen Supermarkt für umgerechnet 240 Kronen. In Dänemark kostet eine Dose fast 400 Kronen. Der Hauswein ist südlich der Grenze 20 Kronen günstiger und die Kiste Bier mindestens 30 Kronen billiger.

Die Politiker im Folketing scheinen sich weder in die Köpfe der schlauen Geschäftsleute noch in die der Verbraucher versetzen zu können. Ansonsten hätten sie nicht 70 Millionen Kronen aus dem Fenster geworfen. Entweder müssen sich die politisch Verantwortlichen damit abfinden, dass der Grenzhandel existiert (übrigens auch in anderen Teilen Dänemarks – dort allerdings mit umgekehrten Vorzeichen) oder es muss geklotzt werden. Doch das wiederum würde ein Milliardenloch in die Staatskasse reißen – und das traut sich auch niemand.

Warum also nicht den Stand der Dinge akzeptieren: dass es Leute gibt, die  den Einkaufswagen mit Waren füllen, die sie in Dänemark wahrscheinlich gar nicht kaufen würden.  Und dass sich an  Grenzen Handelsmöglichkeiten erweisen, die beide Wege gehen.

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